Einleitung

Die Leptospirose ist eine weltweit bedeutende Zoonose mit geschätzt einer Million Humanfällen pro Jahr [1]. Obwohl die Leptospirose in tropischen und subtropischen Ländern die höchsten Inzidenzen aufweist, zeigt sich ein geringes, jedoch konstantes Vorkommen auch in Ländern mit gemäßigtem Klima. Laut Schätzungen erkranken in Europa jährlich ca. 24.000 Menschen an einer Leptospirose, wobei 5 % der Fälle tödlich enden [1].

Leptospiren gehören zu der Familie der Spirochäten und weisen eine charakteristische spiralförmige, an den Enden kleiderhakenähnlich gebogene Form auf. Sie sind circa 6–20 µm lange und im Durchmesser circa 0,1 µm dicke, gramnegative Bakterien [2]. Ursprünglich wurden die Leptospiren anhand ihrer serologischen Eigenschaften in apathogene, saprophytische Leptospira biflexa und pathogene Leptospira interrogans mit mindestens 300 Serovaren (Variationen, die mit serologischen Tests unterscheidbar sind) eingeteilt [2]. Die aktuelle Taxonomie basiert auf molekulargenetischen Unterschieden und differenziert mindestens 22 verschiedene pathogene, intermediäre oder apathogene Genomospezies [3]. Allerdings wird in der Routinediagnostik noch immer die veraltete serologische Klassifizierung parallel zur molekulargenetischen genutzt.

Die Leptospirose ist bei Mensch und Tier eine akut verlaufende Infektionskrankheit, die sehr unterschiedliche Symptome aufweisen kann. Im Gegensatz zum Menschen gibt es bei einer Vielzahl von Tieren auch chronische Verläufe, die mit verringerten Reproduktionsraten und damit ökonomischen Verlusten einhergehen. In Deutschland besteht gemäß § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) seit 2001 eine Meldepflicht für den direkten oder indirekten Labornachweis von humanpathogenen Leptospira spp., sofern dieser auf eine akute Infektion hinweist. Die Leptospirose der Schweine und Schafe ist in Deutschland eine meldepflichtige Tierkrankheit.

Die Übertragung der Leptospiren auf Mensch und Tier erfolgt zumeist durch den direkten oder indirekten Kontakt mit dem Urin infizierter Tiere, z. B. über kontaminierte Gewässer oder Erde. Die Leptospiren gelangen über die Schleimhäute von Auge, Nase und Mund und über kleine Hautverletzungen in den Körper (Abb. 1). Infektionen von Mensch zu Mensch sind sehr selten. Übertragungen durch Geschlechtsverkehr und transplazentar während der Schwangerschaft mit Fehl- und Totgeburten als Folge sind allerdings beschrieben [4].

Abb. 1
figure 1

Übertragungswege von Leptospiren. Die Ansteckung des Menschen mit Leptospiren erfolgt über Schleimhäute oder kleine Verletzungen. Dies geschieht entweder direkt durch Kontakt mit Urin, Blut oder Gewebe infizierter Tiere oder indirekt z. B. durch urinkontaminiertes Wasser. Wenn berufsbedingt Kontakt zu Reservoirtieren besteht oder das Freizeitverhalten zur Exposition führt (z. B. Wassersport), kann das Infektionsrisiko erhöht sein. Auch Wetterbedingungen (z. B. Niederschlag) können das Infektionsrisiko erhöhen, da warme und feuchte Umgebungsbedingungen das Überleben der Leptospiren in der Umwelt fördern

Leptospiren – Vorkommen bei Tieren und Reservoirwirten

Leptospiren wurden bei einer Vielzahl verschiedener Säugetiere beschrieben, wobei die durchschnittliche Prävalenz bei der Mehrzahl der untersuchten Säugetierfamilien bei etwa 15 % lag [5]. Unterschiedliche Leptospirenserovare sind an bestimmte Tierarten adaptiert. Die für ein Serovar hoch empfänglichen Hauptwirte sind lebenslang infiziert und zeigen meist keine Symptome. Sie fungieren aber durch eine chronische Infektion der Nierentubuli und der dadurch möglichen Ausscheidung von Leptospiren über den Urin als natürliches Reservoir. Nebenwirte haben meist eine deutlich geringere Empfänglichkeit für das Serovar, erkranken jedoch in der Regel schwerer bis hin zum tödlichen Verlauf. Jedes Tier kann zugleich Hauptwirt für ein oder mehrere Serovare und Nebenwirt für andere Serovare sein [2]. Tab. 1 gibt Informationen zur Leptospirose bei ausgewählten Haus- und Nutztieren.

