Zusammenfassung
Infektionserkrankungen stehen trotz moderner Impfungen und Antibiotika weltweit noch immer an der Spitze der Ursachen für kindliche Todesfälle. Bisher wurden hauptsächlich Erreger und deren Bekämpfung erforscht. Die genetische Prädisposition des Menschen für das Auftreten und den Schweregrad einer Infektionserkrankung blieb dagegen großteils unerkundet.
Durch die rasanten Fortschritte der Molekulargenetik mit Entwicklung moderner Methoden wie genomweiter Assoziationsstudien (GWAS) ist es nun möglich, das gesamte Genom des Menschen systematisch zu untersuchen und die Gene zu identifizieren, die für das Auftreten und die verschiedenen Verläufe von Infektionserkrankungen verantwortlich sind.
Die klinische Abteilung für Allgemeine Pädiatrie der Medizinischen Universität Graz hat einen Forschungsschwerpunkt im Bereich der molekulargenetischen Analysen und des „biobanking“ von Blut-, Gewebe- und Speichelproben von Kindern mit schweren bakteriellen Infektionen. Im Rahmen einer multizentrischen Kooperation konnten bisher bezüglich der Meningokokkenerkrankung die Gene des Faktors H und des Faktor-H-bindenden Proteins 3 des Komplementsystems identifiziert werden. Sie sind hauptsächlich für das Auftreten einer Meningokokkeninfektion verantwortlich.
Aktuell ist die Grazer Kinderklinik Teil des internationalen EU-Projekts EUCLIDS. Die Arbeitsgruppe von W. Zenz koordiniert alle am Studienprojekt teilnehmenden Kliniken in Österreich, Deutschland, Südtirol, Litauen und Serbien. Ziel des EUCLIDS-Projekts ist es, Gene und pathophysiologische Mechanismen zu identifizieren, die die Suszeptibilität und den Verlauf lebensbedrohlicher bakterieller Infektionen mit Meningokokken, Pneumokokken, Staphylokokken, Streptokokken der Gruppe A und Salmonellen in der Kindheit mitbestimmen. Schwerpunkte liegen in der Erforschung von bakteriellen Meningitiden, Pneumonien, Osteomyelitiden und der Sepsis.
Zusammenfassend wird der Einsatz dieser modernen Technologien zu einem Quantensprung im Verständnis von Infektionskrankheiten führen und die Entwicklung universeller Impfstoffe und besserer Behandlungen ermöglichen.
Literatur
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Danksagung
Das EUCLIDS-Projekt wird durch das 7. Rahmenprogramm der Europäischen Union gefördert (EC-GA-Nr. 279185; EUCLIDS).
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. D.S. Klobassa, A. Sonnleitner, A. Sellner, A. Binder, M. Sperl und W. Zenz geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Die EUCLIDS-Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz begutachtet und erhielt ein positives Ethikvotum (EK-Nr. 24–116 ex 11/12). Bisher gibt es für die EUCLIDS-Studie weitere 10 Voten aus Österreich und 18 Voten aus Deutschland. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigen oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor. Alle im vorliegenden Manuskript beschriebenen Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.
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Klobassa, D., Sonnleitner, A., Sellner, A. et al. Genetische Analysen und „biobanking“ zur Erforschung von Infektionserkrankungen bei Kindern. Paediatr. Paedolog. Austria 49, 16–20 (2014). https://doi.org/10.1007/s00608-013-0136-9
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