Die chronische Rhinosinusitis (CRS) ist eine persistierende Entzündung der Schleimhaut von Nase und Nasennebenhöhlen (NNH) mit einer Prävalenz von ca. 5–12 % in der Allgemeinbevölkerung [1,2,3,4]. Sie ist verbunden mit erheblichen sozioökonomischen Kosten für die Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften [1,2,3,4,5]. Bei endoskopischem und/oder radiologischem Nachweis von polypös-hyperplastischem Gewebe in Nasenhaupthöhle (NHH) und/oder NNH bezeichnet man die Erkrankung als Polyposis nasi bzw. CRS mit Nasenpolypen (CRSwNP) [5,6,7]. Die Polypen bei der CRSwNP weisen eine hohe Rezidivrate auf. Nach chirurgischer Entfernung mittels Nasennebenhöhlenoperation (NNH-Op.) sind innerhalb von 12 Monaten bei ca. 40 % der Patienten erneut Polypen nachweisbar [5]. Betrachtet man einen Zeitraum von 12 Jahren, tritt bei bis zu 80 % der Patienten eine Rezidivpolyposis auf, auch wenn viele dieser Patienten eine Dauertherapie mit intranasalen Kortikosteroiden (INCS) und eine zeitweilige Gabe von systemischen Kortikosteroiden (SCS) erhalten [5].

Eine längerfristige Gabe von SCS scheidet oftmals aus aufgrund der erheblichen und bedeutsamen unerwünschten Wirkungen [8].

Die CRSwNP ist eine immunologische Erkrankung der Schleimhäute von Nase und NNH, die durch verschiedene inflammatorische Endotypen gekennzeichnet ist und durch gezielte Intervention in das Entzündungsgeschehen behandelt werden kann („Präzisionsmedizin“) [9, 10]. Die Typ-2-Inflammation ist charakterisiert durch eine eosinophile Entzündung, verbunden mit dem Nachweis von TH2-Zytokinen wie Interleukin (IL)-4, IL‑5, IL-10 und IL-13 [10,11,12].

Die Standard-Pharmakotherapie der Typ-2-Inflammation bei der CRSwNP besteht aus INCS [5, 13,14,15].

Im Bedarfsfall werden über einen kurzen Zeitraum (i. d. R. nicht länger als 3 Wochen) auch SCS verordnet [16, 17]. Ergänzend werden Langzeit-Antibiotika [5] und/oder eine adaptive ASS-Desaktivierungsbehandlung eingesetzt [16,17,18,19,20]. Eine NNH-Op. ist indiziert, wenn die Pharmakotherapie nicht zur Kontrolle der CRSwNP führt [21,22,23].

In den vergangenen Jahren wurden mehrere Biologika entwickelt, die an unterschiedlichen Stellen in immunologische Mechanismen der chronischen Schleimhautentzündung eingreifen. Eine erste Zulassung für diese Indikation erfolgte in Europa durch Beschluss der Europäischen Kommission am 24.10.2019 für den IL-4-/IL-13-Antikörper Dupilumab. Dupilumab bindet an die Alpha-Untereinheit des Interleukin-4-Rezeptors, wodurch die IL-4-/IL-13-Signalwege und damit die TH-2-Entzündung gehemmt werden [24, 25]. Der Wirkstoff Dupilumab (Dupixent®) wird unter dem ATC-Code (Anatomisch-Therapeutisch-Chemischer Code) D11AH05 geführt. Dupilumab ist ein rekombinanter, humaner, monoklonaler IgG4-Antikörper, der die Signalwege von IL‑4 und IL-13 hemmt. Durch die Blockade der IL-4-Rezeptor-alpha-Kette wird sowohl der IL-4-Signalweg über den Typ-I-Rezeptor (IL-4Rα/γc) als auch der IL-4-/IL-13-Signalweg über den Typ-II-Rezeptor (IL-4Rα/IL-13Rα) durch Dupilumab gehemmt. IL‑4 und IL-13 sind wichtige Treiber von humanen Erkrankungen, denen eine Typ-2-Inflammation zugrunde liegt, wie atopische Dermatitis (AD), Asthma und CRSwNP, weshalb Dupilumab für eine Therapie dieser Erkrankungen zugelassen wurde ([26]; Tab. 1 und 2).