Tab. 1 Informationen zur Leptospirose bei ausgewählten Haus- und Nutztieren [7, 11, 12, 15]

Haustiere

Auch Haustiere können an einer Leptospirose erkranken und eine mögliche Infektionsquelle für Menschen darstellen. In zwei Studien lag die leptospirenspezifische Antikörperprävalenz bei Hunden, die klinische Anzeichen einer Leptospirose aufwiesen, bei 44 % bzw. 48 %. Am häufigsten wurden in Süddeutschland die Serovare Grippotyphosa und Sejroe, in Norddeutschland die Serovare Australis und Copenhageni nachgewiesen. Allerdings wurde nicht zwischen geimpften und ungeimpften Hunden unterschieden, sodass die hohe Seroprävalenz wahrscheinlich nicht ausschließlich auf natürliche Infektionen zurückzuführen ist [6, 7]. In Berlin fanden sich bei erkrankten Hunden vor allem die Serovare Australis (28 %), Grippotyphosa (18 %) und Pomona (14 %; [8]).

Bei Katzen zeigt sich meist keine klinische Manifestation. Dennoch sollte bei einer Antikörperprävalenz von 16–17,9 % auch die Katze als möglicher Überträger von Leptospiren auf den Menschen in Betracht gezogen werden. Waren in Berlin und Brandenburg die Serovare Pomona (48,9 %), Grippotyphosa (15,6 %) und Javanica (11,1 %) vorherrschend, so waren in München und Umgebung die Serovare Australis und Bratislava mit 57,4 % am häufigsten an einer Infektion beteiligt [9, 10].

Nutztiere

Bei einer großflächigen Untersuchung im Jahre 1984 in Deutschland wiesen ca. 1,6 % der Rinder, 1,2 % der Schweine, 14,4 % der Schafe und 0,3 % der Ziegen leptospirenspezifische Antikörper auf [11].

In der Schweinepopulation Deutschlands waren laut Schönberg et al. [11] die häufigsten Serovare Saxkoebing und Grippotyphosa. In der Studie von Strutzberg-Minder et al. (2018) [12], bei der zwischen 2011 und 2016 fast 30.000 Blutproben von Schweinen in Deutschland untersucht wurden, stellte man eine Antikörperprävalenz von 20,2 % fest. Am häufigsten wurden die Serovare Bratislava (11,6 %) und Australis (7,3 %) identifiziert. Laut Tiergesundheitsbericht des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) werden trotz dieser hohen Seroprävalenzen jährlich nur ca. 80 Fälle einer klinischen Leptospirose beim Schwein gemeldet [13].

In einer Studie in bayerischen Rinderbeständen wurde eine Seroprävalenz von 1,5–2,2 % beschrieben [14]. Am häufigsten wurden Antikörper gegen das Serovar Hardjo nachgewiesen (55 %), für welches das Rind den Hauptwirt darstellt. Weitere nachgewiesene Serovare waren Grippotyphosa (18 %), Icterohaemorrhagiae (13 %), Bratislava (8 %) und Canicola (5 %; [14]).

In Deutschland gibt es sowohl für Rinder als auch für Schweine zugelassene Impfstoffe gegen Leptospiren. Wegen der gering geschätzten Impfraten (Rinder <1 %; Schweine <5 %) sind die oben angegebenen Seroprävalenzen jedoch wahrscheinlich, zumindest zum größten Teil, auf natürliche Infektionen zurückzuführen.

Bei Pferden steht das Serovar Grippotyphosa in Verdacht, das ätiologische Agens der Equinen rezidivierenden Uveitis (ERU) zu sein. In einer Studie in Mitteldeutschland wiesen 17,2 % der Warmblutpferde einen positiven Antikörpertiter gegen Leptospiren auf, am häufigsten gegen die Serovare Icterohaemorrhagiae, Bratislava und Grippotyphosa [15]. In einer weiteren Studie in Mitteldeutschland wurden bei Pferden mit ERU vor allem Antikörper gegen die Serovare Grippotyphosa, gefolgt von Icterohaemorrhagiae und Bratislava gefunden. Bei 16 % der Tiere gelang die Isolierung von Leptospiren aus dem Glaskörper. Auch hier war das vorherrschende Serovar Grippotyphosa, aber es konnten ebenfalls die Serovare Bratislava und Pomona isoliert werden [16].

Wildtiere und Hauptreservoirtiere

Eine Vielzahl der heimischen Wildtierarten kann mit Leptospiren infiziert sein. Die größte Bedeutung als Überträger der Erreger auf andere Tiere und den Menschen haben frei lebende Nagetiere und andere Kleinsäuger. Unterschiedliche Nagetierspezies fungieren dabei als Reservoirwirte für verschiedene Serovare [5]. Auch wenn es derzeit nur wenige Studien zur Prävalenz und Leptospirenartenzusammensetzung bei heimischen wild lebenden Kleinsäugern gibt, so zeichnet sich doch ab, dass einige dieser Tierarten (z. B. Waldmaus, Gelbhalsmaus, Rötelmaus) Träger verschiedener Leptospirenarten sind. Bei anderen Tierarten hingegen (Brandmaus, Feldmaus, Erdmaus) wurde bisher nur eine Leptospirenart gefunden, was auf ein unterschiedliches Maß an Wirtsadaptation oder Ökoexposition schließen lässt.

