Einleitung

Adjuvanzien (lat. „adiuvare“, helfen, unterstützen) sind in erster Linie durch ihre Funktion und weniger durch ihre stoffliche Beschaffenheit definiert. Im Zusammenhang mit Impfstoffen sind Adjuvanzien als Zusatzstoffe beschrieben, welche die antigenspezifische Immunantwort verstärken oder die Richtung der Immunantwort beeinflussen.

Im Zuge der Entwicklung hin zu Impfstoffen mit immer reineren Antigenkomponenten, bedingt auch durch die rekombinante Herstellung, kommt es einerseits zwar zu einer verminderten Reaktogenität, andererseits aber teilweise auch zu einer verminderten Immunogenität. Ursächlich dafür ist das Fehlen weiterer viraler Komponenten in hoch gereinigten Impfstoffen, wie Ganzvirusimpfstoffen, das mit einem Verlust der adjuvantierenden Wirkung einhergeht. So können bspw. Nukleinsäurereste einen adjuvansvergleichbaren Effekt auslösen. Fehlt der Effekt in hochreinen Impfstoffen, müssen definierte Adjuvanzien und/oder sehr hohe Mengen an Antigen zugesetzt werden.

Bei viralen Lebendimpfstoffen ist es nicht möglich, adsorbat- oder öl-wasser-emulsion-basierte Adjuvanzien anzuwenden, da sie zu einer Inaktivierung führen können. Dies ist bspw. bei öl-wasser-basierten Adjuvanzien aufgrund der enthaltenen Detergenzien (z. B. Polysorbat) der Fall.

Im Vergleich zu anderen Biomedizinprodukten ist bei der Herstellung von Impfstoffen zu bedenken, dass sie in der Regel prophylaktisch bei gesunden Patienten, teilweise sogar Kindern, angewandt werden, sodass ein besonderes Augenmerk auf der Sicherheit des Impfstoffs liegen muss, neben der Beurteilung seiner Wirksamkeit. Hierbei ist es wichtig zu bedenken, dass erst durch die Kombination von Antigen und Adjuvans eine für das jeweilige Zusammenspiel spezifische Immunantwort hervorgerufen wird. Das bedeutet, dass durch die Veränderung des verwendeten Adjuvans die Immunantwort in ihrer Stärke und Ausprägung deutlich unterschiedlich moduliert werden kann.

Obgleich die Verwendung von Adjuvanzien bei Humanimpfstoffen nicht neu ist, Aluminiumsalze (Alum) wurden bereits in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts bei Diphtherie- und Tetanusimpfstoffen genutzt, dauerte es bis in die 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, ehe ein Impfstoff mit einem „neuen“ Adjuvans zugelassen wurde, in diesem Fall die Öl-in-Wasser-Emulsion MF59 in Verbindung mit einem Grippeimpfstoff für Personen über 60 Jahre. Seitdem wurde jedoch eine Reihe von neuen adjuvantierten Impfstoffen entwickelt, die auch bereits eine Zulassung erhalten haben. Beispiele sind: AS03-(Adjuvant-System-03-)adjuvantierte pandemische Influenzaimpfstoffe (Öl-in-Wasser-Emulsion), AS04-(Alum/MPL-)adjuvantierte Impfstoffe (MPL = 3-O-desacyl-4′-monophosphoryl Lipid A) gegen Humane Papillomviren (HPV) und den Hepatitis-B-Virus (HBV), AS01-(MPL/Saponin-)adjuvantierte Impfstoffe gegen Herpes Zoster, Malaria und HBV sowie der CpG-adjuvantierte HBV-Impfstoff (CpG: Dinukleotid aus Cytosin und Guanin; [1]).

Im Rahmen dieser Übersichtsarbeit soll eine Auswahl der wichtigsten Adjuvanzien hinsichtlich ihrer stofflichen Zusammensetzung und ihrer Wirkmechanismen beschrieben werden. Eine Übersicht über die wichtigsten Adjuvanzien und Beispiele für damit adjuvantierte Impfstoffe ist in Tab. 1 gegeben. In der Tab. 2 werden einige sich in der Entwicklung befindliche neue Adjuvanzien/adjuvantierte Impfstoffe zusammengefasst.