Tab. 1 Zugelassene Anwendung bei chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP)
Tab. 2 Weitere in Deutschland zugelassene Anwendungsgebiete für Dupilumab

Therapie der CRSwNP mit Biologika

Bei schweren Verlaufsformen der CRSwNP führen die Standard-Pharmakotherapie oder/und ein chirurgischer Eingriff häufig nicht zu einer langfristigen Verbesserung der Symptomatik. Für diese „therapieresistenten“ Patienten wird Dupilumab bei Erwachsenen als Langzeittherapie zusätzlich zu INCS eingesetzt, wenn die Erkrankung mit SCS und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Die relevanten deutschen Gesellschaften haben sich in einem Positionspapier auf eine sachgerechte Indikationsstellung geeinigt [26].

Die Dosierempfehlung liegt für Erwachsene bei 300 mg Dupilumab in 2‑wöchigen Intervallen [25]. Bei Nichtansprechen der Therapie nach 24 Wochen ist ein Abbruch der Behandlung zu erwägen. Für Patienten unter 18 Jahren ist Dupilumab in der Indikation CRSwNP derzeit nicht zugelassen. Empfehlungen hinsichtlich Dosisanpassung nach Alter oder Gewicht liegen für die CRSwNP nicht vor [25, 27, 28].

Nach §35a Absatz 1 SGB V bewertet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung. Gemäß dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) wird im AMNOG-Verfahren ein möglicher „Zusatznutzen“ innovativer Medikamente bestimmt, der über einen möglichen Preis für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mitentscheidet und gleichzeitig den verschreibenden Ärzten eine höhere Verordnungssicherheit gibt. Pharmazeutische Hersteller müssen im AMNOG-Verfahren bei der Markteinführung und bei jeder Indikationserweiterung eines Medikaments Nachweise über dessen Zusatznutzen für die Patienten vorlegen. Dieses Verfahren wurde für Dupilumab bei der schweren CRSwNP am 14.05.2020 abgeschlossen.

Was ist der G‑BA?

Der G-BA ist in Deutschland das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung. Während der Staat die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Aufgaben der Versorgung im Gesundheitswesen vorgibt, bestimmt die Selbstverwaltung die konkrete Ausgestaltung, und der G‑BA legt fest, welche medizinischen Leistungen gesetzlich Versicherte erhalten. Seine Richtlinien sind für die GKV bindend und somit entscheidet er über die Verwendung von mehreren Hundert Milliarden Euro in der GKV. Zentrales Entscheidungsgremium des G‑BA ist das Plenum, in dem insgesamt 13 Vertreter von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen sitzen. Es tagt in der Regel 2‑mal im Monat. Der G‑BA untersteht der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit. Patientenvertreter aus vier bundesweiten Organisationen haben im G‑BA ebenfalls Mitberatungs- und Anhörungs-, aber kein Stimmrecht. Die Aufgaben des G‑BA sind im Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert und betreffen viele Bereiche – von Qualitätsstandards in Krankenhäusern über ärztliche Behandlungsmethoden bis hin zur Versorgung mit Arzneimitteln. Für Letzteres ist er zentral beteiligt am sog. AMNOG-Verfahren, in welchem der G‑BA über den Zusatznutzen neuer und innovativer Medikamente entscheidet. Diese Bewertung ist Grundlage für die nachfolgenden Preisverhandlungen und die Festlegung des Erstattungsbetrags für das innovative Arzneimittel in der GKV.

Das AMNOG-Verfahren

Am 1. Januar 2011 trat das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) in Kraft, dessen erklärtes Ziel es ist, die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen einzudämmen. Hierbei soll das AMNOG eine Balance schaffen zwischen Innovation und Bezahlbarkeit von Medikamenten, indem ein „Zusatznutzen“ innovativer Medikamente bestimmt wird, der über einen möglichen Preis für die GKV mitentscheidet und gleichzeitig verlässliche Rahmenbedingungen für Innovationen setzt. Seit in Kraft treten des AMNOG müssen pharmazeutische Hersteller sofort bei der Markteinführung und bei jeder Indikationserweiterung eines Medikaments Nachweise über dessen Zusatznutzen für Patienten vorlegen. Welche Nachweise in dem Verfahren konkret eingereicht werden müssen, legt der G‑BA für das jeweilige Medikament fest. Der G‑BA entscheidet auch, ob und welcher Zusatznutzen dem neuen Arzneimittel zugesprochen wird.

