Der Begriff „hochkontagiöse, lebensbedrohliche Erkrankung“ (HKLE, engl.: Highly Infectious Disease, HID) definiert vorwiegend virale und bakterielle Krankheitsbilder, die i) leicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind, ii) für die wenige oder keine spezifischen Prophylaxe- oder Behandlungsoptionen bestehen und die iii) aufgrund dessen – gemäß § 6 [1, 2] des Infektionsschutzgesetzes – eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit darstellen sowie besondere Maßnahmen und Vorbereitungen seitens der Gesundheitsbehörden erfordern [1, 3]. Im englischen Sprachgebrauch findet sich in diesem Zusammenhang auch der Begriff einer „infectious disease of high consequence“, der ebenso die aufgeführten Kriterien vereint, aber die Rolle des öffentlichen Gesundheitswesens besonders hervorhebt. In diese Definition fallen Erreger viraler hämorrhagischer Fieber (z. B. Filo-, Bunya- und Arenaviren) und respiratorischer Syndrome (z. B. SARS- oder MERS-Coronaviren, hochpathogene aviäre Influenzaviren oder Yersinia pestis) sowie alle neu oder wieder auftretenden Infektionserreger, die potenziell von Mensch zu Mensch übertragbar sind (z. B. Coxiella burnetti) [4]. Unterschiedlichste Vertreter dieser Gruppen haben in den vergangenen Jahren Berücksichtigung im europäischen und deutschen Gesundheitssystem gefunden. Außerdem finden sich z. B. natürliche Reservoire und Übertragungen des Krim-Kongo Hämorrhagischen Fiebers innerhalb der Europäischen Union (EU) [2, 59]. Die anhaltende Ebolafieber-Epidemie in Westafrika sowie mit ihr verbundene Einzelfälle von Infektionen innerhalb der EU spiegeln exemplarisch die Herausforderungen wider, denen sich unser Gesundheitssystem stellen muss, wenn eine Ausbreitung entsprechender Infektionen verhindert werden soll, ohne wesentliche Einschränkungen in der Qualität der medizinischen Versorgung hinzunehmen [10]. Patienten, die als begründeter Verdachtsfall für eine HID eingestuft werden, sollten daher in einer klinischen Einrichtung versorgt werden, die eine personell und organisatorisch gesicherte, qualitativ hochwertige sowie den klinischen als auch ethischen Ansprüchen entsprechende Therapie gewährleisten kann. In erster Linie steht diesem Anspruch eine für die Mitarbeiter sichere, den Regeln entsprechende Vorbeugung, Eindämmung und Kontrolle möglicher Infektionsrisiken gegenüber [1].

Konsensusleitlinien für den operativen Betrieb und die technischen Anforderungen an moderne Sonderisolierstationen wurden 2006 und 2009 publiziert [1, 11]. Darüber hinaus wurden unterschiedliche Projekte ins Leben gerufen, um etwa eine europaweite Vereinheitlichung in der Labordiagnostik zu erreichen oder Mitarbeiter in den Notaufnahmen darin zu schulen entsprechende Krankheitsbilder zu erkennen [1215]. In Deutschland existiert mit dem „Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren“ (STAKOB)Footnote 1 beim RKI eine Expertenplattform für den Austausch zwischen hiesigen Behandlungs- und Kompetenzzentren, die jedoch keine gemeinsame Datenbank zur Erfassung der de facto Kapazität, Ausstattung oder Personalverfügbarkeit aufweist [16]. Rechtlich bindende Dokumente für infrastrukturelle und technische Anforderungen an Sonderisolierstationen liegen erst seit 2012 in Form der „Technischen Regel Biologische Arbeitsstoffe“ (TRBA) 250 vor [17].

Ziel der Arbeit: Der von der EU finanziell geförderte Netzwerkverbund „European Network for Highly Infectious Diseases – EuroNHID“ wurde 2007 ins Leben gerufen, um die Infrastruktur, operativen Verfahrensabläufe sowie die technische Ausstattung von Behandlungszentren in Europa zu erfassen und mit publizierten Anforderungen zu vergleichen.

Arbeitshypothese: Aufgrund von teilweise erheblichen Unterschieden in der Geografie, in den nationalen Krisenreaktionsplänen für biologische Gefahrenlagen, aber auch bei den Erfahrungen im Umgang mit autochthonen und importierten Fällen hochkontagiöser, lebensbedrohlicher Erkrankungen wurde davon ausgegangen, dass die Erfüllungsrate der formulierten Anforderungen differiert. Die im Folgenden dargestellten Resultate sind daher Teilergebnisse dieser Querschnittstudie, deren Datenerfassung im Frühjahr 2010 abgeschlossen wurde [18].

