Elektrophysiologische und psychoakustische Untersuchungen zur binauralen Signalverarbeitung normalhörender Erwachsener

Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung. Zur Untersuchung binauraler Hörleistungen, die u. a. das Richtungshören beinhalten, gibt es bislang wenig validierte, klinisch einsetzbare Verfahren.Eine anwendbare elektrophysiologische Methode ist die Erfassung der sog. binauralen Differenzpotenziale (BDP) auf Hirnstammebene.

Patienten/Methodik. Das BDP ist definiert als die Differenz zwischen der Reizantwort bei binauraler Stimulation und der Summe der Reizantworten bei jeweils monauraler Reizdarbietung.Im Rahmen einer konventionellen Ableitung der frühen akustisch evozierten Potenziale (FAEP) wurde die Registrierbarkeit und Langzeitstabilität des BDP an einem Kollektiv von 24 normalhörenden Erwachsenen untersucht. Darüber hinaus wurde der Einfluss der interauralen Laufzeitdifferenz (“interaural time difference”, ITD) auf die Latenzen und Amplituden der BDP erfasst.Zusätzlich wurden psychoakustische Untersuchungen zum Richtungshören in der Medianebene mit einem adaptiven Verfahren durchgeführt.

Ergebnisse. Bei fast allen Probanden waren sämtliche Komplexe des binauralen Differenzpotenzials erfassbar und zeigten eine gute Test-Retest-Stabilität.

Die zeitlichen Verzögerungen, die subjektiv den Eindruck einer Lateralisierung des Signals vermitteln,hatten einen deutlichen Einfluss auf die Interpeaklatenzen und Amplituden des BDP.

Schlussfolgerungen. Binaurale Differenzpotenziale, die zumindest bei normalhörenden Versuchspersonen sicher und stabil registriert werden können, zeigen gewisse Zusammenhänge zu psychoakustischen Messungen der Lateralisierung und können der objektiven Erfassung binauraler Hörleistungen dienen.

Abstract

Background and objective. At present, only a small number of validated, clinically usable methods for the assessment of binaural hearing capabilities exist.A proposed electrophysiological measure is the registration of the brainstem-based binaural difference potenzials (BDP).

Patients/methods. The BDP is calculated as the difference between the binaurally evoked registration and the sum of the two monaural registrations.Detection and stability of the BDP were examined in 24 normally hearing adults within the framework of conventional registration of auditory brainstem responses. Furthermore, the influence of interaural time differences (ITD) on the BDP was determined. In addition, lateralization of the subjects was assessed using a psychoacoustical method.

Results. The components of the BDP could be detected in almost all of the subjects. Moreover, they showed sufficient test-retestreliability. The impact of ITD,which causes lateralization of the stimulus,was clearly detectable for the latencies and the amplitudes of the BDP.

Conclusions. Binaural difference potenzials, which are easily and reliably detectable reveal a relationship to the outcome of psychoacoustical assessment of lateralization and have the potenzial to provide a measure for binaural hearing capacity.