Entscheidet der G‑BA, dass für ein neues Arzneimittel der Zusatznutzen nicht belegt ist, wird dafür nach Möglichkeit ein Festbetrag festgesetzt. Ist dies nicht möglich, weil es keine weiteren pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittel gibt, muss der Hersteller mit der GKV einen Erstattungsbetrag vereinbaren, der zu keinen höheren Kosten gegenüber der Vergleichstherapie führen darf.

Für Arzneimittel mit belegtem Zusatznutzen werden die Preise auf Basis der Bewertung des Zusatznutzens zwischen dem pharmazeutischen Unternehmen und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) ausgehandelt. Konkret verhandeln beide einen Erstattungsbetrag, der dem „Wert“ des innovativen Arzneimittels entsprechen soll. Können sich pharmazeutisches Unternehmen und GKV‑SV nicht auf einen Preis einigen, entscheidet eine AMNOG-Schiedsstelle.

Für die pharmazeutischen Unternehmen bedeutet dies, dass sie Preise für innovative Arzneimittel nicht mehr nach eigenem Ermessen festlegen können. In direkten Verhandlungen soll ein fairer Ausgleich zwischen dem jeweiligen Arzneimittelhersteller und den gesetzlichen Krankenkassen gefunden werden. Innerhalb eines Jahres nach Markteinführung eines neuen Arzneimittels sollen beide Seiten den Erstattungsbetrag verhandeln, zu dem der Hersteller das Arzneimittel abgibt. Dieser Betrag gilt auch für die Privatversicherten und die Selbstzahler.

Ein Zusatznutzen eines Arzneimittels besteht, wenn der patientenrelevante therapeutische Effekt (der „Nutzen“) höher ist als der einer vergleichbaren Therapie (die „zweckmäßige Vergleichstherapie“).

Weitere Vorteile des Arzneimittels stuft der Gesetzgeber mit „erheblich“, „beträchtlich“ und „gering“ ein. Der Zusatznutzen kann auch als „nicht quantifizierbar“ bewertet werden, wenn die Datenlage nicht ausreicht. „Zusatznutzen nicht belegt“ wird vergeben, wenn dieser auf Basis der vorgelegten Daten nicht belegt werden konnte. Auch kann es vorkommen, dass der Zusatznutzen als „geringer“ bewertet wird als der Nutzen der Vergleichstherapie.

Aufgrund der vom Hersteller gelieferten Daten wird die Ergebnissicherheit des belegten Zusatznutzens bewertet. Dabei erfolgt eine Abstufung zwischen „Beleg“, „Hinweis“ oder „Anhaltspunkt“ für einen Zusatznutzen. Ein „Beleg“ hat die höchste und ein „Anhaltspunkt“ die schwächste Aussagekraft. Ob eine Ergebnissicherheit als hoch, mittel oder schwach eingestuft wird, hängt beispielsweise davon ab, wie viele Studien zugrunde liegen, ob sie randomisiert sind, wie viele der Ergebnisse statistisch signifikant waren oder wie hoch das Verzerrungspotenzial (Bias) ist.

Zweckmäßige Vergleichstherapie ist diejenige Therapie, deren Nutzen mit dem Nutzen des zu bewertenden Arzneimittels verglichen wird. Näheres hierzu findet sich in der Verfahrensordnung des G‑BA. Die zweckmäßige Vergleichstherapie ist regelhaft zu bestimmen nach Maßstäben, die sich aus den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin ergeben. Diese Behandlung muss sich in der praktischen Anwendung bereits bewährt haben und insgesamt zum Standard in dem Anwendungsgebiet zählen. Die zweckmäßige Vergleichstherapie muss eine nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zweckmäßige Therapie im Anwendungsgebiet sein, vorzugsweise eine Therapie, für die Endpunktstudien vorliegen und die sich in der praktischen Anwendung bewährt hat, soweit nicht Richtlinien oder das Wirtschaftlichkeitsgebot dagegen sprechen. Als Vergleichstherapie können auch nichtmedikamentöse Verfahren herangezogen werden, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen.

Bei der Bestimmung der Vergleichstherapie sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. 1.