Methoden: Netzwerkstruktur, Studiendesign, Teilnehmer und Finanzierung

EuroNHID ist ein Zusammenschluss von klinischen Infektiologen und Experten des öffentlichen Gesundheitswesens, die persönliche Erfahrungen im Umgang mit biologischen Gefahrenlagen und besonders mit klinischen Fällen von HKLE aufweisen. Die Identifikation dieser Experten erfolgte mit Unterstützung der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucher (GD SANCO) der EU über Anfragen bei den zuständigen nationalen Gesundheitsoberbehörden aller Mitgliedsstaaten. Administrative Aspekte des Netzwerkes wurden durch ein italienisches Koordinationsbüro, wissenschaftliche und die Studienumsetzung betreffende Fragen von einem Lenkungsgremium erarbeitet. Letzterem gehören Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Italien an. Beide Gremien nahmen ihre Arbeit Ende 2007 auf und kommunizierten Ergebnisse an alle nationalen Netzwerkpartner (siehe Anhang).

Drei Fragebögen, sog. Checklisten, wurden auf Basis einer Literaturrecherche, Expertenmeinungen, nationalen Krisenreaktionsplänen sowie Leitlinien internationaler Körperschaften erstellt. Alle Checklisten überprüften besondere Aspekte der Arbeit in Behandlungszentren über offene, geschlossene und halb offene Fragen oder Freitextangaben. Insgesamt wurden 44 spezifische Aspekte mit 148 Fragen erfasst. In der vorliegenden Arbeit bearbeitete Aspekte wurden in der Checkliste 1 überprüft, die 3 Sektionen umfasst: i) Infrastruktur, ii) technische Ausstattung und iii) Personal. Eine vierte, optionale Sektion erfasste Aspekte des Umgangs mit Verdachtsfällen in den Notaufnahmestationen der an die Behandlungszentren angegliederten Kliniken [19]. Alle Checklisten wurden einer Pilot-Anwendungsphase in den am Lenkungsgremium beteiligten Behandlungszentren unterzogen und erfuhren nachfolgend geringe Veränderungen [20]. Sie können nach Anmeldung unter www.eunid.eu eingesehen werden.

Das Lenkungsgremium identifizierte bis Herbst 2009 geeignete Behandlungszentren für die Studie in der EU. Die nationalen Gesundheitsoberbehörden aller 27 EU-Mitgliedsstaaten wurden um eine Mitarbeit an der Studie und um eine Benennung entsprechender Zentren und Ansprechpartner gebeten. Voraussetzung für eine Studienteilnahme war die Benennung eines Behandlungszentrums als klinische Versorgungseinrichtung für die Zuweisung, Sichtung, und Behandlung von HKLE-Verdachtsfällen. Von zum damaligen Zeitpunkt 27 EU-Mitgliedsstaaten nahmen 15 freiwillig an der Studie teil und benannten einen nationalen Vertreter als Netzwerkpartner, unabhängig von der Anzahl der eingeschlossenen Zentren im jeweiligen Staat.

Alle Checklisten wurden nachfolgend bis Ende 2009 an alle nationalen Netzwerkpartner verteilt. Erwartet wurde eine Rückantwort innerhalb von 3 Monaten. Zur Verfügung gestellte Daten wurden nachfolgend durch persönliche Besuche des nationalen Netzwerkpartners sowie eines Vertreters des Lenkungsgremiums bestätigt, wenngleich dies in n=4/48 Zentren nicht möglich war. Die Datendokumentation jeweils in Anwesenheit eines Vertreters des Lenkungsgremiums, des nationalen Netzwerkpartners und des lokalen Leiters des Behandlungszentrums kann einen Beobachter- oder Untersucherbias weitgehend ausschließen. Nach Abschluss der Datenauswertung wurde den beteiligten Zentren eine schriftliche Stellungnahme des Lenkungsgremiums zugestellt, in der der Erfüllungsgrad und die Einschätzung der Stellung im Vergleich zu anderen Zentren dargelegt wurden.

EuroNHID wurde finanziell über einen Zeitraum von initial 36 Monaten durch die Europäische Kommission, im besonderen GD SANCO, gefördert. Eine Vertragsverlängerung erfolgte ohne zusätzliche finanzielle Förderung für weitere 6 Monate (bis Dezember 2010). 2010 wurde der GD SANCO ein technischer und wissenschaftlicher Bericht zu allen erhobenen Daten zur Verfügung gestellt.