Tab. 1 Übersicht über ausgewählte Adjuvanzien und damit adjuvantierte Impfstoffe
Tab. 2 Übersicht über neuartige Adjuvanzien und damit adjuvantierte Impfstoffe, die sich derzeit in der klinischen Entwicklung befinden

Funktionen von Adjuvanzien

Die Ursachen für den Auftrieb in der Entwicklung neuer Adjuvanzien und die Zulassung einer Reihe von adjuvantierten Impfstoffen sind vielfältig. Eine Ursache liegt in der bereits oben erwähnten zunehmenden Reinheit der Antigene. Das Fehlen weiterer Erregerbestandteile und das damit einhergehende Ausbleiben potenzieller verstärkender Effekte von bspw. Nukleinsäureresten auf die Immunantwort können durch den Einsatz von Adjuvanzien kompensiert werden [2,3,4]. Adjuvanzien haben daneben viele weitere Funktionen (Abb. 1). Durch ihre Verwendung kann auch versucht werden eine per se geringe Antigenizität von Erregerkomponenten so zu steigern, dass dennoch insgesamt eine protektive Immunantwort induziert werden kann.

Abb. 1
figure 1

Funktionen von Adjuvanzien. Schematische zusammenfassende Übersicht über Funktionen, die von Adjuvanzien ausgeübt werden können

Dies ist auch vor dem Hintergrund der Immunoseneszenz am Beispiel der Wirksamkeit von Influenzaimpfstoffen nachvollziehbar. Das Nachlassen der Leistungsfähigkeit des Immunsystems mit zunehmendem Lebensalter kann einerseits durch eine erhöhte Antigenmenge und andererseits durch Adjuvanzien (in der Regel Öl-in-Wasser-Emulsionen) zumindest teilweise kompensiert werden [5, 6].

Als Beispiele hierfür wären der MF59-adjuvantierte saisonale Influenzaimpfstoff für Senioren anzusehen oder ein AS01-adjuvantierter Impfstoff gegen Herpes Zoster (Gürtelrose) und Postzoster-Neuralgie (PZN), der für Menschen ab 50 Jahren zugelassen ist. Auch bei anderen Personengruppen, bei denen von einer verminderten Immunantwort auszugehen ist, kann durch die Verwendung von neuartigen Adjuvanzien eine Erhöhung der Wirksamkeit erzielt werden. So konnte bspw. durch Verwendung eines CpG-adjuvantierten HBV-Impfstoffs bei Typ-2-Diabetikern, die bislang – wie z. B. auch Niereninsuffiziente, Raucher, Männer, Übergewichtige und ältere Menschen insgesamt – schlechtere Ansprechraten auf die bisherigen HBV-Impfstoffe gezeigt haben, eine deutliche Erhöhung der Wirksamkeit beobachtet werden bei gleichzeitiger Reduktion der Impfungen zur Grundimmunisierung von drei auf zwei Impfungen [7].

Ein wesentlicher Aspekt bei der Verwendung von Adjuvanzien ist, dass aufgrund der induzierten verstärkten Immunantwort die Menge an Antigen pro Impfdosis deutlich reduziert werden kann – ein Aspekt, der bspw. im Zusammenhang mit der pandemischen Influenzaimpfung von großer Bedeutung ist, da innerhalb von kurzer Zeit große Mengen an Impfstoffdosen für Vakzinierungen großer Teile der Bevölkerung bereitgestellt werden können. Die durch die Adjuvansgabe ermöglichte Verringerung der Antigenmenge erlaubt eine deutliche Erhöhung der hergestellten Menge an Impfdosen mit den verfügbaren Antigenherstellungskapazitäten [8,9,10].

Gerade bei einem pandemischen Szenario wird die Verkürzung der Zeit zwischen Impfung und Aufbau einer robusten Immunantwort angestrebt, was durch den Zusatz von Adjuvanzien teilweise intendiert wird. Als weitere Beispiele für diese Strategie können der AS04-adjuvantierte HBV-Impfstoff Fendrix® oder der CpG-adjuvantierte HBV-Impfstoff Heplisav-B® gesehen werden, der neben einer allgemeinen Verstärkung der Immunantwort bei Dialysepatienten oder bei Typ-2-Diabetikern auch eine Verkürzung des Impfschemas von drei auf zwei Impfungen ermöglicht [7].

Ein weiterer Aspekt, der durch die Verwendung von Adjuvanzien adressiert werden soll, ist die Verbreiterung der Immunantwort. Bei Erregern mit hoher Variabilität der Antigene bedingt durch Antigendrift ist eine breite Immunantwort, die eine Vielzahl von Epitopen erkennt, wünschenswert. Hier zeigte sich im Rahmen von experimentellen Modellen, dass einzelne Adjuvanzien in der Lage sind, eine Expansion der B‑Zell-Diversität zu induzieren. Klinische Daten bestätigen dies für adjuvantierte Influenzaimpfstoffe (MF59/AS03) und HPV-Impfstoffe (AS01; [11, 12]).

