Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218 - P52
DOI: 10.1055/s-0034-1375761

Pränatale Diagnose eines Tumors im Bereich der Glabella ohne Kommunikation nach intrazerebral mit kompliziertem postnatalen Verlauf

F Voigt 1, M Vasku 1, N Maass 1, C Loberg 2, C Kuhl 2, F Hölzle 3, M Wiesmann 4, TW Goecke 1, T Orlikowsky 5
  • 1Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Universitätsklinikum der RWTH Aachen
  • 2Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen
  • 3Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen
  • 4Klinik für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen
  • 5Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum der RWTH Aachen

Einleitung:

Angeborene pränasale Tumore sind sehr selten, hierunter am Häufigsten (Epi-)Dermoide. Entscheidend für die pränatale Beratung ist der sichere Ausschluss einer Kommunikation mit intrakraniellen Strukturen des ZNS. Zudem muss zur Entbindungsplanung eine genaue pränataldiagnostische Beurteilung der oberen Luftwege erfolgen, um im Falle einer Kompression ein EXIT („ex-utero intrapartum-treatment“)-Verfahren planen zu können.

Fallbeschreibung:

Erstvorstellung der 28-j. Primagravida, 28. SSW, mit suspektem CTG extern und Zervixinsuffizienz. Bei der Sonografie vor Entlassung fiel eine pränasale-interorbitale Raumforderung im Bereich der Glabella mit zystisch- soliden Anteilen sowie Perfusion auf, ca. 26 × 31 mm. Die Orbitae bds. unbeteiligt, kein Hinweis auf intranasale Obstruktion der Luftwege, keine assoziierten Fehlbildungen. An Differenzialdiagnosen wurden zunächst Encephalozele, Lymph-/Hämangiom, Dermoid/Teratom und gliale Heterotopie in Betracht gezogen. Sowohl sonografisch als auch im fetalen MRT (29. SSW) kein Hinweis auf infiltratives Wachstum nach intrazerebral, kein Hinweis auf intrazerebrale tumoröse Strukturen. Insgesamt auf Grund der Morphologie (zystische-solide, echoarme und -reiche Areale, geringe Perfusion) erschien die Verdachtsdiagnose Dermoid/Teratom am wahrscheinlichsten. Entbindung bei vorzeitigem Blasensprung (35. SSW) via Sektio; 2020 g, pHart 7,37, APGAR 9/7/9. Im postnatalen MRT zeigte sich zudem ein ca. 9 mm messender intrakraniell-tumoröser Anteil (links paramedian, suprasellär) bildmorphologisch ebenfalls passend zu einem Teratom, sowie zusätzlich Mediateilinfarkt links. Die Biopsie zur histologischen Sicherung ergab ein reifes Teratom, G0 nach Gonzalez-Crussi. Chirurgisch Entfernung in toto mit gutem ästhetischem Ergebnis. Bei Befundkonstanz des intrakraniellen Anteils zunächst keine operative Entfernung. Im 4. Lebensmonat Blutung des intrakraniellen Teratomanteils mit Hydrocephalus internus. Nach neurochirurgischer Tumorentfernung (histologisch: reifes Teratom) 4 Tage postop. Mediainfarkt rechts, am ehesten bedingt durch Vasospasmen. Befundbesserung nach Ballondilatation der A. carotis interna. Aktuell stabile Situation mit Spontanmotorik bds. (rechts kräftiger als links).

Diskussion:

Eine sichere pränatale Prognoseeinschätzung gerade bei seltenen Befunden bleibt herausfordernd. Auch bei primär benignen und isoliert erscheinenden Befunden muss die pränatale Beratung ergebnissoffen und interdisziplinär geführt werden.