Seit der Entdeckung der krankheitsauslösenden Mutation im Huntingtin-Gen (HTT) im Jahr 1993 hat die Entwicklung krankheitsmodifizierender Therapien für die Huntington-Krankheit (HK) eine fundamentale Transformation erlebt. Lag der Schwerpunkt in der Vergangenheit auf nachgeschalteten pathophysiologischen Mechanismen („gemeinsame Endstrecke neurodegenerativer Erkrankungen“), steht gegenwärtig die Entlastung des Körpers von schädigenden mutanten Genprodukten und die krankheitsverursachende Mutation selbst im Fokus („krankheitsspezifische, proximale Ansätze“). Aktuelle (prä-)klinische Studien und die Ergebnisse von Phase-I/IIb-Studien begründen die Hoffnung, dass durch einen frühen Eingriff in die Kette pathophysiologischer Ereignisse die bisher unaufhaltsame Progression der Erkrankung gebremst werden könnte.

Hintergrund

Die HK ist eine autosomal-dominant vererbte neurodegenerative neuropsychiatrische Erkrankung, die im Verlauf zu progredienten motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen führt. Sie führt typischerweise im mittleren Lebensalter zu Krankheitszeichen, anhand derer die klinische Phase der HK sicher diagnostiziert werden kann, und im Median nach etwa 15 [39] bis 21 Jahren [22] zum Tod. Mit einer Prävalenz von 10 bis 15 pro 100.000 Einwohner in Deutschland zählt sie zu den häufigsten seltenen Erkrankungen [63].

Die genetische Ursache der HK ist eine instabile Expansion einer CAG-Basentriplett-Sequenz innerhalb des ersten Exons des Huntingtin-Gens (HTT) auf Chromosom 4 [35]. Der Normalbereich endet bei 35 CAG-Wiederholungen, eine Expansion von mehr als 39 CAG-Wiederholungen führt im Laufe des Lebens immer zum Ausbruch der Erkrankung (vollständige Penetranz), wobei längere CAG-Wiederholungen mit früherem Krankheitsbeginn extensiveren Beeinträchtigungen (z. B. epileptische Anfälle, Ataxie) und rascherer Progression der Erkrankung assoziiert sind [4]. Mittels eines prädiktiven genetischen Tests können HTT-Mutationsträger bereits vor dem Auftreten klinischer Symptome zweifelsfrei identifiziert werden. Infolgedessen könnten neuroprotektive Therapien bereits im präsymptomatischen Stadium eingeleitet werden und so potenziell neuronale Dysfunktion und Nervenzellverlust verhindern [13].

Bereits vor der Entdeckung der HTT-Mutation sind zahlreiche zelluläre pathophysiologische Alterationen beschrieben worden, die als Ausgangspunkte für die Entwicklung neuroprotektiver Therapien dienten. Zu den ersten vermuteten Pathomechanismen zählte – in Analogie zum Dopaminmangel im Striatum bei der Parkinson-Erkrankung – ein Neurotransmitterdefizit, im Falle der HK eine Depletion von γ‑Aminobuttersäure (GABA) in den Basalganglien [60] mit der Konsequenz einer GABA-Ersatztherapie oder der Gabe von GABAB-Rezeptor-Agonisten, z. B. Baclofen [71]. Inspiriert durch die Ähnlichkeit der striatalen Pathologie der HK und den pathologischen Veränderungen nach Applikation von Exzitotoxinen [15], insbesondere von N‑Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptor-Agonisten wie Quinolinsäure [8] oder selektiven Inhibitoren der Atmungskette (3-Nitroproprionsäure, 3NP; [7, 51]), wurden Therapieansätze zur Hemmung der Exzitotoxizität, Förderung der Mitochondrienfunktion und Senkung des zellulären oxidativen Stresses entwickelt. Die Modulation dieser Pathomechanismen war das Ziel zahlreicher präklinischer Studien und klinischer Medikamentenprüfungen (Tab. 1).

Seit der Entdeckung intranukleärer und zytoplasmatischer Proteinaggregate aus polyglutaminexpandierten HTT-Fragmenten im Gehirn transgener Modelle [17] und verstorbener HK-Patienten [18] rückten die proteinopathischen Aspekte der HK und insbesondere den Prozess der Bildung unlöslicher Proteinaggregate in den Vordergrund. In den vergangenen Jahren standen RNA-Ansätze („gene-silencing“ bzw. „huntingtin-lowering“) im Mittelpunkt des Interesses. In jüngster Zeit konzentrieren sich viele Therapieansätze darauf, die Länge der somatisch instabilen CAG-Mutation, deren Ausprägung im Laufe des Lebens zunimmt [37] selbst zu beeinflussen und zwar durch Modulation von DNA-Reparaturvorgängen, die zu einer weiteren Expansion der CAG-Mutation in einer gewebespezifischen Weise führen („somatische Instabilität“).