Weitere Daten zeigen, dass es durch Adjuvanziengabe nicht nur zu einem quantitativen Anstieg des Antikörpertiters kommen kann, sondern auch Antikörper mit einer höheren Affinität gegen das Impfantigen induziert werden können [13, 14].

In diesem Zusammenhang ist auch der Einfluss einzelner Adjuvanzien auf die T‑Zell-Antwort relevant. So unterscheiden sich einzelne Adjuvanzien, aber auch verschiedene Antigen-Adjuvans-Kombinationen hinsichtlich ihrer Fähigkeit verschiedene T‑Helferzell-Antworten zu induzieren, was einerseits wiederum ein wesentlicher Faktor für die Dauer und Qualität der Antikörperantwort ist und andererseits ggf. relevant für die Induktion von CD4+ – oder CD8+ T‑Zellen (CD: Cluster of Differentiation; Gruppen immunphänotypischer Oberflächenmerkmale), was insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung therapeutischer Impfstoffe entscheidend ist.

Der Begriff Adjuvans ist stofflich nicht definiert, sondern umfasst Stoffe aus sehr verschiedenen Stoffklassen, wie bspw. unlösliche Salze (Aluminiumsalze), Öl-in-Wasser-Emulsionen (z. B. Squalen) oder Oligodeoxynucleotide (z. B. CpG). Für die Wirkung von Adjuvanzien ist in vielen Fällen ihre Formulierung von großer Bedeutung, bspw. hängt die Wirksamkeit von squalenhaltigen Adjuvanzien entscheidend von ihrer Emulsion in Form kleiner Lipidtröpfchen (Lipid Droplets) in Wasser ab. Eine reine Mischung von Squalen in Wasser ist als Adjuvans nahezu wirkungslos. Auch für Aluminiumsalze (nachfolgend als Alum abgekürzt) ist die spezielle Formulierung, die einen großen Einfluss auf die Partikelgröße der Mikrokristalle hat, von entscheidender Bedeutung [15,16,17].

Tiermodelle zur Untersuchung von Adjuvanzien

Ein Grund für viele Unklarheiten hinsichtlich der Wirkmechanismen auch schon lange etablierter Adjuvanzien liegt in den Eigenschaften der zur experimentellen Charakterisierung verwendeten Tiermodelle. Aus ethischen und Kostengründen sind Experimente unter Verwendung von Non-Human Primates (NHP) nur sehr eingeschränkt möglich. Kleintiermodelle weisen deutlich andere Toll-like-Receptor(TLR)-Expressionsmuster auf als der Mensch [18, 19]. Allgemein weisen andere Spezies oft eine deutlich veränderte TLR-Spezifität hinsichtlich verschiedener Adjuvanzien auf. So zeigt bspw. TLR4 der Maus eine geringe Spezifität hinsichtlich Lipid-A-Derivaten, während menschlicher TLR4 hinsichtlich seiner Lipid-A-Bindung hochspezifisch ist. Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass TLR8 in der Maus deutlich schwächer als im Menschen exprimiert wird [20], wird TLR8 zwar in Mäusen exprimiert, ist jedoch dysfunktional, sodass keine Erkennung von ssRNA durch TLR8 erfolgt. Hinsichtlich TLR9 unterscheidet sich das zelluläre Expressionsmuster zwischen Mensch und Maus ebenfalls deutlich [21]. Aufgrund dieser signifikanten immunologischen Unterschiede lassen sich die Funktionsweise und der Effekt von Adjuvanzien im Menschen nur sehr begrenzt im Tiermodell analysieren [22].

Ein wesentlicher Aspekt für die Entwicklung der Wirksamkeit einzelner Adjuvanssysteme ist der Applikationsweg. Um eine optimale Antigenpräsentation durch in der Haut befindliche Antigen Presenting Cells (APCs, antigenpräsentierende Zellen) zu erreichen, kann eine intradermale Immunisierung angewandt werden. Aufgrund der Unterschiede in der Hautarchitektur ist der Effekt der intradermalen Anwendung in Tiermodellen nur schwer direkt nachvollziehbar.

Sicherlich sind präklinische Tiermodelle erforderlich, um eine Charakterisierung von Adjuvanzien und von adjuvantierten Impfstoffen durchzuführen, aber nicht alle Aspekte können geklärt werden. Zur Charakterisierung neuartiger Adjuvanzien sind daher auch immer sehr zielgerichtete klinische Erprobungen am Menschen unerlässlich.