Die Übertragung auf den Menschen kann direkt über den Kontakt mit Nagetieren erfolgen (z. B. Bissverletzungen), häufiger ist jedoch die Infektion über Urin in der Umwelt. Besondere Bedeutung hat hier das Verhalten von Nagetieren, zur Reviermarkierung häufig kleine Urintröpfchen abzugeben, was zur großflächigen Umweltkontamination mit dem Erreger führt [17].

Die ermittelten Prävalenzen und gefundenen Serovare in den verschiedenen Tierarten in Deutschland sind in Tab. 2 dargestellt.

Tab. 2 Nachweis von Leptospiren in verschiedenen Wildtierarten, Deutschland

Bei vielen nagetierübertragenen Pathogenen ist die Prävalenz in Wildtieren hoch dynamisch. Das trifft auch auf Leptospiren zu, deren Prävalenz im Wirt je nach Jahreszeit, Wirtsabundanz, Biodiversität potenzieller Wirte und Nichtwirte und anderen Faktoren stark schwanken kann [18]. Aufgrund der komplexen Struktur von Leptospiragenotypen in Kombination mit der großen Bandbreite an potenziellen Wirten im natürlichen und urbanen Raum sind Prävalenzuntersuchungen in Mitteleuropa zu einem bestimmten Zeitpunkt lediglich ein erster Anhaltspunkt, um die Rolle einer Wildtierart als Wirt einzuschätzen.

Vorkommen der Leptospirose beim Menschen

Seit 2001 wurden in Deutschland pro Jahr 37–166 Leptospirosefälle gemeldet. Mit einer durchschnittlichen Inzidenz von 0,1 Erkrankungen pro 100.000 Personen zwischen 2001–2018 ist die Leptospirose mit überwiegend sporadisch auftretenden Fällen eine seltene Krankheit in Deutschland [19]. Hierzulande handelt es sich um eine saisonale Erkrankung mit Häufungen im Sommer und Frühherbst. Ferner sind unter den gemeldeten Fällen hauptsächlich Männer [20]. Im Durchschnitt sind mehr als drei Viertel der gemeldeten Erkrankungen in Deutschland erworben. Diese lassen sich u. a. auf Expositionen im Zusammenhang mit Wassersportaktivitäten und Haltung von Farbratten als Heimtiere zurückführen. Weitere Risikofaktoren sind Auslandsaufenthalte in tropischen und subtropischen Regionen [21].

In einer Querschnittsstudie aus den Jahren 2008–2009 in Baden-Württemberg wurden bei 4,2 % der Studienteilnehmenden Antikörper gegen Leptospiren nachgewiesen. Bei keinem der Teilnehmenden war eine Leptospirose diagnostiziert worden; allerdings wurden spezifische Antikörper dreimal häufiger (Relatives Risiko (RR) 3,4) bei Personen gefunden, bei denen in der Vergangenheit nieren- und leberspezifische Symptome diagnostiziert worden waren [22]. Daraus wurde extrapoliert, dass etwa 10 % der seropositiven Studienteilnehmenden eine nichtdiagnostizierte Leptospirose durchlaufen hatten. Diese Studie und eine internationale Metaanalyse [1] weisen auf eine hohe Dunkelziffer nichtdiagnostizierter Leptospirosefälle hin.

In einer epidemiologischen Studie zur Auswertung der nach dem Bundesseuchengesetz bundesweit gemeldeten Fälle von 1997–2000 wurde eine geografische Häufung von Leptospirosefällen im Nordosten Deutschlands beschrieben. Dies wurde mit der ausgedehnten Seenlandschaft und einer Häufung des Vorkommens von Wanderratten in der fischverarbeitenden Industrie in Verbindung gebracht [21]. Hierbei ist in Betracht zu ziehen, dass aufgrund der Dunkelziffer die Meldezahlen auch regional unterschiedlich stark ausfallen können. Daher sind räumliche Muster in den Meldedaten mit Vorsicht zu interpretieren. Wie aus Abb. 2 ersichtlich, sind bei den wenigen Studien zum Vorkommen von Leptospiren bei Nagetieren keine räumlichen Muster und insbesondere keine Zusammenhänge zwischen dem Nachweis in Nagetieren und der Häufigkeit humaner Erkrankungen erkennbar.