Tab. 1 Abgeschlossene randomisierte, kontrollierte klinische Studien mit dem Ziel der Krankheitsmodifikation der Huntington-Krankheit

Ein Blick zurück – die „gemeinsame Endstrecke“ neurodegenerativer Erkrankungen als Therapieansatz

Historisch gesehen basierten das Verständnis der Pathogenese und damit auch die ersten krankheitsmodifizierenden Therapieansätze auf Erkenntnissen, die sich aus neuropathologischen und neurochemischen Analysen des Hirngewebes verstorbener HK-Patienten ergaben. Diese wiesen u. a. auf eine selektive neuronale Degeneration GABAerger Projektionsneuronen („medium spiny neurons“) im Striatum hin [83]. Dies führte zu einem besseren Verständnis der pathophysiologischen Grundlagen für die HK-typische Bewegungsstörung [1] und zur Entwicklung pharmakologischer Strategien zum Ausgleich des GABA-Defizits. Eine randomisierte, kontrollierte Prüfung („randomized clinial trial“, RCT) von Baclofen, einem GABAB-Rezeptor-Agonist, konnte die erhoffte Wirksamkeit jedoch nicht nachweisen [71].

Exzitotoxitität.

Intensiv ist versucht worden, die Mechanismen zu verstehen, die zum krankheitstypischen selektiven Neuronenverlust im Striatum führen. Bereits vor Entdeckung der HTT-Mutation waren exzitotoxische Mechanismen als Ursache der striatalen Schädigung und der selektiven neuronale Degeneration im Striatum durch eine Dysregulation der exzitatorischen (i.e. glutamatergen) Neurotransmission und somit durch Exzitotoxitität vermutet worden [67]. Passend zu dieser Hypothese wurden von einzelnen Arbeitsgruppen bei HK-Patienten erhöhte Glutamatkonzentrationen im Liquor [59] und Striatum [78] sowie eine reduzierte gliale Glutamattransporteraktivität [9] gefunden. Da im Besonderen eine Aktivierung extrasynaptischer NMDA-Rezeptoren zum Zelltod führen kann [57], folgerte man, dass die bei der HK vermutete Exzitotoxizität primär durch diese vermittelt wird und die Selektivität des Neuronenverlusts möglicherweise durch die spezifischen Expressionsmuster von NMDA-Rezeptor-Untereinheiten auf den unterschiedlich vulnerabelen striatalen Neuronenpopulation bedingt ist [44, 47].

Therapieansätze richteten sich somit auf antiglutamaterg wirkende Substanzen, die die glutamaterge Neurotransmission entweder postsynaptisch (z. B. durch die Blockade von NMDA-Rezeptoren) oder präsynaptisch (z. B. durch die Hemmung von Natriumkanälen) modulieren und so eine Exzitotoxizität hemmen sollten. Auf diesem Ansatz basierten großangelegte klinische Studien mit antiglutamaterg wirkenden Substanzen wie Remacemid [33], Amantadin [50] und Memantin [12] oder mit Riluzol [46] und Lamotrigin [43]. Leider konnte jedoch in keiner dieser RCTs der Krankheitsverlauf der HK klinisch relevant beeinflusst werden (Tab. 1).

Oxidativer Stress und mitochondriale Funktion.

Die Beobachtung, dass die intrastriatale Injektion von Mitochondrientoxinen ebenfalls zu einem HK-ähnlichen selektiven Neuronenverlust führt [6], stützte die Annahme, dass eine mitochondriale Dysfunktion ein wesentlicher Bestandteil der HK-Pathogenese sein könnte. So zeigt z. B. die intrastriatale Injektion von 3‑Nitropropionsäure bei Nagetieren eine ähnliche neurochemische und histologische Pathologie wie bei der HK [80]. Therapeutisch wurden deshalb in RCTs die Wirksamkeit solcher Nahrungsergänzungsmittel und Antioxidanzien exploriert, von denen man sich versprach, dass diese die mitochondriale Funktion verbessern. Hierzu wurden u. a. Koenzym Q10 [33, 53], Ethyl-Eicosapentaensäure (EPA; [20]) und Kreatin [30] auf Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit überprüft. Eine neuere Studie untersucht, ob Resveratrol, ein antioxidativ wirksames Polyphenol, die Hirnatrophie bei Patienten in frühen Stadien der HK verlangsamen kann (NCT02336633, REVHD). In keiner dieser Studien zeigten sich die erhofften klinischen Effekte (Tab. 1).

Neuroinflammation.

Wie bei den meisten neurodegenerativen Erkrankungen finden sich auch bei der HK Hinweise auf eine neuroinflammatorische Komponente, z. B. eine Akkumulation aktivierter Mikrogliazellen im Hirngewebe [68]; auch erhöhte Spiegel proinflammatorischer Zytokine wurden berichtet [13]. Daher wird eine Modulation der neuroinflammatorischen Komponente der HK als explorationswürdiger Ansatz angesehen. Eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-II-Studie bei HK-Patienten in frühem Stadium der Erkrankung mit dem Immunmodulator Laquinimod (Legato-HD; NCT02215616), die noch nicht vollständig publiziert ist, konnte allerdings keine Verbesserung des klinischen Phänotyps und keine Verlangsamung der klinischen Krankheitsprogression nachweisen; es wurde allerdings eine Verlangsamung der progressiven Hirnatrophie, v. a. im Kaudatum beschrieben [64].