Übersicht über Adjuvanzien, die derzeit in zugelassenen Impfstoffen Verwendung finden, und deren Wirkungsweise

Unlösliche Salze

Aluminiumsalze (hier allg. als Alum bezeichnet) werden seit Langem als Adjuvanzien verwendet. Alum bezeichnet ein Präzipitat aus verschiedenen Aluminiumsalzen unter basischen Bedingungen. In der Regel handelt es sich um eine Mischung aus Aluminiumsulfat, Kalium- oder Natriumhydroxid und Phosphat. Aluminiumsalze wurden für den Gebrauch bei Menschen erstmals in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zugelassen und waren für die nächsten 70 Jahre das einzige bei Humanimpfstoffen verwendete Adjuvans. Dennoch ist der Wirkmechanismus in vielen Punkten noch unverstanden [1, 23]. Interessanterweise hängt im Falle von Alum der Effekt des Adjuvans auch sehr stark vom Alter der geimpften Person ab [24]. Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass ein wesentlicher Effekt der Adjuvanswirkung von Alum auf einer Depotwirkung basiert, zeigte sich bei getrennter Applikation von Adjuvans und Antigen, dass dies nicht der primäre Effekt ist. Auch zeigte das Ausschneiden des Alumniederschlags von der Injektionsstelle 2–24 h nach der Injektion ebenfalls keinen Effekt auf die Immunantwort, was darauf hindeutet, dass es keinen Depoteffekt gibt. Während in Mausexperimenten beobachtet werden konnte, dass Alum die Th2-Typ-Immunantwort, follikuläre T‑Helferzellen (TFH) und die Antikörperisotypen Immunglobulin G1 (IgG1) und IgE stark induziert, ist dies für den Menschen deutlich weniger ausgeprägt [25]. Vielmehr zeigt sich grundsätzlich, dass die Induktion einer T‑Zell-Antwort durch Alum beim Menschen eher gering ausgeprägt ist. Es gibt Hinweise darauf, dass Alum die Sekretion von Interleukin-12 (IL-12), einem relevanten Faktor für die Th1-Zelldifferenzierung, unterdrückt, was ursächlich sein könnte für die alumabhängige T‑Zelldifferenzierung zu Th2-Zellen [26, 27].

Alum kann zwar die Antigenaufnahme in professionell antigenpräsentierende Zellen (APC) fördern und die Expression des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC) der Klasse 2 verstärken, allerdings bedingt Alum keine direkte Aktivierung von dendritischen Zellen (DC; [28]). Es wird daher angenommen, dass die beobachtete APC-Aktivierung bei alumadjuvantierten Impfstoffen ein indirekter Effekt ist, basierend auf der lokalen Entzündung [29]. Nach Alumgabe endozytieren inflammatorische Monozyten und DCs rasch das Antigen und wandern zu den lokalen Lymphknoten. Alum induziert die Freisetzung von Harnsäure, welche die Rekrutierung und Aktivierung von Neutrophilen und inflammatorischen Monozyten sowie die Differenzierung von DCs bedingt. Die Akkumulation dieser Zellen ist assoziiert mit der Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin und einer Zusammenlagerung der kleinen Alumpartikel zu größeren Aggregaten, die durch Netzwerke extrazellulärer Fasern (NETs) miteinander verbunden sind [30, 31]. NETs sind Netzwerke, die in erster Linie aus der DNA neutrophiler Granulozyten bestehen und verschiedene immunmodulatorische Funktionen ausüben. So können sie andere Immunzellen primen, um bspw. durch die Induktion inflammatorischer Prozesse zu einer sterilen Immunität zu führen.

Hierbei wird auch diskutiert, dass Alum in seiner Eigenschaft als Mikropartikel die Zerstörung von Lysosomen bedingen kann, was zur Freisetzung lysosomaler Enzyme ins Zytoplasma führen und so die Zerstörung der Plasmamembran von APCs bedingen kann [32, 33].

