FormalPara Originalpublikation

Mark R. Thursz, Paul Richardson et al. (2015) Prednisolon or Pentoxifylline for Alcoholic Hepatitis. N Engl J Med 372(17):1619–28

Hintergrund

Die alkoholische Steatohepatitis (ASH) ist ein klinisches Syndrom, welches durch einen schweren und prolongierten Alkoholkonsum verursacht wird und charakterisiert ist durch Ikterus und eine eingeschränkte Leberfunktion [1]. Bis zu 30 % der Patienten versterben innerhalb der ersten 4 Wochen nach Diagnosestellung.

Gemäß den Richtlinien der European und der American association for the study of liver (EASL/AASLD) wird eine Behandlung mit Kortikosteroiden (Prednison 40 mg/Tag) oder alternativ eine Therapie mit Pentoxifyllin (400 mg 3-mal/Tag) in schweren Fällen empfohlen [2, 3]. Trotz zahlreicher Studien und Metaanalysen ist der Nutzen dieser Therapien kontrovers [4].

Studiendesign

Diese multizentrische, randomisierte Doppelblindstudie aus England untersuchte den Nutzen der Behandlung mit Prednison und Pentoxifyllin bei Patienten mit schwerer ASH (Maddray score > 32). Eingeschlossen wurden 1103 Patienten mit schwerer ASH, welche in 4 Untergruppen (Prednison + Pentoxifyllin, Prednison + Placebo, Placebo + Pentoxifyllin, Placebo + Placebo) randomisiert wurden. Primärer Endpunkt war die Mortalität nach 28 Tagen. Sekundäre Endpunkte waren Mortalität oder Lebertransplantation nach 90 Tagen und 1 Jahr.

Resultate

Die Mortalität nach 28 Tagen sowie die Mortalität und Lebertransplantation nach 90 Tagen und 1 Jahr zeigten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den 4 Gruppen. Patienten unter der Prednisonbehandlung zeigten zwar eine höhere Infektionsrate (13 vs. 7 %), was aber keinen Einfluss auf die Mortalität hatte.

Kommentar

Sowohl die europäischen als auch die amerikanischen Richtlinien empfehlen den Einsatz von Prednison oder Pentoxifyllin zur Behandlung der schweren ASH. In dieser vom National Institute for Health Research (NIHR) unterstützten Studie mit über 1000 Patienten wird der Nutzen dieser beiden Therapien allerdings in Frage gestellt. Im Vergleich zur Placebogruppe zeigte sich in keiner der Behandlungsgruppen eine statistisch signifikante Verbesserung der Mortalität, weder nach einem Monat, noch nach 3 oder 12 Monaten.

Nur bei einer Minderheit der Patienten wurde die Diagnose der ASH aber bioptisch gesichert, was die Möglichkeit einer inkorrekten Diagnose erhöht. Zudem könnte durch das Fehlen einer histologischen Beurteilung ein positiver Effekt der Therapie verpasst worden sein.

Die 28-Tage-Mortalität in dieser Studie (16 %) war tiefer im Vergleich zu Studien einer Metaanalyse von 2008 [4]. Zahlreiche dieser Arbeiten sind aber über 30 Jahre alt, was die tiefere Mortalität in dieser Studie erklären könnte. Nichtsdestotrotz bleibt die Mortalität der ASH hoch und es sind bessere präventive Maßnahmen sowie neue Therapieansätze notwendig.

Erwähnenswert ist auch die erhöhte Infektionsrate in der Behandlungsgruppe mit Prednison. Daher muss der fragliche Nutzen der Therapie gut mit dem erhöhten Infektionsrisiko und den damit verbundenen Komplikationen abgewogen werden.

Fazit für die Praxis

Weder die Therapie mit Kortikosteroiden noch mit Pentoxifyllin zur Behandlung der schweren ASH führt zu einer signifikanten Reduktion der Mortalität nach 1, 3 oder 12 Monaten.