Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P288
DOI: 10.1055/s-2007-976416

Reduktion somatosensorisch-evozierter Magnetfelder auf selbst-induzierte taktile Reize – Oder: Warum man sich selbst nicht kitzeln kann..

MD Hesse 1, N Nishitani 1, V Jousmäki 1, GR Fink 1, R Hari 1
  • 1Jülich; Tokorozawa, JP; Espoo, FI; Köln

Fragestellung: Zur Erklärung unserer Unfähigkeit, uns selbst kitzeln zu können, wurden Feedforward-Mechanismen postuliert, die die Folgen unserer Handlungen vorhersagen und zur Abschwächung selbstinduzierter Stimuli herangezogen werden. Auf neuronaler Ebene konnte (unter cerebellärer Beteiligung) eine Reduktion kortikaler Antworten im sekundär-sensorischen Kortex gezeigt werden (Blakemore et al., Nature Neurosci 1998). Die Modulation auf Ebene des primär-sensorischen Kortex (SI) durch Selbstinduktion taktiler Reize und ihr zeitlicher Verlauf wurden in dieser Studie mittels Magnetencephalographie (MEG) untersucht.

Methoden: Wir untersuchten 10 gesunde Probanden mittels MEG (306 Kanäle, Vectorview, Neuromag Ltd, Finland), während sie entweder von sich selbst (1a) oder einer anderen Person mit einem speziellen Pinsel (2a) an der linken Hand berührt wurden. Der Pinsel enthielt optische Fasern, über die der Zeitpunkt der Berührung zur Signalmittelung bestimmt wurde. Als Kontrollbedingung führten die Probanden während der Fremd-Berührung Drehbewegungen mit der kontralateralen rechten Hand durch (3a). Alle Bedingungen wurden mit geschlossenen Augen wiederholt (1–3b). Pro Bedingung wurden 2×50 Stimuli (800ms pre- und post-stimulus; passband-Filter 0,1–200Hz, Aufzeichnungsrate 600Hz) aufgezeichnet und mithilfe eines current dipole Modells (Neuromag) analysiert. Zur individuellen anatomischen Quellenlokalisierung dienten strukturelle T1-gewichtete MRI aller Probanden (1.5-T Vision; Siemens, Erlangen, Germany).

Ergebnisse: Die in SI lokalisierten Quellen zeigten, unabhängig von der Bedingung, ihr Maximum 54+2ms nach Stimulation, ihre Amplitude lag bei eigener Berührung um 20,1+3,4% niedriger als bei fremdverursachter Berührung. Weder die unkorrelierte Bewegung noch der Wegfall visueller Information beeinflusste die kortikalen Signale.

Schlussfolgerungen: Mittels MEG konnten wir den direkten Nachweis einer umgehenden Signalabschwächung auf Ebene von SI durch selbstinduzierte taktile Reize erbringen. Dies ist vereinbar mit der Hypothese von Feedforward-Mechanismen, denen zufolge motorische Kommandos genutzt werden, um sensorische Signale ohne Verzögerung in ihrer Amplitude zu modulieren: Die Kontrollexperimente zeigen die Spezifität der Abschwächung, die nicht der Bewegung der kontralateralen Hand an sich zugeschrieben werden kann, sowie ihre Unabhängigkeit von visueller Information. Unsere Ergebnisse tragen somit zur weiteren Klärung dieser Mechanismen bei.