Die frühe Versorgungsphase schwerstverletzter Patienten wird unterteilt in eine präklinische Phase, die Schockraumversorgung und im Anschluss daran ggf. die operative Behandlung der entstandenen Verletzungen [12, 20]. In der Schockraumversorgung schwerstverletzter Patienten stellt ein prioritätenorientiertes Vorgehen, z. B. entsprechend dem Advanced-trauma-life-support- (ATLS-)Algorithmus, einen etablierten Ablauf dar, der die Basisversorgung schwerstverletzter Patienten in einen strukturierten Rahmen einfügt [1, 14, 15, 29]. Es kann jedoch auch die Situation auftreten, dass im Rahmen der Schockraumphase lebensbedrohliche Zustände identifiziert werden, die einer sofortigen operativen Intervention bedürfen [18, 19, 21, 26, 28, 30].

Die Entscheidung, die Schockraumbehandlung für eine Notoperation abzubrechen, stellt für das gesamte Schockraumteam eine große Herausforderung dar. Entsprechend dem ATLS-Algorithmus sind als erste Priorität Notfalloperationen zur Sicherung der Atemwege denkbar [1, 14, 15, 29]. Diese Maßnahmen können im Schockraum oder sogar schon präklinisch durchgeführt werden. Neben diesen seltenen Ereignissen stellt der Volumenmangelschock mit unkontrollierter thorakaler, abdomineller oder pelviner Blutung die häufigste Ursache für einen Notfalleingriff dar [5, 7, 11, 16, 27, 28]. Darüber hinaus muss die akute intrazerebrale Druckerhöhung mit der Notwendigkeit der dekompressiven Kraniotomie u. U. notfallmäßig vorgenommen werden [9]. In Regionen mit einem hohen Anteil perforierender Traumata, wie z. B. in Südafrika oder einigen Ballungsräumen der Vereinigten Staaten, gehören solche lebensrettenden Notfalleingriffe in großen Traumazentren fast schon zur Routine [11, 13].

Inwiefern solche Notoperationen im deutschen Traumasystem mit einem hohen Anteil stumpfer Traumata, anderem sozialem Umfeld sowie anderen Versorgungssystemen prä- und innerklinisch auftreten, ist in der Literatur bisher unzureichend beschrieben. Daher wird in der dargestellten Untersuchung anhand des TraumaRegisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie die Art, Verteilung und das Verletzungsmuster von Patienten mit lebensrettenden Operationen analysiert.

Methodik

Patienten und Methoden

Das TraumaRegister der DGU, das 1993 von der AG Polytrauma der DGU gegründet wurde, bildet die Grundlage für die Auswertung (http://www.traumaregister.de). Bis 2007 wurden Patienten aus insgesamt 145 Kliniken im TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) prospektiv erfasst. Die Daten wurden ab dem Jahr 2002 mit einer Onlinedateneingabesoftware mit integrierten Plausibilitätsprüfungen zentral erfasst. Im Rahmen dieser retrospektiven Auswertung wurden folgende Einschlusskriterien für das zu untersuchende Patientenkollektiv festgelegt:

  • Injury Severity Sore (ISS) ≥16 Punkte,

  • primäre Aufnahme in ein Traumazentrum (d. h. keine Verlegungen) und

  • Zeitraum 2002–2007.

Der ISS sowie die auf Körperregionen bezogene Verletzungsschwere wurden anhand der Abbreviated Injury Scale (AIS) bestimmt [8].

Alle Patienten mit dokumentiertem vorzeitigem Abbruch der Schockraumdiagnostik und der Notwendigkeit für eine Notoperation wurden der Gruppe Notop. zugeordnet. Patienten, bei denen eine regelhaft durchgeführte und beendete Schockraumdiagnostik und im Anschluss die frühzeitige operative Versorgung erfolgten, wurden in die Gruppe Frühop. eingeteilt. Von der Untersuchung ausgeschlossen wurden Patienten, die im Anschluss an die Schockraumversorgung auf die Intensivstation verlegt wurden. Als Notoperation wurden nur akut lebensrettende operative Eingriffe gewertet. Nicht als Notoperation gewertet wurden die Einlage einer Thoraxdrainage im Schockraum sowie die Anlage einer Hirndrucksonde/Ventrikeldrainage, ebenso nicht eine externe Stabilisierung langer Röhrenknochen.