Wie bereits erwähnt, wird der Mechanismus der Adjuvanswirkung von Alum derzeit kontrovers diskutiert. Im Unterschied zu anderen Adjuvanzien (siehe unten) basiert der Effekt nicht auf einer direkten Interferenz mit TLR-abhängigen Signalwegen, wie unter Verwendung von defizienten Mausmodellen bzgl. der Adaptorproteine MyD88 (Myeloid Differentiation Primary Response 88) und TRIF (TIR (Toll/Interleukin-1 Receptor) Domain-containing Adaptor Protein Inducing Interferon Beta) gezeigt werden konnte. Die Antikörperantwort auf T‑zell-abhängige Antigene war in diesen Mausmodellen gegenüber den Wildtyptieren nicht beeinflusst. Es gibt jedoch Hinweise, dass das NOD-like-Rezeptorprotein 3 (NLRP3, früher auch als NALP3 bezeichnet) eine wesentliche Rolle für die Wirkung von Alum als Adjuvans spielen könnte, wie unter Verwendung von NLRP3-defizienten Mäusen gefunden wurde. Alum ist ein starker Aktivator des Inflammasoms und bedingt eine Produktion des T‑zell-stimulierenden Zytokins IL-1ß. Dies wird aber konfliktär in der Literatur beschrieben. Alum bedingt inflammasomunabhängig die Freisetzung von IL1alpha durch Makrophagen. Zwar wird IL1alpha für die Infiltration von Neutrophilen am Injektionsort gebraucht, sein Fehlen hat jedoch keinen Einfluss auf die B‑ und T‑Zell-Antwort nach der Antigeninjektion. MyD88 und IL1-Rezeptoren, die in die IL-1-abhängige Signaltransduktion involviert sind, sind entbehrlich für die Induktion der Antikörperantwort nach intraperitonealer (i.p.) oder intramuskulärer (i.m.) Gabe des alumadjuvantierten Antigens [34,35,36].

Die Adjuvanswirkung von Alum basiert nicht auf einer Aktivierung von TLR-abhängigen Signalwegen [37]. Aluminiumsalze werden aber auch in Kombination mit TLR-Agonisten verwendet. Ein gut charakterisiertes Beispiel ist AS04, das bereits bei zugelassenen HPV- und HBV-Impfstoffen verwendet wird.

AS04 besteht aus 3‑O-desacyl-4′-monophosphoryl Lipid A (MPL), das an Alum absorbiert ist. Bei MPL handelt es sich um eine detoxifizierte Form des Lipopolysaccharids (LPS), isoliert aus Salmonella minnesota. Die Detoxifizierung wird durch die Abspaltung einer Phosphatgruppe und eines Fettsäurerests aus LPS erzielt. Die AS04-abhängige TLR4-Stimulation bedingt eine rasche Zytokinproduktion und Rekrutierung von Immunzellen an den Injektionsort und in die benachbarten Lymphknoten. Es kommt zu einem deutlichen Anstieg an aktivierten antigenbeladenen Monozyten und DCs, die dann zu einer Aktivierung von antigenspezifischen B‑ und T‑Zellen führt. Hierbei scheint es zwar keinen synergistischen Effekt von Alum und MPL zu geben, aber Alum bedingt eine Verlängerung der MPL-abhängig induzierten Zytokinantwort am Injektionsort [38].

Sowohl für den AS04-adjuvantierten HBV-Impfstoff als auch für den HPV-Impfstoff konnte ein im Vergleich zu den alumadjuvantierten Impfstoffen deutlich höherer Antikörperspiegel detektiert werden. Dies zeigt die Wirksamkeit der MPL-abhängigen TLR4-Aktivierung [39, 40].

Adsorbatimpfstoffe werden intramuskulär verabreicht. Bekannte lokale Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Verabreichung von aluminiumhaltigen Impfstoffen sind Schmerzen, Rötungen und Verhärtungen (subkutane Knötchen, Zysten, Granulome) an der Injektionsstelle. Diese Lokalreaktionen sind in der Regel mild und von kurzer Dauer.

Seit Ende der 1990er-Jahre wird als weitere äußerst seltene lokale Reaktion ein spezielles histopathologisches Erscheinungsbild mit aluminiumhaltigen Impfungen in Zusammenhang gebracht, die makrophagische Myofasziitis. Ein ursächlicher Zusammenhang zur Anwendung des aluminiumhaltigen Adjuvans ist jedoch bisher nicht bestätigt.

Vorübergehend können bei einem kleinen Teil der Geimpften systemische Nebenwirkungen auftreten wie leicht erhöhte Temperatur, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Unwohlsein [41, 42].

Der Gebrauch von Alum und anderen Adjuvanzien wird auch in Verbindung mit Nebenwirkungen gebracht, die unter dem Begriff ASIA (Autoimmune [or Autoinflammatory] Syndrome Induced by Adjuvants) zusammengefasst werden und mit Schäden in der Entwicklung des Gehirns und von neuronalen Geweben einhergehen [43,44,45].

Die Sicherheit alumbasierter Adjuvanzien, insbesondere bei Kindern, und die Aussagekraft der zugrunde liegenden Studien wird daher immer wieder konfliktär diskutiert (Übersicht in [46]). Haupteinwände gegen die durchgeführten Studien sind, dass das Design der Studien zur Kinetik der Ausscheidung von Aluminiumverbindungen (Al) nicht geeignet sei, diese Fragen zu klären, dass die toxikokinetischen Studien bei Kindern von zu hohen Grenzwerten (MRL, Minimal Risk Level) ausgingen und dass die Relevanz der unlöslichen, partikulären Aluminiumverbindungen für die Al-Toxizität nicht berücksichtigt wurde.

