Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 159
DOI: 10.1055/s-2003-816562

Niederfrequente tiefe Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus mit 10Hz erhöht Wortflüssigkeit bei Patienten mit Morbus Parkinson

L Wojtecki 1, L Timmermann 1, S Jörgens 1, M Südmeyer 1, J Gross 1, M Maarouf 1, R Lehrke 1, A Koulousakis 1, J Voges 1, V Sturm 1, A Schnitzler 1
  • 1Düsseldorf, Köln

Die Wortflüssigkeit bei Patienten mit Morbus Parkinson zeigte in mehreren Studien eine Verschlechterung durch therapeutisch wirksame hochfrequente Stimulation des Nucl. subthalamicus. Kürzlich wurde bei Morbus-Parkinson-Patienten ein zerebrales pathologisches mit 10Hz oszillierendes Netzwerk beschrieben. Eine weitere Studie zeigte zudem eine verschlechterte Kinese von Morbus-Parkinson-Patienten bei 10Hz Nucl. subthalamicus-Stimulation. In der vorliegenden Untersuchung wurde getestet, ob eine 10Hz Nucl. subthalamicus-Stimulation bei Patienten mit Morbus Parkinson gegenläufig zum motorischen Effekt eine Verbesserung der Wortflüssigkeit bewirkt. 12 Morbus-Parkinson-Patienten wurden 12 Stunden nach L-DOPA-Karenz frühestens drei Monate nach bilateraler Implantation von Stimulationselektroden in den Nucl. subthalamicus mit vier Wortflüssigkeitsparadigmen (formal-lexikalisch, semantisch-kategoriell, formal-lexikalischer- und semantischer Kategorienwechsel) unter Doppelblindbedingungen untersucht. Die Stimulation wurde hinsichtlich Impulsamplitude, Impulsbreite und Polung konstant gehalten. Die Frequenz wurde randomisiert nach folgenden Konditionen verändert: keine Stimulation, 10Hz, und ≥130Hz. Nach 15 Minuten wurden die Wortflüssigkeitsleistungen anhand von Paralleltestversionen untersucht. Die Randomisierung der Wortflüssigkeitsaufgaben erfolgte derart, dass für jede Stimulatoreinstellung alle Aufgabentypen gleich häufig vertreten waren. Der Vergleich der Mittelwerte der addierten Wortflüssigkeitsparadigmen zeigte folgende Reihenfolge: 10Hz (48,3 Wörter) > keine Stimulation (43,8 Wörter) >130Hz (42,3 Wörter). Dabei war die Summe der Worte in der 10-Hz-Bedingung gegenüber der 130-Hz-Bedingung signifikant erhöht (Wilcoxon p=0,041). Die Einzelparadigmen (formal-lexikalisch, semantisch-kategoriell, formal-lexikalischer- und semantischer Kategorienwechsel) zeigten die gleiche Reihenfolge (10Hz > keine Stimulation >130Hz) wie die addierten Paradigmen. Die vorliegende Studie reproduziert den vorbeschriebenen negativen Einfluss der therapeutischen hochfrequenten Nucl. subthalamicus-Stimulation auf die Wortflüssigkeit, der vermutlich auf die Hemmung von subthalamiko-frontalen Bahnen zurückzuführen ist. Dagegen zeigt die Untersuchung erstmals, dass 10-Hz-Stimulation des Nucl. subthalamicus signifikant zur Verbesserung der Wortflüssigkeit führt – möglicherweise durch Aktivierung präfrontaler Areale.