Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P218
DOI: 10.1055/s-2007-976346

Auftreten klinischer und subklinischer intracranieller EEG-Anfallsmuster bei Patienten mit fokalen Epilepsien

C Gierschner 1, C Lehmann 1, H Feldwisch genannt Drentrup 1, J Nawrath 1, J Wohlmuth 1, B Schelter 1, A Brandt 1, J Timmer 1, A Schulze-Bonhage 1
  • 1Freiburg

Fragestellung: Subklinische elektrographische Anfallsmuster bei fokalen Epilepsien werden oft klinisch vernachlässigt. Sie spielen jedoch möglicherweise eine erhebliche Rolle für interiktale kognitive und verhaltensbezogene Beeinträchtigungen bei Epilepsiepatienten. Insbesondere für innovative, EEG-basierte, detektions- oder prädiktionsgesteuerte Interventionssysteme ist eine adäquate Berücksichtigung subklinischer Muster von besonderer Bedeutsamkeit, sowohl für Entscheidungsprozesse für Warnungen/Interventionen als auch bei der Analyse der Effektivität von Interventionen anhand klinischer Parameter. In dieser Studie werden das Auftreten und die Häufigkeit subklinischer und klinischer Anfallsmuster bei Patienten beschrieben, die sich einem invasiven prächirurgischen Monitoring unterzogen.

Methoden: Kontinuierliche Langzeit-EEG-Registierungen mittels implantierter subduraler und/oder intracerebraler Elektroden wurden bei 14 Patienten (mittleres Alter 33,5J) visuell vollständig untersucht hinsichtlich des Auftretens iktaler elektrographischer Muster. Die mittlere Dauer der Registierungen betrug 8,1 Tage (Range 3,6–10,9 Tage). Iktale elektrographische Ereignisse wurden definiert als rhythmische Muster steiler Potentiale oder von Wellen aus dem delta- bis gamma-Bereich, die hinsichtlich Morphologie, Frequenz und/oder räumlicher Topographie eine Evolution aufwiesen. Anhand von Videoaufzeichnungen wurde eine Klassifikation in subklinisch (ohne sicheres Verhaltenskorrelat) oder klinisch (assoziiert mit Verhaltensänderungen) vorgenommen. Die Zahl klinischer und subklinischer Muster wurde der Topographie des Fokus zugeordnet.

Ergebnisse: Es wurden 544 subklinische und 173 klinische Anfallsmuster identifiziert. Patientenbezogen schwankte das Verhältnis subklinischer zu klinisch manifester Anfallsmuster von 0,12 bis 74,3. Bei 6 Patienten mit rein hippocampalem Anfallsursprung betrug das Verhältnis im Mittel 15,7, bei 5 Patienten mit sowohl hippocampalem als auch neocorticalem Anfallsursprung 0,9 und bei rein neocorticalem Anfallsursprung 0,4.

Schlussfolgerung: Insbesondere bei hippocampalem Anfallsursprung kann die Zahl subklinischer Anfallsmuster erheblich höher liegen als die Anzahl klinisch manifester Anfälle. Dies sollte bei der Evaluation detektionsbasierter Interventionssysteme berücksichtigt werden, wenn das Verhältnis detektierter Anfallsmuster und hieraus resultierender klinisch manifester Anfälle unter Bedingungen einer Intervention analysiert wird.