Leptospiroseausbrüche in Deutschland

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Leptospiroseausbrüche hauptsächlich mit landwirtschaftlichen Expositionen assoziiert und traten eher in ländlich geprägten Regionen auf (Tab. 3). Sie betrafen vorwiegend Arbeitskräfte, die Erntetätigkeiten auf Feldern durchführten, die von mit Leptospiren infizierten Feldmäusen oder Feldhamstern besiedelt waren [21]. Exemplarisch wird auf die Jahre 1949, 1952 und 1955 verwiesen, in denen es unter Beschäftigten auf Erbsenfeldern in der Umgebung von Braunschweig zu größeren Leptospiroseausbrüchen mit bis zu 232 laborbestätigten Fällen kam. Auch damals war die Leptospirose keine häufig gestellte Diagnose, sondern wurde nur aufgrund der auffälligen gemeinsamen Exposition in Betracht gezogen. Leptospiren konnten sowohl in den Patientenproben als auch in den gefangenen Feldmäusen nachgewiesen werden. Im Gegensatz zu anderen Leptospiroseausbrüchen, die fast immer in Verbindung mit Starkregen oder Überschwemmungen aufgetreten sind, herrschte in den Jahren 1949 und 1952 zum Zeitpunkt der Ausbrüche, im jeweiligen Epidemiemonat Juli, eine auffallende Trockenheit. Die Übertragung der Leptospiren wurde hier vor allem durch das hohe Vorkommen von Feldmäusen erklärt, die nachweislich mit Leptospiren infiziert waren [23]. Ebenfalls für das Jahr 1952 wurde ein Leptospiroseausbruch in Schleswig-Holstein berichtet, der durch eine hohe Feldmausdichte in Verbindung mit einem hohen Feuchtigkeitsgehalt in Luft und Boden sowie mit häufigem Nebel und Morgentau erklärt wurde [24].

Tab. 3 Leptospiroseausbrüche in Deutschland

In den folgenden Jahren nahm, vor allem durch die zunehmende Mechanisierung der Landwirtschaft, die Bedeutung von landwirtschaftlichen Expositionen als Ursache für Leptospiroseausbrüche ab [21]. Nachdem über fast 50 Jahre in Deutschland keine landwirtschaftlichen Expositionen mehr als Ursache für Leptospiroseausbrüche berichtet wurden, ereigneten sich in jüngerer Vergangenheit zwei größere Ausbrüche unter Arbeitskräften auf Erdbeerfeldern.

2007 kam es in Nordrhein-Westfalen zu einem Ausbruch unter den Beschäftigten, bei dem vor allem Arbeitskräfte aus Rumänien, Slowenien und Polen betroffen waren. Die anschließende Ausbruchsuntersuchung, bei der 153 Saisonkräfte einbezogen wurden, ergab 13 laborbestätigte Leptospirosefälle und 11 Verdachtsfälle mit entsprechender Symptomatik. Die meisten Betroffenen zeigten einen milden Krankheitsverlauf. Als Hauptrisikofaktor wurde der Kontakt zu Nagetieren identifiziert. Ein ansteigendes Risiko wurde für jeden Tag, den die Arbeitskräfte im Regen mit offenen Wunden an den Händen gearbeitet hatten, beobachtet. In 7 von 11 auf den Erdbeerfeldern gefangenen Feldmäusen konnten ebenfalls Leptospiren mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) nachgewiesen werden. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs wurde eine hohe Feldmausdichte auf betroffenen Erdbeerfeldern beobachtet. Zudem gab es starke Niederschläge und relativ hohe durchschnittliche Tagestemperaturen zwischen 18,4 °C und 23,1 °C [25].

Ein ähnlicher Ausbruch ereignete sich 2014 in Niedersachsen. In einem Erdbeeranbaugebiet mit über 30 Erdbeererzeugern waren zwei Betriebe betroffen. Der Ausbruch trat zum Ende der Erntesaison auf. Bei 45 Mitarbeitenden wurden die Erkrankungen noch in Deutschland festgestellt und behandelt, bei 10 weiteren Personen erst nach der Rückkehr in Polen. Die Wetterbedingungen ähnelten denen des Ausbruchs in Nordrhein-Westfalen von 2007 und eine Laboruntersuchung bestätigte auch hier den Infektionsweg von Feldmäusen auf die Arbeitskräfte [26, 27].

Als potenzielle Risikofaktoren für Leptospiroseausbrüche sind mittlerweile auch Freizeitaktivitäten, vor allem verschiedene Wassersportarten bekannt geworden [28]. Einer der ersten dokumentierten Ausbrüche innerhalb Deutschlands, der mit Wassersport in Zusammenhang gebracht wurde, ereignete sich im August 2006 unter den Teilnehmenden eines Triathlons in Heidelberg. Von 142 Personen konnten Informationen zu Symptomen und Risikofaktoren erhoben und Serumproben untersucht werden. Insgesamt 5 Fälle wurden labordiagnostisch bestätigt. Signifikanter Risikofaktor war das Vorhandensein von Wunden. In den Tagen vor dem Triathlon hatte es heftige Niederschläge gegeben, wodurch möglicherweise die Leptospiren vom Ufer in den Neckar eingeschwemmt wurden [28].

Wie sich der Tab. 3 entnehmen lässt, waren von den Ausbrüchen zwar unterschiedlich exponierte Gruppen betroffen, es ergeben sich aber auch eine Reihe von Übereinstimmungen. So ereigneten sich die Ausbrüche überwiegend bei sommerlich warmen Temperaturen und nach Regenfällen. Es handelte sich meistens um Infektionen mit L. kirschneri Serovar Grippotyphosa. Sofern Nager untersucht wurden, konnte bei diesen das gleiche Serovar nachgewiesen werden.

