Zusammenfassung
Hintergrund
Zu den Aufgaben der Gesundheitsämter im Zusammenhang mit der Leichenschau (LS) zählt auch die Überprüfung aller Todesbescheinigungen (TB) in ihrem Amtsbezirk auf Vollständigkeit und Plausibilität. Ergeben sich dabei Hinweise auf nichtnatürliche bzw. ungeklärte Todesfälle, schalten sie die Ermittlungsbehörden ein. Zu dieser Arbeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind bislang kaum Daten in der rechtsmedizinischen Literatur publiziert.
Ziel der Arbeit
Es sollte untersucht werden, in welchem Bereich die größten Probleme beim Ausstellen der TB liegen und ob es hierbei Unterschiede zwischen Klinik- und niedergelassenen Ärzten gibt.
Material und Methode
Im Rahmen der internen Qualitätssicherung werden fortlaufend standardisiert Basisdatenaus allen TB, die beim Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (RGU) eingehen, erhoben. Diese Daten wurden für die Jahre 2010–2013 retrospektiv ausgewertet.
Ergebnisse
Durchschnittlich wurden im untersuchten Zeitraum 7 % der TB beanstandet. Im Einzelnen handelte es sich um Beanstandungen zu folgenden Angaben: Person des Verstorbenen (7 %), Todesart (1 %), Vermerk sicherer Todeszeichen (15,7 %), Todesursachenkaskade/Plausibilität (7,5 %), Reanimation (35,4 %), Ort und Zeitpunkt der LS (14 %) sowie Unterschrift des leichenschauenden Arztes (18 %). Es gab keinen Unterschied der Beanstandungsraten zwischen Klinik- und niedergelassenen Ärzten.
Schlussfolgerung
Seit vielen Jahren werden die bestehenden Mängel bei der Durchführung der ärztlichen LS thematisiert. Die vorgestellten Daten aus einem Großstadtgesundheitsamt weisen darauf hin, dass ebenso eine Problematik beim sorgfältigen Ausfüllen der TB besteht.
Abstract
Background
In connection with the external post-mortem examination of corpses the local health authorities analyze all death certificates issued in their administrative district for completeness and plausibility. If there are indications for an unnatural or unclear cause of death the investigating authorities are informed. Very few data have so far been published in the forensic literature regarding this task of public health services.
Aim
This study was initiated to identify problem areas when filling out death certificates and whether there were differences between hospital physicians and physicians in private practices.
Material and methods
In the context of an internal quality control monitoring system the local health authority of the City of Munich performed a continuous and standardized data collection and retrospective evaluation of all death certificates issued between 2010 and 2013.
Results
The mean rate of reclamation of death certificates during the investigation period was 7 %. In particular reclamations concerned information about personal details of the deceased person (7 %), the manner of death (1 %), remarks on the certain signs of death (15.7 %), plausibility of the cause of death cascade (1 %), resuscitation (35.4 %), location and time of external post-mortem examination (14 %) and signature of the examining physician (18 %). No differences were found between hospital physicians and physicians in private practices.
Conclusion
For many years the deficiencies of external post-mortem examinations have been a subject of discussion. The presented data of the local health authority of a major city indicate that a problem even exists concerning the careful completion of death certificates.
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Danksagung
Die Autoren danken dem Verlag J. Maiß GmbH, Herrnstr. 26, 80539 München für die Abdruckgenehmigung des amtlichen Musters der bayerischen TB.
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S. Gleich, S. Schweitzer, S. Kraus und M. Graw geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Gleich, S., Schweitzer, S., Kraus, S. et al. Ärztliche Leichenschau. Rechtsmedizin 25, 523–530 (2015). https://doi.org/10.1007/s00194-015-0035-4
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00194-015-0035-4