Vaccinex führte eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-II-Studie mit einem monoklonalen Antikörper gegen Semaphorin 4D (SEMA4D; VX15) bei Patienten im Frühstadium der HK durch (SIGNAL; NCT02481674). SEMA4D ist ein an neuroinflammatorischen Signalwegen beteiligtes Transmembranprotein; präklinische Studien legen in einem transgenen Mausmodell für die HK nahe, dass VX15 Einfluss auf die Gehirnatrophierate haben könnte. Im Oktober 2020 wurde bekanntgegeben, dass die Studie die primären Endpunkte nicht erreichen konnte (Tab. 1; [81]).

Pridopidin.

Agonisten des Sigma-1-Rezeptors (SIG1R) könnten über eine Reihe von Mechanismen neuroprotektiv wirken, z. B. durch eine Absenkung der mit der Proteinproduktion verknüpften Belastung des endoplasmatischen Retikulums („ER-Stress“; [13]). Pridopidin (ACR16) ist ein oral verfügbarer, putativer SIG1R-Agonist, der in mehreren präklinischen Studien untersucht worden ist [70]. In drei RCTs bei Patienten mit der HK (HART, MermaiHD, PRIDE-HD) zeigte sich zwar keine robuste Verbesserung der motorischen Symptome; allerdings ergab sich eine Tendenz zu einem geringeren Funktionsverlust („total functional capacity“, TCF) bei langer Behandlungsdauer (≥ ein Jahr; [52, 65]). Ende 2020 wurde daher eine groß angelegte, randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit von Pridopidin begonnen (Proof-HD, NCT04556656).

Zusammenfassend waren die bisher durchgeführten Therapiestudien, die auf eine Modulation der (postulierten) gemeinsamen Endstrecke neurodegenerativer Erkrankungen ausgerichtet waren, nicht erfolgreich (Tab. 1).

Blicke voraus – „proximale“ Therapieansätze

Das tiefere Verständnis der Pathogenese der HK haben in der jüngeren Vergangenheit zu einer Strategieänderung in der Entwicklung krankheitsmodifizierender Therapien geführt. Wie bei den meisten dominanten Erbkrankheiten muss auch bei der HK davon ausgegangen werden, dass die Expansionsmutation und die mutanten Genprodukte neue, auf zellulärer Ebene toxisch wirkende Eigenschaften erwerben („toxic gain-of-function“). Die Idee ist dabei, den Körper von schädigenden Genprodukten (prä-mRNA, reife mRNA, Protein) zu entlasten, wodurch auch alle nachgeschalteten zellulären und systemischen Mechanismen, die möglicherweise zu einer Funktionsbeeinträchtigung führen, abgeschwächt werden sollten. Eine Absenkung der intrazellulären HTT-Spiegel kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden, die unterschiedliche Ansatzpunkte haben (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Ansatzpunkte krankheitsmodifizierender Therapien bei der Huntington-Krankheit (in Anlehnung an [76]). Orangene Abschnitte der DNA, RNA und des Proteins stellen die pathologisch verlängerten CAG-Repeats und sein Polyglutaminprodukt dar. Therapieansätze werden in lila Boxen (nummeriert) hervorgehoben. Die Struktur des menschlichen Huntingtin ist in Anlehnung an Guo et al. [27] dargestellt. Der gestrichelte Pfeil weist auf einen möglichen Pathomechanismus: die Produktion toxischer Genprodukte durch RAN(Repeat-associated non-ATG)-Translation [5]

Proteinansätze

Ein möglicher proximaler Therapieansatzpunkt ist das mutierte Huntingtin-Protein (mHTT). Es ist bekannt, dass Fragmente des mHTT im Zellkern und Zytoplasma aggregieren [17, 18]. Zusätzlich wird vermutet, dass bei der HK die neuronale Proteostase („zelluläres Proteinequilibrium“) beeinträchtigt ist. Dies könnte zu einem mangelhaften mHTT-Abbau durch das Ubiquitin-Proteasom-System (UPS) bzw. über Autophagie führen und somit zu einer Akkumulation von mHTT. Aufgrund der postulierten neurotoxischen Wirkung der akkumulierenden mHTT-Fragmente erscheinen Therapieansätze Erfolg versprechend, die die zellulären Abbauwege für das mHTT aktivieren [76, 88].