    Sofern als Vergleichstherapie eine Arzneimittelanwendung in Betracht kommt, muss das Arzneimittel grundsätzlich eine Zulassung für das Anwendungsgebiet haben.

  2. 2.

    Sofern als Vergleichstherapie eine nichtmedikamentöse Behandlung in Betracht kommt, muss diese im Rahmen der GKV erbringbar sein.

  3. 3.

    Als Vergleichstherapie sollen bevorzugt Arzneimittelanwendungen oder nichtmedikamentöse Behandlungen herangezogen werden, deren patientenrelevanter Nutzen durch den G‑BA bereits festgestellt ist.

  4. 4.

    Die Vergleichstherapie soll nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur zweckmäßigen Therapie im Anwendungsgebiet gehören.

  5. 5.

    Bei mehreren Alternativen ist die wirtschaftlichere Therapie zu wählen, vorzugsweise eine Therapie, für die ein Festbetrag gilt.

Für Arzneimittel einer Wirkstoffklasse ist unter Berücksichtigung der genannten Kriterien die gleiche zweckmäßige Vergleichstherapie heranzuziehen, um eine einheitliche Bewertung zu gewährleisten. Die zweckmäßige Vergleichstherapie muss auch geeignet sein für Bewertungen von Arzneimitteln auf Veranlassung des G‑BA nach §35a Absatz 6 SGB V, die vor dem 1. Januar 2011 in den Verkehr gebracht worden sind.

Zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie kann ein Beratungsgespräch mit dem G‑BA stattfinden.

Rechtsgrundlage

Nach §35a Absatz 1 SGB V bewertet der G‑BA den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung. Die Nutzenbewertung erfolgt aufgrund von Nachweisen des pharmazeutischen Unternehmers, die er einschließlich aller von ihm durchgeführten oder in Auftrag gegebenen klinischen Prüfungen spätestens zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens als auch der Zulassung neuer Anwendungsgebiete des Arzneimittels an den G‑BA elektronisch zu übermitteln hat, und die insbesondere folgenden Angaben enthalten müssen:

  1. 1.

    zugelassene Anwendungsgebiete,

  2. 2.

    medizinischer Nutzen,

  3. 3.

    medizinischer Zusatznutzen im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie,

  4. 4.

    Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht,

  5. 5.

    Kosten der Therapie für die GKV,

  6. 6.

    Anforderung an eine qualitätsgesicherte Anwendung.

Der G‑BA kann das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Nutzenbewertung beauftragen. Die Bewertung ist nach §35a Absatz 2 SGB V innerhalb von drei Monaten nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Einreichung der Nachweise abzuschließen und im Internet zu veröffentlichen.

Nach §35a Absatz 3 SGB V beschließt der G‑BA über die Nutzenbewertung innerhalb von drei Monaten nach ihrer Veröffentlichung. Der Beschluss ist Teil der Arzneimittel-Richtlinie.

Festlegung der zweckmäßigen Vergleichstherapie für Dupilumab in der Indikation CRSwNP

Am 01.07.2019 fand unter der Vorgangsnummer 2019-B-093 ein Beratungsgespräch gemäß § 8 Abs.  1 Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) beim G‑BA statt. Dabei wurde eine Therapie mit topischen, INCS mit Budesonid oder Mometasonfuroat als zweckmäßige Vergleichstherapie für CRSwNP benannt.

Ergebnisse

Medizinischer Nutzen, medizinischer Zusatznutzen von Dupilumab bei CRSwNP

Für die Nutzenbewertung von Dupilumab bei Patienten mit schwerer CRSwNP wurden die Studien SINUS-24 und SINUS-52 als relevante Studien identifiziert.

Bei SINUS-24 und SINUS-52 handelt es sich um randomisierte doppelblinde kontrollierte multizentrische Phase-III-Studien. Die Dauer der randomisierten Behandlungsphase betrug 24 Wochen (SINUS-24) bzw. 52 Wochen (SINUS-52). In beiden Studien wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Dupilumab als Add-on-Therapie zu INCS zur Behandlung von Erwachsenen (≥18 Jahre) mit schwerer CRSwNP, die mit SCS und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann, im Vergleich zu INCS untersucht. Es wurde eine Metaanalyse auf Grundlage individueller Patientendaten (IPD) aus SINUS-24 und SINUS-52 zu Woche 24 durchgeführt.