Neben ISS und AIS wurden demographische Patientendaten, Daten zu klinischen und laborchemischen Parametern sowie therapeutische Maßnahmen am Unfallort und bei Aufnahme in die Klinik analysiert und miteinander verglichen.

Zudem wurden die klinischen Verläufe anhand der Anzahl durchgeführter Operationen, der „ventilator-free days“ (VFD), sowie die Letalität innerhalb der ersten 24 h und im Krankenhaus analysiert. Die VFD stellen einen etablierten Parameter zur Beurteilung des klinischen Verlaufs von Patienten auf der Intensivstation dar und berechnen sich als die Summe der Tage ohne Beatmung innerhalb der ersten 28 Tage. Verstirbt der Patient innerhalb der ersten 28 Tage oder ist er nach 28 Tagen noch nicht extubiert, sind die VFD per Definition gleich 0. Die Berechnung der Behandlungskosten erfolgte auf der Basis des Kostenrechnungsmodells des TraumaRegisters der DGU, entsprechend der modularen Kalkulation aus der Publikation von Pape et al. [23].

Im Kollektiv der Notop.-Gruppe wurde anhand dokumentierter OPS-Kennziffer und/oder ausformulierter Beschreibung der Eingriffsart innerhalb der ersten 24 h nach Aufnahme in der Klinik die Operationen nach ihrer Lokalisation und Art analysiert. Bei Laparatomien wurde zudem noch nach dem betroffenen Organsystem (Milz, Leber, Magen-Darm-Trakt, Urogenitalsystem, Zwerchfell) unterschieden.

Statistik

Numerische Parameter wurden als Mittelwerte mit Standardabweichung (SD) dargestellt. Inzidenzen wurden mit Fallzahl und Prozent angegeben. Als Notoperation (Notop.) wurden alle Eingriffe gewertet, bei denen „Abbruch wegen Notoperation“ dokumentiert war. Zum Vergleich werden die Gruppe der frühoperativ versorgten Patienten (Frühop.) sowie das gesamte TraumaRegister (Gesamt) herangezogen. Statistische Vergleiche wurden nur zwischen den beiden Operationsgruppen durchgeführt, nicht mit der Gesamtgrupppe, da diese die beiden anderen Gruppen enthält. Messwertunterschiede wurden mit dem t-Test und Häufigkeitsunterschiede mit dem χ2-Test überprüft. P-Werte <0,05 wurden als signifikant bezeichnet, jedoch sollten wegen der großen Fallzahl insbesondere der Frühop.-Gruppe auch kleine p-Werte zurückhaltend und nur unter Beachtung der klinischen Relevanz des Unterschieds interpretiert werden. Die anonymisierten Daten wurden mit dem Statistikprogramm (SPSS-Version 14, Chicago, Ill, USA) ausgewertet. Auf statistische Tests wurde wegen der sehr hohen Fallzahlen weitgehend verzichtet.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 12.971 Patienten mit einem ISS ≥16 und Primärversorgung im Schockraum in den Jahren 2002 bis Ende 2007 im Traumaregister der DGU dokumentiert. Das durchschnittliche Alter betrug 43,0±20,6 Jahre. Der ISS lag im Mittel bei 30,1±13,0 Punkten. Bei 713 der 12.971 Patienten (5,5%) wurde die Schockraumdiagnostik vorzeitig abgebrochen und eine Notoperation (Notop.-Gruppe) durchgeführt (Abb. 1). Bei 5515 Patienten (42,5%) wurde die Schockraumdiagnostik vollständig durchgeführt, regelgerecht beendet und anschließend die Patienten frühzeitig, d. h. im Anschluss an die Schockraumphase, operativ versorgt (Frühop.-Gruppe).