„Intrabodies“ können die Toxizität und Aggregation von mHTT reduzieren

Präklinische Studien mit kleinen, die mHTT-Proteostase beeinflussenden Molekülen zeigten in vitro und in vivo mäßige Effekte und wurden noch nicht in klinischen Studien untersucht [28]. Ein anderer Ansatz besteht in der Verwendung von PROTACs („proteolysis-targeting chimera proteins“) zur gezielten Ausrichtung des UPS auf die Beseitigung von mHTT-Fragmenten. In HK-Fibroblasten konnte z. B. mittels PROTACS die mHTT-Konzentration verringert werden [79]. Ein weiterer Ansatz besteht in der Hochregulierung der autophagischen Proteindegradation. Studien in HK-Zell- und Tiermodellen konnten nachweisen, dass dies zu einer Reduktion der mHTT-Aggregate führt [88]. Andere präklinische Studien zeigten, dass hochspezifische intrazelluläre Anti-HTT-Antikörper („intrabodies“) die Toxizität und Aggregation von mHTT reduzieren können. Ein intrastriatal injizierter Adeno-assoziierter Virusvektor (AAV-Vektor) mit der Kodierungssequenz für die INT41-Intrabodies (rAAV6-INT41) konnte die striatalen HTT-Aggregate reduzieren und die Kognition im R6/2-Mausmodell der HK verbessern [3]. Es gibt zudem Hinweise, dass mHTT von Zelle zu Zelle weitergegeben werden kann und mHTT sich so ähnlich wie Prionen im Gewebe ausbreiten könnte [58]. Daher könnte eine Immuntherapie, beispielsweise mit monoklonalen Antikörpern, zur Bindung und Degradation des mHTT während der extrazellulären Transitphase die Ausbreitung toxischer mHTT-Fragmente vermindern.

„Gene-silencing“-, „Huntingtin-lowering“-Ansätze

Weitere proximale Behandlungsansätze sind darauf ausgerichtet, die Nachproduktion mutierter Huntingtin-Genprodukte zu senken und damit den Körper von schädigenden Genprodukten zu entlasten.

mRNA-basierte Ansätze

Eine Vielzahl von Ansätzen zur Reduktion der HTT-mRNA wurde in (prä-)klinischen Studien untersucht. Im Vordergrund stehen Antisense-Oligonukleotide (ASOs), RNA-Interferenz-basierte Strategien (RNAi) und orale Spleißmodulatoren [85]. Jeder dieser Ansätze interveniert auf der RNA-Ebene (Abb. 1) und kann in vitro und in Tiermodellen die HTT-Spiegel senken. Im Hinblick auf die klinische Erprobung stellen ASOs die am weitesten entwickelte Strategie dar (Tab. 2).

Tab. 2 Aktuelle und geplante klinische Studien

Antisense-Oligonukleotide

Antisense-Oligonukleotide (ASOs) sind synthetische, einzelsträngige DNA-Moleküle, die entsprechend dem Watson-Crick-Basenpaarungsprinzip an komplementäre (prä-)mRNA-Sequenzen binden. Das daraus hervorgehende RNA-DNA-Hybrid kann, je nach Komposition und Sequenz des ASOs, entweder (1) den Abbau der Ziel-RNA mittels Ribonuklease H1 (RNase H1), (2) die Veränderung des Spleißprozesses oder (3) die Hemmung der Translation bewirken. Der Großteil der bislang entwickelten ASOs wirkt über den zuerst genannten Abbaumechanismus [48] und ist für allelselektives und nichtallelselektives HTT-Silencing geeignet. Folglich verringern ASOs die HTT-Expression, indem sie die Menge an HTT-mRNA verringern und so die Produktion von mHTT vermindern [48, 72].

ASOs können die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren

Es gibt jedoch auch einige Herausforderungen. ASOs erzielen nur eine vorübergehende Senkung von mHTT (etwa 3 bis 4 Monate), da sie von körpereigenen Nukleasen abgebaut werden. ASOs müssen intrathekal verabreicht werden, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren können. Diese zeitlich begrenzte Wirksamkeit bietet andererseits den Vorteil, dass die ASO-Therapie jederzeit abgebrochen bzw. pausiert werden kann, sollten sich Unverträglichkeiten zeigen, bedeutet jedoch auch, dass eine wiederholte Verbreichung notwendig ist [23]. Dies stellt für Patienten und Versorgungsstruktur eine erhöhte und andauernde Beanspruchung dar. Eine weitere Herausforderung ist die Verteilung der ASOs im Gehirn. Eine präklinische Studie mit Primaten zeigte nach intrathekaler ASO-Injektion zwar eine nachhaltige HTT-mRNA-Senkung in den meisten Hirn- und Rückenmarksregionen; das Ausmaß war jedoch in oberflächlichen Kortex- und Rückenmarksregionen größer als in tieferen Hirnstrukturen (z. B. den Basalganglien; [13, 42]). Sowohl nichtallelselektive als auch allelselektive ASOs werden derzeit bereits in klinischen Studien erprobt (Tab. 2).