Die Ergebnisse dieser Metaanalyse für die in den Studien erhobenen Einzelparameter sind in Tab. 3 zusammengefasst.

Tab. 3 Zusammenfassung der Ergebnisse aus den RCT mit Dupilumab bei CRSwNP (IPD-Metaanalyse aus SINUS-24 und SINUS-52 zu Woche 24)

Die Nutzenbewertung von Dupilumab zur Behandlung von Patienten mit schwerer CRSwNP beruhte auf dieser IPD-Metaanalyse der beiden Studien SINUS-24 und SINUS-52 zu Woche 24. Da es sich bei den Studien SINUS-24 und SINUS-52 um randomisierte kontrollierte doppelblinde multizentrische Vergleichsstudien handelt, entsprechen diese der Evidenzstufe Ib. Die IPD-Metaanalyse dieser Studien entspricht der Evidenzstufe Ia. Die Studien weisen sowohl endpunktübergreifend als auch in allen patientenrelevanten Endpunkten ein niedriges Verzerrungspotenzial auf und besitzen somit eine hohe Aussagekraft. Infolgedessen wurde bei homogenen Ergebnissen und statistischer Signifikanz in der IPD-Metaanalyse für den jeweiligen Endpunkt ein Beleg für einen Zusatznutzen abgeleitet.

Die Beurteilung des Ausmaßes des Zusatznutzens von Dupilumab erfolgte gemäß der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) §5 Abs. 7 und ist in Tab. 4 dargestellt. Die Schwere der jeweiligen Symptome sowie das Ausmaß der Verbesserung wurden hierbei in die Beurteilung einbezogen.

Tab. 4 Wahrscheinlichkeit und Ausmaß des Zusatznutzens von Dupilumab als Add-on-Therapie zu INCS bei Erwachsenen mit schwerer CRSwNP (Quelle: IQWiG-Berichte – Nr. 890 Dupilumab (chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen) –Nutzenbewertung gemäß §35a SGB V)

In der Gesamtbetrachtung aller Endpunkte zeigte die IPD-Metaanalyse für Dupilumab als Add-on-Therapie mit INCS in allen untersuchten Morbiditätsendpunkten eine statistisch signifikante und gegenüber der Zweckmäßigen Vergleichstherapie bisher nicht erreichte große Verbesserung. Die Überlegenheit von Dupilumab umfasste das gesamte Spektrum der klinischen Manifestationen der CRSwNP. So wurde unter Dupilumab die weitgehende und langfristige Freiheit von schwerwiegenden krankheitsspezifischen Symptomen wie nasaler Kongestion/Obstruktion, Rhinorrhö und Verlust des Riechvermögens erreicht. Die Betrachtung der einzelnen Items des SNOT-22 verdeutlicht, dass sich diese umfassende Verbesserung der Symptomatik auch in einer signifikanten Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität widerspiegelt. Darüber hinaus konnte der Bedarf für eine SCS-Therapie sowie die Notwendigkeit einer NNH-Op. unter Dupilumab deutlich reduziert werden. Die Wirksamkeitsdaten zu Woche 24 und 52 zeigten eine langanhaltende und konstante Wirksamkeit von Dupilumab + INCS.

Gemessen an den Gesamtraten der unerwünschten Ereignisse zeichnet sich Dupilumab gleichzeitig als systemische Add-on-Therapie mit INCS im Vergleich zu INCS allein durch ein sehr gutes Sicherheitsprofil aus.

Das AMNOG-Verfahren dient u. a. der Kosteneinsparung bzw. dem effizienten Einsatz finanzieller Ressourcen in der GKV in Deutschland. Demnach sollte die nun abgeschlossene G‑BA-Bewertung auch beurteilen, welche Kosten durch den Einsatz von Dupilumab bei Patienten mit schwerer CRSwNP für die GKV in Deutschland entstehen. Hierzu wurde zunächst geschätzt, für wie viele Erwachsene mit schwerer CRSwNP, deren Erkrankung mit SCS und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann, Dupilumab infrage kommt und einen erheblichen Zusatznutzen beinhaltet. Die Zahl wurde auf 10.500 bis 12.572 Patienten geschätzt. Bei Jahrestherapiekosten pro Patient von etwa 1.898.507 € ist somit von Jahrestherapiekosten für die GKV insgesamt von 199.343.235 € bis 238.680.300 € auszugehen.