Das klinische Bild der Leptospirose beim Menschen

Die Infektion mit Leptospiren kann sich mit ganz unterschiedlichen Symptomen manifestieren. Dies erschwert die Diagnose der Leptospirose und je nach Verlauf sind eine ganze Reihe unterschiedlicher Differenzialdiagnosen einzubeziehen. Die Erkrankung weist zudem eine große Bandbreite an Verläufen auf, die von sehr mild bis sehr schwer reichen, dann verbunden mit einer hohen Mortalität von bis zu 50 % [4]. Es ist nicht bekannt, welche Faktoren den symptomatischen Verlauf nach einer Infektion bestimmen. Das Auftreten einer Oligurie, eine pulmonale Beteiligung und steigendes Lebensalter gehen allerdings mit einer höheren Mortalität einher [4, 29]. Mit geschätzten 90 % verläuft die Mehrheit der Infektionen beim Menschen subklinisch oder mild [2, 20]. Die Inkubationszeit beträgt überwiegend 7–14 Tage, kann aber von 2–30 Tagen reichen.

Einteilung nach vorherrschendem Krankheitsbild

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gliedert die Erkrankung nach klinischer Symptomatik in vier Kategorien [29]:

  • grippeähnliche Symptome,

  • Morbus Weil (Gelbsucht, akutes Nierenversagen, Blutungen),

  • Meningitis/Meningoenzephalitis,

  • pulmonale Hämorrhagien mit respiratorischer Insuffizienz.

Grippeähnliche Symptome

Die Erkrankung ist häufig durch einen biphasischen Verlauf gekennzeichnet. Nach der Infektion setzt zunächst im Rahmen der Streuung des Erregers über das Blut akut hohes Fieber (>39 °C) ein, das mehrere Tage anhalten kann. Es treten Myalgien auf, die besonders ausgeprägt den unteren Rückenbereich und die Wadenmuskulatur betreffen [2, 20, 30]. Typisch ist ein zumeist schwerer, bitemporaler oder frontal betonter Kopfschmerz, der von retroorbitalem Schmerz und Lichtscheuheit begleitet wird. Gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall sind ebenfalls häufig [31]. Auch das Auftreten von unproduktivem Husten wurde in 20–57 % von Leptospirosefällen beschrieben [4, 32]. Mit der Phase der Antikörperbildung lassen die initialen Symptome nach. Das Fieber kann allerdings bei einem biphasischen Verlauf nach 3–4 Tagen erneut auftreten.

Morbus Weil

Durch eine Vasodilatation kommt es zu einer intensiven Rötung der Schleim- und Bindehäute. Flächenhafte Einblutungen der Bindehäute treten auf und gelten in Verbindung mit einem skleralen Ikterus als pathognomonisch für den Morbus Weil, wie der schwere Verlauf der ikterischen Leptospirose auch bezeichnet wird. Ein Exanthem ist eher selten bei der Leptospirose und besteht dann zumeist nur für wenige Stunden. Der ikterische Verlauf mit akutem Nierenversagen und dem Auftreten von Blutungen wurde vormals, bei einer Mortalität von 5–15 %, als die schwere Verlaufsform der Leptospirose betrachtet [4, 29, 30]. Die Weil-Erkrankung kann als 2. Phase der Leptospirose auftreten oder auch als alleinige Manifestationsform [31]. Im Gegensatz zur Virushepatitis geht die Gelbsucht bei der Leptospirose mit einer Verschlechterung der Allgemeinverfassung einher [30]. Der Ikterus ist allerdings nicht durch einen Untergang der Leberzellen bedingt, sondern vermutlich durch eine Schädigung des Sekretionsvorgangs von konjugiertem Bilirubin, einem Abbaustoff des Blutes, in der Leber. Die Leberfunktion normalisiert sich vollständig nach Genesung. Das akute Nierenversagen manifestiert sich zumeist mit einer Polyurie und dem Leitsymptom des Anstiegs des Serumkreatinins. In 16–40 % der Leptospirosefälle wird über ein akutes Nierenversagen berichtet. Das Auftreten einer Oligurie beim Nierenversagen geht signifikant häufiger mit tödlichen Verläufen einher. Eine Thrombozytopenie zeigt sich häufig im Blutbild und ist ebenfalls mit einer schlechteren Prognose assoziiert [31].

Meningitis/Meningoenzephalitis

Neurologische Symptome wie ausgeprägte Kopfschmerzen, Fotophobie und Nackensteife treten infolge einer Hirnhautentzündung (Meningitis), zum Teil unter Mitbeteiligung des Großhirns (Meningoenzephalitis) in bis zu 25 % der Fälle auf. Eine aseptische Meningitis betrifft im Durchschnitt häufiger jüngere Personen [2]. Allerdings ist es eher selten, dass sich die Leptospirose primär als neurologische Erkrankung manifestiert [31].