Nichtallelselektive ASOs.

Das nichtallelselektive HTT-ASO (Tominersen – RO7234292) von Roche, dass aktuell in einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-III- (GENERATION HD1; NCT03761849) und Open-label-extension-Studie (GenExtend; NCT03842969) erprobt wird, wurde ursprünglich von Ionis Pharmaceuticals Inc. (IONIS-HTTRx) entwickelt. In einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-Ib/IIa-Studie konnte nachgewiesen werden, dass alle Dosierungen gut vertragen wurden und zu einer dosisabhängigen Senkung des mHTT-Spiegels im Liquor führten [77]. In GENERATION HD1 wurden mehr als 800 Teilnehmer mit klinisch manifester HK zwei Behandlungsarmen (intrathekale Bolusinjektionen von 120 mg Tominersen, entweder alle 8 oder alle 16 Wochen für 25 Monate) oder einem Placeboarm zugeteilt. Im März 2021 gab Roche auf Empfehlung des unabhängigen Datenüberwachungskomitees (Data and Safety Monitoring Committee, DSMC) den Stopp aller ASO-Injektionen in der Phase-III-Studie bekannt. Eine Analyse des DSMC hatte ergeben, dass Patienten im höheren Dosisarm einen ungünstigeren klinischen Verlauf hatten als Patienten im Placeboarm; zudem zeigte sich eine expositionsabhängige Vergrößerung der inneren Liquorräume. Auch für die laufende offene Nachbehandlungsstudie wurde die ASO-Injektion pausiert. Alle Teilnehmer werden aktuell weiterhin entsprechend dem Protokoll beobachtet. Eine abschließende Entscheidung, ob (und wenn ja, mit welcher Dosis) die klinische Testung mit Tominersen fortgesetzt wird, steht noch aus [66].

Eine hohe Tominersenexposition scheint die zerebralen Ventrikelräume zu erweitern

Ungeklärt ist aktuell, ob die expositions- bzw. dosisabhängigen unerwünschten Effekte der intrathekalen Tominersen(IT)-Gaben auf klassenspezifische Effekte der chemisch modifizierten einzelsträngigen DNA oder auf „On-target“-Effekte zurückzuführen sind. Die wiederholte intrathekale Gabe von Nusinersen – wie auch von Tominersen – scheint zu einer Erweiterung der zerebralen Ventrikelräume bis hin zur Ausbildung eines klinisch apparenten Hydrozephalus führen zu können [10, 75], vermutlich als Folge einer leichtgradigen, sterilen inflammatorischen Reaktion mit konsekutiver Liquorabflussstörung, die sich ab einem bestimmten Ausmaß klinisch negativ auswirkt. Zum anderen könnte eine zu starke Reduktion von HTT, im Besonderen des nichtmutierten Proteins, unerwünschte klinische Effekte nach sich ziehen („On-target“-Effekt).

Da bislang noch ungeklärt ist, ob die nichtallelselektive HTT-Reduktion durch Substanzen wie Tominersen die Expression des normalen HTT-Allels in bedenklicher Weise absenkt, ist die Entwicklung allelselektiver ASOs ein komplementärer Therapieansatz, der bereits in klinischen Studien erprobt wird.

Allelselektive ASOs.

Seit 2017 wird die Sicherheit und Verträglichkeit zweier ebenfalls intrathekal applizierter, allelselektiver ASOs untersucht, entwickelt von der Firma Wave Life Sciences (WVE-120101 und WVE-120102). Gezielt soll nur die mutante (prä-)mRNA für HTT abgebaut werden. Dazu werden Genvarianten („single nucleotide polymorphisms“, SNPs) genutzt, die exklusiv auf dem mutierten HTT-Allel vorhanden sind [61]. Da sich SNPs in verschiedenen ethnischen Gruppen unterscheiden, wird nicht jeder Patient von einer solchen Therapie profitieren können. Die in den randomisierten, placebokontrollierten Phase-Ib/IIa-Studien Precision-HD1 (NCT03225833) und Precision-HD2 (NCT03225846) verwendeten SNPs sind weltweit bei ca. 50 % bzw. 40 % aller HK-Mutationsträgern vorhanden [61]. Beide Studien wurden abgebrochen, da mit den verwendeten ASOs keine Senkung des mHTT-Spiegels im Liquor erzielt werden konnte [84].

Eine weitere randomisierte, placebokontrollierte Phase-I/II-Studie (Precision-HD3), die ein modifiziertes, potenteres allelselektives ASO (WVE-003) für einen weiteren SNP verwendet, der bei etwa 40 % aller Mutationsträgern vorkommen soll [41], hat im Sommer 2021 begonnen.