Andere Studien kommen jedoch unter Zugrundelegung bestimmter Parameter zu der Schlussfolgerung, dass von der Verimpfung alumadjuvantierter Impfstoffe ein minimales Risiko ausgeht und ein eindeutig positives Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht. Diese Parameter sind insbesondere: der basale Al-Spiegel bei der Geburt, Al-Retention, welche die tatsächliche glomeruläre Filtrationsrate bei Kindern widerspiegelt, und ein aktuelles pädiatrisches Impfmuster [47]. Allerdings verhalten sich nicht alle Al-basierten Adjuvanzien identisch hinsichtlich ihrer physikochemischen und biologischen Eigenschaften [48].

Eine aktuelle Studie hat daher unter Verwendung verschiedener Al-Salze und Applikationswege in Ratten eine schnelle und nahezu komplette Absorption von Al-Citrat nach subkutaner (s.c.) und intramuskulärer (i.m.) Applikation beobachtet. Für die Absorption nach s.c.-Applikation wurde eine Halbwertszeit von 36 min und von 13 min nach i.m.-Applikation gefunden. Weder im Gehirn noch in den Knochen der behandelten Tiere (36 µg/kg i.m.) konnte im Vergleich zu den Kontrolltieren ein Anstieg im Al-Gehalt gefunden werden [49].

Öl-in-Wasser-Emulsionen

Ebenso wie Aluminiumsalze sind Öl-in-Wasser-Emulsionen (z. B. inkomplettes Freunds-Adjuvans) als Adjuvanzien seit Langem etabliert. Allerdings fanden sie lange Zeit keine Anwendung in Humanimpfstoffen, da Mineralöle für die Herstellung der Emulsionen verwendet wurden, die nicht oder schlecht metabolisierbar waren und zur Entstehung von Abszessen führten. Dies änderte sich durch die Verwendung von Emulsionen auf der Basis vollständig metabolisierbarer Lipide wie Squalen. Beispiele für Öl-in-Wasser-Emulsionen auf der Basis von Squalen sind die Adjuvanzien MF59 (eine Dosis: 9,75 mg Squalen, 1,175 mg Polysorbat 80 (Tween 80), 1,175 mg Trioleat 85) und AS03 (eine Dosis: 10,69 mg Squalen, 4,86 mg Polysorbat 80, 11,86 mg Alpha-Tocopherol), die bei einer Reihe von Impfstoffen als Adjuvans Verwendung finden. Das im AS03 zusätzlich vorhandene Alpha-Tocopherol dient einerseits als Reduktionsmittel und andererseits als zusätzliches Immunstimulans [50].

Trotz der vielfältigen Anwendung dieser Adjuvanzien ist der Wirkmechanismus ähnlich wie für Alum nicht völlig verstanden. Der Effekt der Adjuvanzien basiert nicht auf einer direkten Stimulation TLR-abhängiger Signalwege und auch nicht auf einer Depotwirkung. Entscheidend für die Wirksamkeit dieser Adjuvanzien ist das Vorliegen der lipophilen Phase in Form feiner Tröpfchen (Lipid Droplets) in der Emulsion. Nichtemulgiertes Squalen übt keinen Adjuvanseffekt aus. MF59 und AS03 bedingen keine direkte DC-Aktivierung, fördern aber die Aufnahme von Antigen in APCs. Durch die lokale Immunmodulation kommt es zur Expression von Zytokinen und somit zu einer indirekten TLR-unabhängigen Aktivierung. Weiterhin fördern AS03 und MF59 den Antigentransport zu benachbarten Lymphknoten. Die immunstimulatorische Wirkung von Alpha-Tocopherol als eine weitere Komponente basiert auf der verstärkten Expression der Chemokine CCL2 (Chemokine Ligand 2), CCL3, IL-6 und des koloniestimulierenden Faktors CSF-3 sowie des Chemokins CXCL1 (C-X-C Motif Ligand 1; [51,52,53,54,55]).

Da Squalen und Alpha-Tocopherol schnell resorbiert und metabolisiert werden, ist für den Adjuvanseffekt eine gleichzeitige Gabe von Adjuvans und Antigen erforderlich. AS03 und MF59 führen im Vergleich zu Alum zu einer stärkeren Antikörperantwort, bedingt durch die starke Induktion einer TFH-Antwort. Weiterhin bedingen MF59 und AS03 die Expansion von bereits existenten B‑Gedächtniszellen nach einer Boosterung.