Abb. 1
figure 1

Aufteilung der Patienten im TraumaRegister der DGU entsprechend ihrer Schockraum- und anschließenden Weiterversorgung (n=12.971)

Bereits am Unfallort war bei den Patienten der Notop.-Gruppe die Glasgow Coma Scale (GCS) mit 8,6±5,0 Punkten niedriger als bei den der Frühop.-Gruppe mit 10,7±4,7 und der Gesamtpopulation mit 10,5±4,8 Punkten. Im Vergleich zur Frühop.-Gruppe und dem Gesamtkollektiv wurde den Patienten der Notop.-Gruppe bereits in der präklinischen Versorgung deutlich mehr Volumen zugeführt (Tab. 1). Als Maß für den im Vergleich sehr hohen Blutverlust befand sich bei Aufnahme in die Klinik nahezu die Hälfte der Patienten der Notop.-Gruppe im Schock (RRsyst ≤90 mmHg) bei einem systolischen Blutdruck von im Mittel 96±37 mmHg. Damit einhergehend erhielten 39% dieses Kollektivs mindestens 10 Erythrozytenkonzentrate in der ersten Schockraum- und Operationsphase. Als Maß für die Sauerstoffschuld oder die bereits vorhandene metabolische Beeinträchtigung lag der initiale Base Excess (BE) nach Aufnahme in der Notop.-Gruppe mit –7,3±6,0 mmol/l deutlich niedriger als in der Frühop.-Gruppe mit –3,7±4,6 mmol/l (Tab. 1).

Tab. 1 Demographische und physiologische Parameter des untersuchten Kollektivs und der Vergleichsgruppen

Die Patienten der Notop.-Gruppe (ISS 39,7±15,8) waren im Vergleich zur Frühop.-Gruppe (ISS 31,0±12,0) und dem Gesamtkollektiv (ISS 30,1±13,0) deutlich schwerer verletzt (p <0,001). Bei der Analyse der Verletzungslokalisation fiel auf, dass Patienten der Notop.-Gruppe nahezu 4-mal häufiger schwere Verletzungen (AIS ≥4) des Abdomens erlitten hatten als die der Frühop.-Gruppe und des Gesamtkollektivs (Tab. 2). Im Gegensatz dazu waren schwere Schädel-Hirn-Traumata in der Notop.-Gruppe etwa gleich häufig vertreten wie in den Vergleichsgruppen. Das Kriterium von AIS ≥4 erfüllen im Bereich der Extremitäten nahezu ausschließlich Verletzungen des knöchernen Beckens. Mit 21,2% hatten Patienten der Notop.-Gruppe doppelt so häufig schwere Beckenverletzungen erlitten wie die der Frühop.-Gruppe und die des Gesamtkollektivs. Der im Vergleich zum Gesamtkollektiv hohe Anteil an schweren Becken- und Abdominalverletzungen unterstreicht die hohe interdisziplinäre Herausforderung v. a. an die behandelnden Allgemein- und Unfallchirurgen.

Tab. 2 Verletzungsschwere und -muster des untersuchten Kollektivs mit Vergleichsgruppen

Im Rahmen der stationären Behandlung wurden im Gesamtkollektiv durchschnittlich 3,1 Operationen durchgeführt (Tab. 3). Sowohl in der Notop.- als auch Frühop.-Gruppe erfolgten mit 5,2 bzw. 4,8 deutlich mehr operative Eingriffe zur Versorgung der Verletzten. Als Maß für den weiteren klinischen Verlauf waren die „ventilator-free days“ (VFD) der Notop.-Gruppe mit 9,6 Tagen deutlich geringer als in den Vergleichsgruppen; der Median betrug sogar 0. Die Mortalität in der Notop.-Gruppe war mit 46% (n=327 von 713) gegenüber der Frühop.-Gruppe mit 13% (n=739 von 5515) sehr hoch, wobei die erhöhte Mortalität in der Notop.-Gruppe sich durch die hohe Frühmortalität erklärt. In der Notop.-Gruppe verstarben innerhalb der ersten 24 h nach Aufnahme bereits 35% der Patienten.