RNA-Interferenz-basierte Strategien

Weitere vielversprechende Therapieansätze für die HK stellen die RNA-Interferenz(RNAi)-basierten Behandlungsstrategien dar. RNAis sind, wie ASOs, nukleotidbasierte Moleküle, die jedoch an reife, d. h. gespleißte mRNA im Zytoplasma binden und nach Bildung eines RNA-RNA-Duplex im „RNA-induced silencing complex“ (RISC) abgebaut werden [85]. Zu den RNAi-Molekülen gehören „small interfering RNAs“ (siRNAs), „short hairpin RNAs“ (shRNAs) und „microRNAs“ (miRNAs); auch hier gibt es allelselektive und nichtallelselektive Behandlungsansätze.

shRNA und miRNA, verpackt in Genfähren, werden stereotaktisch direkt ins Hirnparenchym eingebracht

Die Grundlage für eine zukünftige allelselektive RNAi-Therapie für die HK wurde u. a. von Pfister und Kollegen [61] gelegt. Die polaren RNAi-Moleküle gelangen bei intrathekaler Injektion nicht gut ins Hirngewebe, weshalb für shRNA und miRNA eine stereotaktische Verabreichung direkt ins Hirnparenchym mittels Genfähren (modifizierter Adeno-assoziierter Virus(AAVs)- [74, 85] oder lentiviraler Vektoren [11]) erforderlich ist. UniQure entwickelte eine rekombinante AAV-basierte Therapie (rAAV5-miHTT; AMT-130), die eine speziell für die Bindung an HTT-Exon 1 entwickelte miRNA exprimiert und so zu einer nichtallelselektiven Reduktion der HTT-mRNA führen soll [54]. Dieser Ansatz erwies sich in mehreren In-vitro- [38] und HK-Tiermodellen als verträglich und führte zu einer mHTT-Reduktion im Gewebe [19, 73]. AMT-130 wurde 2019 von der US Food and Drug Administration (FDA) zur klinischen Erprobung zugelassen; Phase-I/II-Studien zur Sicherheit und Verträglichkeit haben in den USA begonnen (HD.GeneTRX1, NCT04120493); im zweiten Halbjahr 2021 hat die Rekrutierung für eine europäische Open-label-Studie (HD.GeneTRX2) begonnen (Tab. 2).

Divalente siRNA.

Ein Abbau von HTT-mRNA kann auch mittels divalenter, lipophiler siRNA (di-siRNA) erfolgen. Wie ASOs werden di-siRNA intrathekal verabreicht, scheinen allerdings eine besonders extensive, großräumige Verteilung zu erlauben, sodass das gesamte Zentralnervensystem (ZNS) abgedeckt werden könnte [2]. Divalente siRNA binden an zytoplasmatische, gespleißte („reife“) mRNA; die daraus resultierenden siRNA/mRNA-Doppelstränge werden über RISC abgebaut. Bei transgenen HK-Mäusen (und bei Primaten) kann eine anhaltende Senkung von mHTT-mRNA und mHTT im ZNS nachgewiesen werden [2]. Di-siRNAs bieten somit ein großes Potenzial als RNAi-basierte Therapie.

Orale Spleißmodulatoren

Auch oral verfügbare, niedermolekulare Spleißmodulatoren wirken über einen gesteigerten Abbau von HTT-mRNA. Im Gegensatz zu RNAis und ASOs erlauben Spleißmodulatoren eine Behandlung des gesamten Körpers, nicht nur des ZNS. Zudem stellt eine orale Gabe im Vergleich zu einer intrakraniellen oder wiederholten intrathekalen Verabreichung eine wesentlich weniger invasive und für die Versorger praktikablere Behandlungsoption dar [76].

Mit oral verfügbaren Spleißmodulatoren kann der ganze Körper behandelt werden

Spleißmodulatoren modifizieren sterisch definierte intronische Sequenzen in der nukleären prä-mRNA in einer Weise, dass diese nicht ausgespleißt werden und ein Pseudoexon mit einem vorzeitigen Stoppcodon entsteht. Die translationsassoziierten Qualitätskontrollprozesse der Zelle detektieren das vorzeitige Stoppcodon und leiten den Abbau des fehlerhaften Transkripts ein („nonsense-mediated mRNA decay“; [45]). Um sie bei der HK einsetzen zu können, wurden mittels mHTT-exprimierenden humanen Zellen kleine Moleküle identifiziert [76], die den Spleißvorgang beeinflussen und den (m)HTT-Spiegel auch in vivo senken könnten [40]. Die Therapieeffekte wären reversibel, sodass eine Behandlung bei unerwünschten Wirkungen abgebrochen werden kann. Allerdings besteht aufgrund der geringeren Spezifität ein erhöhtes Risiko von Nebenwirkungen („off-target effects“; [76]).