Pulmonale Hämorrhagien mit respiratorischer Insuffizienz

Pulmonale Manifestationen in Form von Lungenblutungen mit respiratorischer Insuffizienz bzw. einem akuten Lungenversagen können ebenfalls auftreten und sind dann mit einer hohen Mortalität behaftet [4]. Pulmonale Hämorrhagien können sowohl bei ikterischen als auch bei anikterischen Verläufen der Leptospirose auftreten [2]. Das klinische Bild reicht von Husten, Aushusten bluthaltigen Sekrets und Atembeschwerden bis zur schweren Atemnot.

Weitere Symptome und Spätmanifestationen

Im Blutbild zeigen sich neben einer häufigen Thrombozytopenie eine Leukozytose und Neutrophilie mit Linksverschiebung, Erhöhungen der Kreatinkinase und nur eine leichte Erhöhung der Serumtransaminasen. Je nach betroffenem Organsystem können sich weitere Blutbildveränderungen ergeben [31]. Viele weitere Symptome und Begleiterscheinungen einer Leptospirose sind beschrieben, wie zum Beispiel kardiale Beteiligungen mit Arhythmien, Zeichen einer Pankreatitis sowie Aortenverengung, reaktive Arthritis, Guillain-Barré-Syndrom und andere, die insgesamt aber eher selten auftreten [2]. Unter den Spätmanifestationen und Folgeerkrankungen ist vor allem die Uveitis relevant, die bis zur Erblindung führen kann. Auch andere Strukturen des Augenapparates können in der Folge einer Leptospirose betroffen sein. Das Auftreten von chronischer Müdigkeit, Schwächegefühl, Myalgien und Kopfschmerzen sowie kardiale Veränderungen sind ebenfalls beschrieben [4].

Therapie

Neben supportiver Therapie erfolgt die Behandlung insbesondere in der Frühphase der Septikämie durch eine antibiotische intravenöse Behandlung mittels beispielsweise Penicillin G oder eines Cephalosporins der 3. Generation, bei leichten Verläufen auch mit der oralen Gabe von Doxycyclin. Da der Verlauf durch die rechtzeitige Verabreichung eines Antibiotikums wesentlich mitbestimmt wird, sollte dies bereits bei klinischem Verdacht auf eine Leptospirose erfolgen [30].

Prophylaxe

Die Gabe von Doxycyclin als effektive Präexpositionsprophylaxe ist in der Literatur beschrieben, wenn Hochrisikoexpositionen nicht vermeidbar sind [4]. Auch die Gabe als Postexpositionsprophylaxe (200 mg/Woche per os) nach schweren Niederschlägen und Überschwemmungen in Leptospiroseendemiegebieten konnte, abhängig vom Zeitpunkt der Gabe, in einer Studie zu einer Reduzierung auftretender Fälle führen [33]. Ein Cochrane-Review von 2010 kommt zu dem Schluss, dass der Nutzen einer Prä- bzw. Postexpositionsprophylaxe im Sinne einer Minderung des Infektionsrisikos bzw. einer Milderung des klinischen Verlaufs unklar ist. Es liegt bisher keine hinreichende Evidenz zur Beurteilung vor [34].

Prävention

Gegebenenfalls können Maßnahmen sinnvoll sein, die das Eindringen von Nagetieren in Wohnräume oder Überflutungen von siedlungsnahen Gebieten verhindern [4]. Für berufliche Risikogruppen ist insbesondere wasserdichte Schutzbekleidung, Schutzbrille, Handschuhe und geeignetes Schuhwerk zur Expositionsprophylaxe entscheidend [20, 27]. Im Rahmen von risikobehafteten Freizeitaktivitäten (siehe Abschnitt Leptospiroseausbrüche in Deutschland) kann die wasserdichte Abdeckung von Wunden das Infektionsrisiko minimieren. Ein Impfstoff zur Anwendung beim Menschen ist in Deutschland nicht zugelassen [20].

Differenzialdiagnosen

Bei den Differenzialdiagnosen sollten bei einer reiseassoziierten Leptospirose die im Ursprungsland häufig auftretenden Erkrankungen mit einbezogen werden. Zu den Differenzialdiagnosen gehören zahlreiche Erkrankungen, die ebenfalls mit hohem Fieber einhergehen, wie beispielsweise Malaria, Typhus abdominalis, Denguefieber, Gelbfieber, Rickettsiosen, aber auch Infektionen mit dem humanen Immundefizienzvirus, Influenzaviren sowie mit Erregern verschiedener hämorrhagischer Erkrankungen. Insbesondere bei pulmonalen Hämorrhagien muss an eine Hantavirusinfektion gedacht werden.

Epidemiologie der Leptospirose beim Menschen

Eine Leptospireninfektion sowie die Entwicklung schwerer Verlaufsformen der Leptospirose sind multifaktorielle Geschehen, in denen sowohl wirts- und erregerspezifische Faktoren als auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen.