Für die zweckmäßige Vergleichstherapie Mometasonfuroat sind bei Jahrestherapiekosten pro Patient von 126,34 € bis 252,68 € somit von Jahrestherapiekosten für die GKV insgesamt von 1.326.570 € bis 3.176.693 € auszugehen, für Budesonid bei Jahrestherapiekosten pro Patient von 151,60–210,02 € von Jahrestherapiekosten für die GKV insgesamt von etwa 1.591.800 € bis 2.640.371 €. Zusätzlich notwendige GKV-Leistungen wie NNH-Operationen, SCS und andere Leistungen sind in dieser Berechnung nicht berücksichtigt, da sie patientenindividuell unterschiedlich ausfallen können.

Diskussion und Zusammenfassung

Derzeit existiert keine einheitliche Einteilung der Schweregrade der CRSwNP. Das europäische Positionspapier zu Rhinosinusitis und Nasenpolypen (EPOS) schlägt eine Einteilung der Symptomschwere der CRSwNP mithilfe endoskopischer Beurteilung und der rhinosinusitisspezifischen visuellen Analogskala (VAS), auf der die Patienten ihre Symptomschwere von 0 (gar nicht belastend) bis 10 (sehr stark belastend) angeben [5]. Laut EPOS indiziert ein VAS-Score von 0 bis 3 eine leichte, ein Score von > 3 bis 7 eine mittelschwere und ein Score > 7 bis 10 eine schwere Ausprägung der Rhinosinusitissymptome [5].

Neben der Symptomschwere sind für die Einschätzung des Schweregrads der CRSwNP weitere Krankheitscharakteristika wie die Ausprägung der Nasenpolypen, die Beeinträchtigung der Lebensqualität, das Vorliegen von Komorbiditäten wie Asthma und/oder N‑ERD sowie die vorherige Therapie mit SCS und/oder NNH-Op. relevant [26].

Nach Ansicht der Autoren besteht ein therapeutischer Bedarf über die zuvor vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten hinaus. Insbesondere die aktuelle COVID-19-Pandemie hat Situationen aufgezeigt, in denen eine Therapie mit SCS nicht sinnvoll erscheint oder operative Eingriffe nicht durchführbar sind [29,30,31].

Die Zielpopulation ergibt sich aus der Fachinformation von Dupilumab (Dupixent®) gemäß dem zugelassenen Anwendungsgebiet: Dupilumab (Dupixent®) ist angezeigt als Add-on-Therapie mit INCS zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP, die mit SCS und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann.

Für diese Patienten gab es nach bisherigem Stand der medizinischen Forschung keine zugelassenen kurativen Therapieoptionen, die zielgerichtet in die Krankheitsursache eingreift. Hier erschien eine Nutzenbewertung für Dupilumab in dieser Indikation und Durchführung eines AMNOG-Verfahrens ausgesprochen sinnvoll.

In der Gesamtabwägung ergab sich aus der unter Dupilumab erzielten weitgehenden und langfristigen Freiheit von schwerwiegenden Symptomen eine nachhaltige und gegenüber der Zweckmäßigen Vergleichstherapie bisher nicht erreichte große Verbesserung des therapierelevanten Nutzens im Sinne der AM-NutzenV.

Bei gleichzeitig sehr gutem Sicherheitsprofil wurde vom IQWiG somit ein Beleg für einen nichtquantifizierbaren, mindestens beträchtlichen Zusatznutzen von Dupilumab als Add-on-Therapie mit INCS im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie abgeleitet, bei jedoch zu erwartenden erheblichen Zusatzkosten für die GKV, der G‑BA aber trotz Vorliegen von Daten der höchsten Evidenzgüte, einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen sieht.

Dupilumab ist somit als erstes zugelassenes Biologikum im Anwendungsgebiet eine überaus wichtige neue Therapieoption für die Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP, bei denen durch SCS und/oder NNH-Op. keine ausreichende Krankheitskontrolle erreicht werden kann und für die bisher keine weiteren Therapieoptionen zur Verfügung standen.