Spleißmodulatoren wurden auch für die Anwendung bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen, z. B. der spinalen Muskelatrophie (SMA), entwickelt. Beispielweise wurde Risdiplam (RG7916) in mehreren klinischen Zulassungsstudien bei der SMA untersucht und im August 2020 von der FDA für die Behandlung bei Kindern und Erwachsenen zugelassen. Branaplam (LMI070), ein von Novartis ursprünglich für die SMA entwickelter Spleißmodulator, soll bei der HK untersucht werden, da in präklinischen Studien gezeigt wurde, dass Branaplam den mHTT-Spiegel senkt und in einer aktuellen Phase-I-Studie (NCT02268552) zudem die HTT-mRNA bei SMA-Patienten reduziert hat. Für Ende 2021 plant Novartis daher eine Phase-IIb-Studie zur Untersuchung der Sicherheit und Verträglichkeit von Branaplam (HTT-001) bei erwachsenen HK-Patienten [56].

DNA-basierte Ansätze

Weitere vielversprechende Behandlungsoptionen setzen direkt an dem krankheitsverursachenden HTT an. Entweder über

  • die Modulation der HTT-Transkription oder

  • die direkte Modifikation der HTT-DNA-Sequenz (Genomeditierung).

Die Arbeitshypothese ist, dass die Inaktivierung des mHTT die Krankheitsprogression stoppen könnte [87]. Beide Ansätze befinden sich derzeit noch in der präklinischen Erprobung.

Transkriptionsmodulation mittels Zinkfinger-Protein-Transkriptionsfaktoren

Synthetische Zinkfinger-Proteine (ZFP) können spezifische DNA-Sequenzen erkennen, an diese binden und deren Transkription verhindern und so auch die HTT-Expression reduzieren. Sie können so konstruiert werden, dass sie die expandierten CAG-Wiederholungen im mutierten HTT-Allel erkennen, und ermöglichen somit eine allelselektive Hemmung der HTT-Transkription [13]. Präklinisch konnte nachgewiesen werden, dass allelselektive ZFP-Transkriptionsfaktoren (ZFP-TFs) zu einer nachhaltigen Hemmung der mHTT-Expression in Fibroblasten und Neuronen von HK-Patienten führten, ohne die Expression des normalen HTT-Allels oder anderer Gene, die nichtexpandierte CAG-Repeats beinhalten, zu beeinflussen. Zudem konnte ein ZFP mit aktivem Repressorelement nach intrastriataler Injektion in R6/2-Mäusen selektiv die mHTT-Spiegel senken und Verbesserungen im klinischen Phänotyp hervorrufen [87]. Takeda und Sangamo arbeiten gemeinsam an der Entwicklung eines allelselektiven ZFP-TFs zur Transkriptionsmodulation.

HTT-Inaktivierung mittels CRISPR/Cas9

CRISPR/Cas9 ist eine innovative Methode zur Modifikation des mutierten HTT. Zunächst als Abwehrmechanismus gegen Viren beschrieben [36] kann CRISPR/Cas9 auch zur Genomeditierung verwendet werden [14]. Zur Inaktivierung eines Gens oder Editierung spezifischer Gensequenzen werden eine Leit-RNA-Sequenz („single guide RNA“, sgRNA) und das Enzym Cas9 eingesetzt. Die Leit-RNA bindet und rekrutiert das Cas9-Enzym an eine spezifische DNA-Zielsequenz, wo es einen DNA-Doppelstrangbruch (dsDNA) verursacht und die dsDNA-Reparaturmaschinerie aktiviert [14]. Studien mit Fibroblasten von HK-Patienten konnten nachweisen, dass CRISPR/Cas9 das mutierte HTT-Allel selektiv und dauerhaft inaktivieren und die mHTT-Produktion verhindern kann [13, 16, 55]. Zudem zeigten Studien eine Verbesserung des Verhaltens und der Neuropathologie transgener Mäusen sowie eine vollständige allelselektive [55] bzw. nichtallelselektive [86] HTT-Inaktivierung nach intrakranieller Verabreichung eines CRISPR/Cas9 Systems mittels viraler Vektoren.

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse sind viele Anwendungsfragen (effektiv erreichtes Verteilungsvolumen im Gehirn nach Gentherapie?) sowie wichtige Sicherheitsfragen (DNA-Schädigungen durch CRISPR/Cas9? Immunvermittelte Reaktionen auf die Präsenz eines bakteriellen Proteins?) noch ungeklärt.