Wirtsspezifische Faktoren

Das Infektionsrisiko mit Leptospiren hängt maßgeblich vom menschlichen Verhalten ab [4]. So sind bestimmte Berufsgruppen, deren Tätigkeit mit einer gehäuften Exposition gegenüber Tieren und deren Ausscheidungen, Fleisch und Organen, Erdreich und Oberflächenwasser verbunden ist, besonders gefährdet. In Deutschland ist die Leptospirose eine anerkannte Berufskrankheit. In Tab. 4 sind Faktoren aufgeführt, die mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Leptospireninfektion beim Menschen in Deutschland assoziiert sind. Diese wurden in serologischen Querschnittsstudien und bei einer Auswertung der zwischen 1997–2000 in Deutschland gemeldeten Fälle identifiziert [21, 22, 35]. So wurde der Beruf Waldarbeitskraft in einer süddeutschen Querschnittsstudie (n = 1007) als bedeutender Expositionsfaktor identifiziert [22]. In einer Studie unter 722 Mitarbeitenden von Forstbetrieben konnte ein Zusammenhang zwischen Seropositivität und der Beschäftigung als Waldarbeitskraft allerdings nicht bestätigt werden, da die Bürobeschäftigten der Forstbetriebe hier eine höhere Seroprävalenz aufwiesen [35].

Tab. 4 Risikofaktoren und Expositionen bei humanen Leptospireninfektionen in Deutschland

Erregerspezifische Faktoren

Trotz jahrelanger Forschung auf dem Gebiet der Erreger-Wirt-Interaktionen sind diese bei Leptospiren noch unzureichend beschrieben. Erste Virulenzfaktoren wurden im Stadium des Eindringens des Erregers in den Wirtsorganismus (Motilität und Überwindung von Zellbarrieren), der Persistenz im Wirtsorganismus (Nährstoffaufnahme und Überleben in Immunzellen) und der Zerstörung des Wirtsgewebes identifiziert. Für detailliertere Informationen wird auf eine aktuelle Übersichtsarbeit verwiesen [36].

Umweltfaktoren

Die Überlebenszeit der Leptospiren außerhalb des Wirtes hat einen maßgeblichen Einfluss auf das Expositionsrisiko für Mensch und Tier. Sobald die Erreger über den Wirt in die Umwelt gelangen, beeinflussen biotische sowie abiotische Faktoren wie Temperatur, pH-Wert, Feuchtigkeit, UV-Strahlung, Salz- und Mineralstoffkonzentrationen sowie die Anwesenheit anderer Mikroorganismen das Überleben der Leptospiren [37]. In Wasserproben aus unterschiedlichen Quellen zeigten die Leptospiren eine Überlebenszeit von 10 Monaten bei einer Temperatur von 4 °C bzw. 20 Monaten bei 30 °C [38, 39]. Leptospiren sind auch in der Lage, in feuchten Böden zu überleben. Die Überlebenszeit ist dabei positiv mit der Feuchtigkeit des Bodens korreliert. Studien berichten von Überlebenszeiten zwischen 15 und 43 Tagen [40]. Neuere Untersuchungen zeigten, dass Leptospiren einen Nährstoffmangel innerhalb eines Biofilms überdauern können und dieser einen schützenden Einfluss auf die Zellen hat [41].

Prognosemodelle zur Vorhersage von humanen Leptospirosefällen

Die Vorhersage von Leptospiroseausbrüchen ist eine der vier Säulen des One-Health-Ansatzes [42]. Daneben liegen Schwerpunkte auf Vorbeugung, Diagnose und Intervention, um die Auswirkungen von Leptospiroseausbrüchen auf die Human- und Tiergesundheit sowie negative sozioökonomische Konsequenzen zu mindern. Prognosen erfordern detaillierte Kenntnisse der Schlüsselfaktoren, die mit Leptospiroseausbrüchen in Verbindung stehen. Wichtige Parameter bei der Entwicklung von Prognosesystemen sind z. B. Klima bzw. Wetter [43], Verbreitung und Abundanz von Reservoirwirten, leptospirenspezifische Eigenschaften, Habitatfaktoren wie das Vorhandensein von Gewässern und Überflutungen [44] sowie berufliche Exposition. Bisher sind Prognoseansätze vor allem aus (tropischen) Entwicklungsländern bekannt, wo Humanfälle etwa 200-mal häufiger sind als in Europa [4].

Durch die relativ geringe Anzahl von Humaninfektionen, die Vielfalt der Leptospirenserovare und durch die Komplexität der zahlreichen Einflussfaktoren ist die Ableitung von Vorhersagemodellen für Humaninfektionen in gemäßigten Klimazonen problematisch. Allerdings bietet die räumliche Struktur der Verteilung der Humanfälle die Möglichkeit, Gebiete mit unterschiedlichen Infektionsrisiken anhand der Humaninzidenzen der letzten Jahrzehnte zu identifizieren. So lassen sich die räumlichen Cluster von Risikogebieten in den Niederlanden auf bestimmte Landnutzungsformen und Bodentypen zurückführen, die mit bestimmten Bedingungen zur Erregerpersistenz in der Umwelt und dem Vorkommen von Reservoirtieren korrelieren könnten [45].