Eine besondere Bedeutung kommt MF59 und AS03 als Adjuvanzien bei Influenzaimpfstoffen zu. MF59 findet auch bei saisonalen Grippeimpfstoffen Verwendung. Hier konnte beobachtet werden, dass MF59 die Bildung von kreuzreagierenden neutralisierenden Antikörpern gegen Driftvarianten von H3N2-Influenza-A-Viren verstärkt. Bei pandemischen Influenzaimpfstoffen erlaubt die Anwendung von MF59 und AS03 die deutliche Verminderung der Antigenmenge pro Impfdosis. Bei der sog. Schweinegrippepandemie wurde im Zusammenhang mit der Verimpfung von AS03-adjuvantiertem Impfstoff in Europa (Pandemrix®) und Nordamerika (Arepanrix®) ein Anstieg von Narkolepsiefällen bei Kindern und jungen Erwachsenen beobachtet. Im Zusammenhang mit der Verimpfung von MF59-adjuvantiertem Impfstoff wurde dies bislang nicht beobachtet [56, 57].

Bei den Pandemrix®- und Arepanrix®-assoziierten Fällen ist die Narkolepsie durch das Fehlen des Neuropeptidhormons Hypocretin charakterisiert, bedingt durch die Zerstörung hypocretinproduzierender Neurone im Bereich des Hypothalamus. Die molekulare Ursache für die Zerstörung dieser Neurone ist derzeit noch nicht verstanden. Eine mögliche Ursache wird in der Anwesenheit der großen Menge an Alpha-Tocopherol gesehen, das zu einer Deregulation von Nrf2/ARE-abhängigen Signalwegen führt und somit letztlich die Menge hypocretinspezifischer Peptide an der Oberfläche, die abhängig vom Haupthistokompatibilitätskomplex HLADQB602 präsentiert werden, erhöhen kann und somit diese Zellen für eine autoimmune Zerstörung markiert [58,59,60].

Kombinierte Adjuvanzien

Bei einer dritten Gruppe von Adjuvanzien sind zwei unterschiedliche Immunstimulatoren kombiniert. AS01 ist eine Kombination von MPL und Saponin QS21. Bei QS21 handelt es sich um ein wasserlösliches Triterpen-Glycosid, das aus der Rinde des Seifenrindenbaums (Quillaja saponaria Molina) isoliert wird. Zur Hemmung der hämolytischen Aktivität erfolgt die Formulierung mit MPL in Anwesenheit von Cholesterol als Liposomen. Der Mechanismus des QS21-basierten Adjuvanseffekts ist ebenfalls nicht komplett verstanden. QS21 wirkt auf Makrophagen in der subkapsulären Region der benachbarten Lymphknoten und bedingt dort die Aktivierung des proteolytischen Enzyms Caspase-1. Die Rolle von NLRP3 wird hierbei kontrovers diskutiert. Als Mechanismus wird nach der Internalisierung von QS21 eine Destabilisierung lysosomaler Membranen und eine Aktivierung der Proteinkinase Syk angenommen [61, 62].

Wie für die anderen beschriebenen Adjuvanzien muss die Applikation von AS01 an der gleichen Stelle und in zeitlicher Nähe zur Applikation des Antigens erfolgen, um einen Effekt auf die B‑ und T‑Zell-Antwort auszuüben.

Bei AS01 kommt es zu einem synergistischen Effekt von MPL und QS21, was AS01 von anderen Adjuvanzien unterscheidet. Eine entscheidende Rolle für den synergistischen Effekt spielt das Zytokin Interferon Gamma (IFNγ), das zum Anstieg von CD8+-T-Zellen, die spezifisch für das jeweilige Antigen sind, führt [63]. Die Applikation von AS01 bedingt einen raschen Anstieg an IL-12, IL-18 und Makrophagen, welche die Produktion von IFNγ in erster Linie in natürlichen Killerzellen (NK) der Lymphknoten anregen. Diese rasche Induktion der IFNγ-Expression ist essenziell für die Aktivierung von DCs und von Th1-Zellen [64, 65].

