Leserbrief

V. Rosival

SYNLAB, Abteilung für Laboratoriumsmedizin, Dérer-Krankenhaus, Bratislava, Slowakei

Zur Nieden und Conrad [3] berichten über die erfolgreiche Behandlung von 2 komatösen Patientinnen mit schwerer Laktatazidose. Nach ihren Angaben ist die Sterblichkeit der Laktatazidose 50–80% (S. 1278), die Patienten sterben im persistierenden Koma. In der ausführlichen Diskussion wurde jedoch von den Autoren die Problematik des tödlichen Komas kaum erörtert. Somit bleibt unklar, was von der umfangreichen Therapie für den lebensrettenden Erfolg ausschlaggebend war.

Die unmittelbare Ursache des Komas ist laut Edge et al. [2] niedriger Blut-pH-Wert (= hohe Konzentration von Wasserstoffionen H+). Zur Nieden und Conrad berichten zur metabolischen Azidose „Beeinträchtigt werden u. a. die Aktivität von Enzymen, Rezeptoren, Transmittern und Transportproteinen“ (S. 1279). Die Schlüsselrolle spielt dabei das glykolytische Enzym Phosphofruktokinase, das pH-abhängig ist [7]: Mit sinkendem pH-Wert sinkt auch seine Aktivität und dadurch wird die Glukoseutilisation in den Gehirnzellen gehemmt bis unmöglich gemacht. Die klinischem Folgen von sinkendem Blut-pH-Wert sind deshalb Somnolenz – Sopor – Koma – Tod im Koma. Bei beiden Patientinnen wurde der Blut-pH-Wert innerhalb von 10–14 h normalisiert (Abb. 2). Es wird nicht genau berichtet, wann die Patientinnen das normale Bewusstsein wiedererlangt haben, jedenfalls wäre es interessant zu erfahren, wie der Blut-pH-Wert zu diesem Zeitpunkt war.

Das Laktatanion an sich hat bei der Pathogenese des Komas keine Bedeutung: Weltweit werden Infusionen von Ringerlaktat verabreicht, ohne Berichte über Laktatintoxikation mit Bewusstseinsstörungen.

Abschließend kann man feststellen, dass bei komatösen Patienten mit Laktatazidose die lebensrettende Maßnahme die Normalisierung des niedrigen Blut-pH-Werts ist, egal ob es mit einem Dialyseverfahren erzielt wird (wie bei zur Nieden und Conrad) oder durch Infusionen von alkalisierenden Lösungen (wie z. B. [1]). Hauptsache ist, dass es so schnell wie möglich geschieht.

Korrespondenzadresse

Dr. Viktor Rosival

SYNLAB, Abteilung für Laboratoriumsmedizin, Dérer-Krankenhaus

Limbová 5

83305 Bratislava

Slowakei

rosivalv@hotmail.com

Erwiderung

Die Anmerkungen von Dr. Rosival ergänzen die klinischen Fallberichte um wertvolle biochemische Details. Dr. Rosival konnte mit seinen Arbeiten in den vergangenen Jahren eindrücklich die Rolle des Komas sowie der umstrittenen Gabe von Bikarbonat bei der diabetischen Ketoazidose unterstreichen [4, 5, 6].

Das Koma infolge der schweren Azidose muss als führendes klinisches Symptom auch im Falle unserer Berichte über Laktatazidosen unter Metformintherapie herausgestellt werden. Bei beiden Patientinnen wurde es jedoch von einem eindrucksvollen Multiorganversagen begleitet, das Tage nach Ausgleich der Azidose hinaus anhielt.

Entscheidender Faktor der schweren Erkrankung ist die Azidose, deren Beseitigung oberste Therapiepriorität hat. Im Falle einer metformininduzierten Laktatazidose scheint die Hämodialyse einer alleinigen alkalisierenden Lösung [1] überlegen, da rasch sowohl Protonen als auch Metformin (als auslösende Noxe) selbst eleminiert werden.

Die Frage des Bewusstseinszustands unmittelbar nach Ausgleich der Azidose bleibt offen, da der kritisch instabile Zustand in beiden Fällen eine rasche Extubation über mehrere Tage verhinderte.

Korrespondenzadresse

Dr. Tim zur Nieden

Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie

Klinikum Esslingen

Hirschlandstraße 97

73730 Esslingen am Neckar

tim.zurnieden@web.de