Speziell im Norden und Süden Deutschlands finden sich viele Landkreise, in denen die langfristigen Humaninzidenzen 2001–2017 bei >2,7 gemeldeten Infektionen pro 100.000 Personen liegen (Abb. 2). Dort könnten in ausgewählten Kreisen die statischen Faktoren (z. B. Landnutzung, Habitatbeschaffenheit) und die dynamischen Faktoren (z. B. Wetter, Kleinsäugervorkommen) identifiziert werden, die Humaninzidenzen maßgeblich beeinflussen und als Vorhersageparameter in Prognosesysteme einfließen. Dafür ist es unabdingbar, dass entsprechende Grundlagendaten in der notwendigen Auflösung vorliegen. Das ist bei Wetterdaten und Landnutzung der Fall. Demgegenüber fehlen aber für viele Regionen Informationen zur Kleinsäugerabundanz, da kein deutschlandweites Monitoringsystem existiert. Lediglich für einige Nagetierarten erfolgen langfristig und kontinuierlich harmonisierte Erhebungen in einzelnen Bundesländern für den Landwirtschafts- und Forstbereich [46]. Solche Daten sind ideal für die Entwicklung von Prognosesystemen, bei denen die Abundanz von Wirtstieren eine Rolle spielt [47], und dürften auch für die Vorhersage von humanen Leptospireninfektionen hilfreich sein.

Abb. 2
figure 2

Humane Leptospiroseinzidenz pro 100.000 Einwohner für die Landkreise und kreisfreien Städte Deutschlands in den Jahren 2001–2018 [19] sowie molekularer Nachweis von Leptospiren bei Nagetieren und anderen Kleinsäugern. (Werte in den Klammern: Zahl der Landkreise bzw. kreisfreien Städte in der entsprechenden Inzidenzklasse. Kreise: Nagetierpopulationen aus der Studie von Mayer-Scholl et al. [49], Dreiecke: Rattenpopulationen aus der Studie von Heuser et al. [50], Rechtecke: Nagetierpopulationen aus der Studie von Fischer et al. [18], rote Symbole: Leptospira-positive Populationen, grüne Symbole:Leptospira-negative Populationen)

Fazit

Die Leptospirose ist eine Erkrankung, bei der das Infektionsrisiko und die klinische Ausprägung maßgeblich von wirts- und erregerspezifischen Faktoren sowie Umweltfaktoren abhängen. Das Infektions- und Erkrankungsrisiko ist beim Menschen mit dessen Beruf- und Freizeitverhalten, den Erregereigenschaften, klimatischen Faktoren sowie der Verbreitung und Abundanz relevanter Reservoirtiere, v. a. Nagetiere, assoziiert. Die wenigen Studien zum Vorkommen von Leptospiren bei heimischen, wild lebenden Nagetieren zeigen eine teilweise sehr hohe Prävalenz mit einer Vielzahl unterschiedlicher pathogener Leptospirenspezies.

Trotzdem ist die Leptospirose aufgrund eines begrenzten Expositionsrisikos des Menschen gegenüber Nagetieren und gemäßigter klimatischer Bedingungen in Deutschland eine selten gemeldete Erkrankung. Nationale und internationale Studien weisen auf eine hohe Dunkelziffer nichtdiagnostizierter Leptospirosefälle hin. Dies liegt einerseits an den derzeitigen Möglichkeiten der Labordiagnostik, welche aufgrund der Vielzahl vorhandener Leptospirenserovare und Kreuzreaktionen eine unzureichende Sensitivität bzw. Spezifität aufweisen und häufig Speziallaboratorien vorbehalten sind [48].

Andererseits muss ärztliches Fachpersonal die Leptospirose als Differenzialdiagnose überhaupt erst berücksichtigen, um eine entsprechende Diagnostik zu veranlassen. Milde Verläufe und unspezifische Symptome mit einer Vielzahl möglicher Differenzialdiagnosen können die Diagnose erschweren. Umso wichtiger ist es, in der medizinischen Versorgung Risikofaktoren für eine Leptospireninfektion zu kennen und die Diagnose in Betracht zu ziehen. Der Öffentliche Gesundheitsdienst kann insbesondere in Regionen mit höherer Leptospiroseinzidenz auf die Risiken hinweisen. Berufsgruppen, die besonders gefährdet sind, sowie Menschen mit einem Freizeitverhalten, das mit höherem Risiko verbunden ist, sollten dabei gezielt über Präventionsmöglichkeiten aufgeklärt und zielgruppengerecht angesprochen werden.

In der Vergangenheit waren Leptospirose Ausbrüche in Deutschland und Europa mit warmen Temperaturen und dem Auftreten von starken Regenfällen assoziiert. Im Zuge des Klimawandels können steigende Luft- und Wassertemperaturen sowie ein vermehrtes Auftreten von starken Regenfällen und Überschwemmungen das Überleben und die Verbreitung der Leptospiren in der Umwelt fördern. Gleichzeitig kann die zeitliche Ausdehnung sommerlicher Temperaturen zu verstärktem Badetourismus und wassersportlichen Aktivitäten führen und somit zu einer erhöhten Exposition. Diese Faktoren sollten in Zukunft durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Deutschland in Betracht gezogen werden.