Im Unterschied zu den anderen oben beschriebenen Adjuvanzien hat AS01 keinen Einfluss auf die Antigenaufnahme der jeweiligen Zelle, sondern erhöht die Anzahl der Zellen, die Antigen aufnehmen. AS01 bedingt so eine deutliche Verstärkung der B‑ und T‑Zell-Antwort auch in älteren Patienten. Bei vergleichenden Studien unter Verwendung von HBV-Oberflächenantigen (HBsAg) zeigte es sich, dass AS01 im Vergleich zu anderen getesteten Adjuvanzien die angeborene Immunantwort am stärksten aktivierte [66]. In Abb. 2 ist eine zusammenfassende Darstellung verschiedener Wirkmechanismen einzelner Adjuvanzien dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Wirkmechanismen von Adjuvanzien. Übersicht über Zielstrukturen von Adjuvanzien und Effekte, die von Adjuvanzien ausgelöst werden können. Die dargestellte Th1–Th2-Dichotomie stellt sicherlich eine Vereinfachung dar, da eine Vielzahl weiterer Th-Zellen wie Th17, Th9 oder Th22 existiert, die charakteristische Zytokinprofile und funktionelle Eigenschaften haben [70]. Ebenso wurde aus Gründen der Vereinfachung die Rolle von follikulären T‑Helferzellen nicht abgebildet

Schlussfolgerungen und Ausblick

Adjuvanzien stellen ein wesentliches Werkzeug für die Verfügbarmachung effizienter Impfstoffe dar. Eine wesentliche Herausforderung neben der Entwicklung weiterer Adjuvanssysteme und der Charakterisierung verschiedener Adjuvanssysteme wird die detaillierte Aufklärung der Wirkmechanismen sein. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund einer im Zusammenhang mit pandemischen Influenzaimpfstoffen geführten Debatte über die Sicherheit adjuvantierter Impfstoffe von entscheidender Bedeutung. Das Auftreten einer erhöhten Inzidenz von Narkolepsiefällen bei Kindern und Jugendlichen, die mit den AS03-adjuvantierten Impfstoffen Pandemrix® oder Arepanrix® geimpft wurden, ohne dass bisher ein in-vivo-bestätigter plausibler Pathomechanismus identifiziert werden konnte, unterstreicht die Notwendigkeit solcher Untersuchungen, um die Sicherheit dieser Impfstoffe und somit die im Pandemiefall dringend erforderliche Akzeptanz adjuvantierter Impfstoffe sicherzustellen. Tiefergehende mechanistische Kenntnisse sind auch die Grundlage, um die Stärke und Ausprägung der Immunantwort durch Adjuvanzien und Adjuvanzienkombinationen effizient modulieren zu können. Hierbei wird sich auch die Frage stellen, inwieweit einzelne Adjuvanzien und Adjuvanzienkombinationen geeignet sind, neben einer robusten Antikörperantwort auch zelluläre Immunität zu induzieren, um so eine therapeutische Wirksamkeit zu erzielen. Dabei wird auch eine wesentliche Fragestellung sein, inwieweit Adjuvanzien, die, wie oben beschrieben, die Antigenaufnahme in APCs modulieren können, auch geeignet sein können, DCs gezielt anzusteuern, um so die Immunantwort hinsichtlich einer B‑Zell-Antwort oder einer T‑Zell-Antwort zu formen. Neben der Auswahl jeweils geeigneter Adjuvanzien wird hierbei auch der Applikationsweg eine entscheidende Rolle spielen.

Die Induktion einer lokalen Immunität kann wesentlich für die Wirksamkeit einer Impfung sein. So wurde für den attenuierten Lebendimpfstoff gegen Influenza (LAIV) beschrieben, dass es nach der nasalen Applikation u. a. in der Nasenschleimhaut zur Induktion einer IgA-Antwort kommt. Diese lokale Immunantwort trägt entscheidend zur Wirksamkeit bei [67, 68]. Schleimhäute stellen eine vorrangige Eintrittspforte für eine Reihe von Pathogenen dar, sodass die Induktion einer lokalen Immunität in diesem Bereich ganz wesentlich zur Wirksamkeit der Impfung beitragen kann. Für Retinsäure, ein Vitamin-A-Metabolit, wurde beschrieben, dass diese nach parenteraler Immunisierung im Bereich der Darmschleimhaut die IgA-Antwort verstärkt [69].

Der auf absehbare Zeit noch immer begrenzt bleibende Wissensstand über die Wirkmechanismen von Adjuvanzien und insbesondere die Abhängigkeit der Immunantwort in ihrer qualitativen und quantitativen Ausprägung von der Antigen-Adjuvans-Kombination und der Mengenverhältnisse erfordert auch auf absehbare Zeit eine Zulassung von adjuvantierten Impfstoffen als eine Einheit aus Antigen und Adjuvans. Eine getrennte Zulassung von Adjuvans und Antigen und deren variable Kombination sind derzeit nicht sinnvoll.