Modifikation der somatischen Instabilität

Unter der Annahme, dass die HK-Pathogenese maßgeblich durch die instabile, expandierte CAG-Wiederholung im HTT beeinflusst wird, wäre ein innovativer Ansatz zur Krankheitsmodifikation, die CAG-Repeatlänge bzw. deren Zunahme über die Zeit selbst zu manipulieren ([49]; Abb. 2). Man geht davon aus, dass der Krankheitsbeginn zu etwa 60 % durch die Anzahl der CAG-Wiederholungen erklärt werden kann, wobei eine inverse Korrelation zwischen CAG-Repeatlänge und Krankheitsbeginn besteht [4]. Dabei muss zwischen der Instablität auf Keimbahnebene und der somatischen Instabilität der pathologisch verlängerten CAG-Sequenz unterschieden werden. Intergenerationell kann es zu einer Expansion der instabilen CAG-Sequenzwiederholung kommen und damit in der nachfolgenden Generation zu einem früheren Symptombeginn und schnelleren Krankheitsverlauf führen („genetische Antizipation“). Eine genetische Antizipation tritt im Falle der HK bei paternaler Vererbung häufiger und ausgeprägter auf als bei maternaler. Post-mortem-Untersuchungen an humanen und murinen Gehirnproben konnten zudem eine deutliche Zunahme der CAG-Länge im Körpergewebe (v. a. in Nervenzellen) nachweisen („somatische Expansion“), die mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren [69]. Die instabile CAG-Expansion scheint somit auch den Krankheitsverlauf der Patienten zu modulieren. In genomweiten Assoziationsstudien konnten zudem Gene, die für Elemente der zelleigenen DNA-Reparatur codieren, als genetische Modifikatoren des Krankheitsbeginns und der Krankheitsprogressionsrate identifiziert werden [24, 25].

Eine Hemmung der somatischen Expansion durch Modulation der neuronalen DNA-Reparaturmaschinerie ist somit ein vielversprechender Ansatz, um den Krankheitsverlauf in verschiedenen Stadien zu modulieren. Die Idee hierbei ist, die DNA-Reparaturmaschinerie so zu modifizieren, dass die somatische Expansion reduziert wird [24]. Erste präklinische Studien deuten darauf hin, dass eine Reduktion der MSH3-Expression [21] oder eine Steigerung der FAN1-Expression [26] die somatische Expansion des mHTT-CAG-Repeats hemmen könnte. Da dieser Ansatz auf die Modifikation einer instabilen CAG-Expansion ausgerichtet ist, stellt er nicht nur für die HK, sondern auch für andere Trinukleotidexpansionserkrankungen (z. B. verschiedene spinozerebelläre Ataxien [SCAs]) eine vielversprechende therapeutische Strategie dar. Die Forschung auf diesem Gebiet wird u. a. von Triplet Therapeutics vorangetrieben, die Mitte 2020 eine Natural-History-Studie zur Erhebung von Längsschnittdaten zur somatischen Instabilität bei HK-Genträgern begonnen hat (Shield-HD, NCT04406636).

Abb. 2
figure 2

Entstehungs- und Interventionsmechanismen der somatischen Instabilität

Schlussbetrachtung

Entsprechend dem wachsenden Verständnis der Pathogenese der HK wurden zunehmend verfeinerte Therapieansätze für die HK entwickelt. Standen zunächst „generische“ Behandlungen, die an der (hypothetischen) gemeinsamen Endstrecke neurodegenerativer Erkrankungen ansetzten, im Vordergrund, wird zunehmend versucht, Prozesse am Beginn der pathophysiologischen Ereigniskette zu beeinflussen. Im Tierversuch zeigen „Gene-silencing“-Ansätze Wirkungen; bei HK-Kranken zeigen sich Biomarker-Effekte [77]. Noch ist es allerdings eine offene Frage, ob sich die erhoffte Verlangsamung der Krankheitsprogression tatsächlich einstellt und in RCTs nachweisen lässt. Zudem bleibt es eine offene Frage, in welcher Phase der Erkrankung die Behandlung am besten eingesetzt werden sollte, um den natürlichen Krankheitsverlauf substanziell und in klinisch relevanter Weise zu verändern. Es ist ungeklärt, ob und inwieweit die im Krankheitsverlauf bereits entstandenen Schäden repariert werden können, wenn die Körperzellen vom schädigenden Einfluss mutanter Huntingtin-Genprodukte entlastet sind.

Fazit für die Praxis

  • Gegenwärtig ist für keine der hier diskutierten potenziell krankheitsmodifizierenden Therapieansätze ein klinischer Wirksamkeitsnachweis erbracht.

  • Trotz Rückschlägen gibt die Vielzahl innovativer, krankheitsspezifischer Therapieansätze Anlass zur Hoffnung, die bislang unaufhaltsame Progression der Huntington-Krankheit (HK) in absehbarer Zeit verlangsamen zu können.

  • In den Vordergrund gerückt sind krankheitsspezifische Therapieansätze, die proximal in der Kette der pathophysiologischen Ereignisse oder an der Mutation selbst ansetzen.

  • Für Therapien, die eine Modulation der (hypothetischen) gemeinsamen Endstrecke neurodegenerativer Erkrankungen zum Ziel haben, sind bisher keine klinischen Wirksamkeitsnachweise im Sinne einer Verlangsamung der Krankheitsprogression gelungen.

  • Noch bleibt die multidisziplinäre, stadiengerechte neuropsychiatrische Versorgung der Huntington-Kranken und ihrer Familien mithilfe zunehmend verfeinerter pharmakologischer und nichtpharmakologischer Strategien zur Symptomkontrolle und Funktionsoptimierung die wichtigste praktische Aufgabe für die Versorger.