Tab. 3 Klinischer Verlauf und Outcome des untersuchten Kollektivs im Vergleich

Die Einzelanalyse der innerhalb der ersten 24 h nach Aufnahme in die Klinik dokumentierten Notfalleingriffe ergaben folgende Verteilung (Tab. 4): In 50,5% der Fälle (n=360) erfolgte notfallmäßig eine Laparatomie und in 19,8% der Fälle (n=141) eine Kraniotomie. Im Rahmen von Laparotomien waren Eingriffe an der Milz am häufigsten, gefolgt von Operationen an der Leber (Tab. 4). In der Notop.-Gruppe wurden auch 3 Notsections durchgeführt. Bei immerhin 16 von 72 dokumentierten Thorakotomien (exklusive Thoraxdrainagen) waren diese mit Eingriffen am Herzen kombiniert. Auch bei einem nicht unerheblichen Anteil (9,3%) mussten notfallmäßige Operationen am Becken durchgeführt werden.

Tab. 4 Art des Notfalleingriffs und Letalität bei schwerverletzten Patienten mit Notoperation

Die sozioökonomische Relevanz von Notfalloperationen trotz seltenen Vorkommens wird anhand der Behandlungskosten unterstrichen. Trotz eines höheren intensivmedizinischen (VFD) und operativen Aufwands (Anzahl Operationen) waren die Behandlungskosten pro Fall in der Notop.-Gruppe (33.591 EUR) geringer als in der Frühop.-Gruppe (33.940 EUR). Betrachtet man nur die überlebenden Patienten, ergaben sich in der Notop.-Gruppe höhere Behandlungskosten als in der Frühop.-Gruppe (47.838 vs. 35.613 EUR). Somit erklärt sich der Unterschied bzgl. der Behandlungskosten bei den Überlebenden vermeintlich durch die hohen Kosten auf der Intensivstation in der Notop.-Gruppe, was sich auch in den geringeren VFD in der Notop.-Gruppe widerspiegelt (Tab. 3).

Diskussion

Der hämorrhagische Schock stellt neben dem schweren Schädel-Hirn-Trauma einen der häufigsten Gründe für die Frühmortalität nach Trauma dar, was bereits in zahlreichen Studien gezeigt wurde [4, 10, 11, 24, 28]. Somit ist es nicht erstaunlich, dass der Volumenmangelschock auch die häufigste Ursache für den Abbruch der Schockraumdiagnostik und eine Notoperation darstellt. Die intraabdominelle Massenblutung stellt hierbei die häufigste Ursache für eine Notoperation dar, was sich in zahlreichen weiteren Studien nachweisen ließ [7, 11, 13, 24]. Da es sich bei den Notoperationen definitionsgemäß um akute Situationen mit kritischer Kreislaufsituation handelt, kommen bei dieser Art chirurgischer Eingriffe andere Operationstaktiken zum Einsatz als in der elektiven Chirurgie.

„Tödliche Trias“

Die Trias aus Hypothermie, Azidose und Koagulopathie, die sich alle selber verstärken, hat als „tödliche Trias“ in die Literatur Einzug gehalten [6, 17, 22, 27]. Das Vorhandensein dieser Zustände stellt eine Indikation zur „Damage-control“-Chirurgie dar, bei der der sekundäre Schaden durch das Operationstrauma minimiert werden muss und die primären Ziele die Blutstillung und Kontaminationskontrolle sind. Für das Abdominaltrauma bedeutet dies in der Regel entweder die Entfernung oder das Packing verletzter parenchymatöser Organe und der Verschluss oder die Ausschaltung geschädigter Hohlorgane mit dem Ziel, den Patienten zu stabilisieren und möglichst zeitnah der Intensivtherapie zuzuführen [5, 11, 16, 19, 20, 24, 28]. Die Patienten mit einer Notoperation hatten Zeichen einer ausgeprägten azidotischen Stoffwechsellage (BE −7,3 mmol/l) und benötigten häufig eine Massentransfusion (mindestens 10 EK in 39% der Fälle), womit 2 der 3 Bestandteile der „tödlichen Trias“ in diesen Daten dokumentiert sind.

Der Traumapatient ist in der Regel hypotherm [27], womit alle Vorraussetzungen für eine weitere Entgleisung des Gerinnungssystems und somit einer unkontrollierbaren Blutung gegeben sind. Es ist aus zahlreichen Studien und darauf basierenden systematischen Literaturanalysen bekannt, dass die Anwendung von Damage-control-Techniken zumindest für das Abdominaltrauma eine signifikante Senkung der Mortalität gebracht hat [11, 19, 24, 28]. Es ist jedoch fraglich, ob diese Techniken und operationstaktischen Überlegungen in der Tat in allen Traumazentren angewendet werden. Zum einen unterscheiden sich diese Ansätze z. T. vom Vorgehen in der elektiven Chirurgie, womit ein Umdenken beim Traumapatienten stattfinden muss. Zum anderen handelt es sich um sehr seltene Situationen. Nur 5% aller Schockraumversorgungen schwerverletzter Patienten enden in einer Notoperation.

Ärztliche Ausbildung

Ein durchschnittliches Traumazentrum in Deutschland leistet ca. 100 Schockraumversorgungen pro Jahr. Das bedeutet 5 Notoperationen pro Jahr pro Traumazentrum. Unter der Annahme, dass ein solches Traumazentrum im Wechsel von 5 verantwortlichen Chirurgen geleitet wird, wird jeder Schockraumleader im Schnitt einmal/Jahr mit einer solchen Situation konfrontiert. Bei dieser Frequenz kann man nicht von Routine sprechen, womit sich die Frage nach einer standardisierten Ausbildung für solche Situation ergibt. Das Kursformat „Definitive Surgical Trauma Care“ (DSTC™) der International Association of Trauma Surgery and Intensive Care (IATSIC) – ein international vor über 10 Jahren etabliertes und im Jahr 2008 erstmals in Deutschland durchgeführtes Programm – greift diese Thematik auf [2].

Es wäre jedoch zu einfach, die Kompetenz in Notfalloperationen auf die Diskussion einer Fallzahl zu reduzieren. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, welche Person für diese Art von Chirurgie zuständig ist. Als Schockraumteamleader in Deutschland sind in der Regel Unfallchirurgen oder möglicherweise Anästhesisten tätig [3, 15, 25]. Anästhesisten können wegen der fehlenden operativen Ausbildung weder in die Entscheidungsfindung noch in eine Notoperation eingreifen. Die Auflistung der Art der einzelnen Notfalleingriffe zeigt aber schon, dass entweder ein breit aufgestellter „Generalist“ oder ein gut funktionierendes und kommunizierendes interdisziplinäres Team das Problem lösen kann. Es muss die Aufgabe des Traumateamleaders bleiben, die Gesamtsituation des Schwerverletzten zu analysieren und in diesem Zusammenhang gerade in der Notoperation auch die Indikation zu einem Damage-control-Vorgehen zu stellen. Von dem Spezialisten des jeweiligen Organsystems, der die operationstechnischen Anforderungen bei einer solchen Notoperation am besten erfüllt, darf man nicht erwarten, dass er die gesamte Komplexität der Polytraumaversorgung überschaut. Daher ist es für große Traumazentren wünschenswert, wenn akute operative Notfallsituationen vom umfassend ausgebildeten Unfallchirurgen zusammen mit dem jeweiligen Spezialisten durchgeführt werden. Für weniger große Zentren und Krankenhäuser einer niedrigeren Versorgungsstufe ist dieses Problem ungelöst.

Fazit für die Praxis

Hämodynamisch nicht stabilisierbare Patienten (Nonresponder) bedürfen einer unverzüglichen operativen Blutungskontrolle, was zum Abbruch der Schockraumdiagnostik führt. Darüber hinaus kann die raumfordernde intrakranielle Blutung zum Abbruch der Diagnostik führen. Der häufigste Grund für eine unkontrollierte Blutung ist die abdominelle Verletzung. Insgesamt ist der Notfalleingriff vor Abschluss der regelhaften Diagnostik beim Schwerstverletzten in Deutschland ein eher seltenes Ereignis. Für den einzelnen Chirurgen aber stellt dies eine herausfordernde Situation sowohl im Hinblick auf die Operationstaktik als auch auf die Durchführung selbst dar. Eine enge interdisziplinäre Kooperation und Ausbildungskonzepte sind im Zeitalter zunehmender Spezialisierung unverzichtbar.