Ergebnisse

Teilnehmende Zentren

Bis Mitte 2010 konnten insgesamt 48 Behandlungszentren in 16 Ländern Europas in die Studie eingeschlossen werden; in alphabetischer Reihenfolge sind dies: Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Norwegen, Österreich, Polen, Slowenien und Spanien. Weitere 12 europäische Mitgliedsstaaten lehnten eine Teilnahme ohne Angabe von Gründen ab. Alle zu diesem Zeitpunkt in Deutschland in der STAKOB organisierten Behandlungszentren beteiligten sich an der Datenerhebung. Namentlich waren dies: Charité, Berlin; Goethe Universität, Frankfurt am Main; Bernhard-Nocht-Klinik für Tropenmedizin, Hamburg; Klinikum des Saarlandes, Homburg; Klinikum St. Georg, Leipzig; Städtisches Klinikum München-Schwabing; Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart; Missionsärztliche Klinik, Würzburg. Die Datenerhebung wurde Ende 2009 abgeschlossen, außer beim Behandlungszentrum in Norwegen, das die Fragebögen verspätet erhielt. Ein Datenabgleich mit Beobachtungen bei persönlichen Besuchen der Zentren konnte bis Frühjahr 2010 abgeschlossen werden.

Mit Ausnahme von Norwegen waren alle eingeschlossen Zentren in Mitgliedsstaaten der EU lokalisiert. Außer in Spanien konnten von allen nationalen Zentren der teilnehmenden Staaten Daten erhoben werden.

Insgesamt lag die mediane Rückantwortrate für die Checkliste 1 bei 97,9 % (n=47/48 Zentren), mit einer Streuung von n=7/48 (14,6 %) bis n=48/48 (100 %) Antworten der Zentren zu spezifischen Fragen. Alle hier dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf Fragen mit einer validen Rückantwort aus mindestens 44 Zentren (>90 %).

Hintergrunddaten zu den teilnehmenden Zentren

Die Mehrzahl aller in die Studie eingeschlossenen Behandlungszentren wurden im Jahr 2001 oder später erbaut beziehungsweise grundlegend renoviert (n=32/47, 66,7 %). Diese Feststellung ist mit Ausnahme des bereits im Jahr 2000 eröffneten Leipziger Behandlungszentrums ebenso für Deutschland zutreffend. Im Gegensatz zu 17 Zentren anderer Nationen (37 %) gaben alle deutschen Behandlungszentren an, dass sie zum Zeitpunkt der Errichtung keinen Zugriff auf rechtlich bindende Regelungen zu Fragen infrastruktureller oder technischer Anforderungen hatten. Vielmehr wurden etwa Regelungen für den Betrieb von Sicherheitslaboren der Schutzstufe 3 oder 4 sowie die Erfahrung anderer (inter-)nationaler Zentren herangezogen.

Nur 3 der eingeschlossenen Zentren (6,3 %) wurden spezifisch für die Versorgung von pädiatrischen Patienten errichtet, 14 weitere (29,2 %) sehen sich als Behandlungszentren allein für Erwachsene. Die Mehrzahl aller (n=31/48, 64,6 %) und auch der deutschen Zentren (n=7/8) gibt an sowohl für die Versorgung von Erwachsenen als auch Kindern zur Verfügung zu stehen.

Nach Frankreich und vor Griechenland wies Deutschland im Jahr 2010 mit n=8 Behandlungszentren die zweithöchste Zahl an entsprechenden klinischen Zentren auf; im Median finden sich nur 2 Zentren pro teilnehmender Nation. Die Anzahl an Isolationsbetten für HKLE-Patienten pro Zentrum variiert jedoch deutlich von 1 bis zu 112 Betten (Median: 17,5) mit einem Median für Erwachsene von 9,3 und 7,2 Betten für pädiatrische Patienten. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung variiert die Anzahl an Isolationsbetten ebenso deutlich zwischen 0,05 und 29,9 Betten/1 Mio. Einwohner (Median 1,35). Mit einer absoluten Anzahl von 44 Isolationsbetten in 8 deutschen Behandlungszentren ergab sich für das Jahr 2010 eine Verfügbarkeit von 0,54 Isolationsbetten/1 Mio. Einwohner. Dieser Wert liegt innerhalb der 25 %-Quartile für alle in die Studie eingeschlossenen Zentren, nur unterboten von Großbritannien (0,05), Polen (0,05) und Italien (0,08) [21].

Mit Ausnahme von Großbritannien verwendeten alle eingeschlossenen Behandlungszentren eine Persönliche Schutzausrüstung (PSA), die zum damaligen Zeitpunkt den heute geltenden Empfehlungen der TRBA 250 entsprach. Diese besteht zumindest aus einem chemikaliendichten Overall, Gummistiefeln sowie einem außenluftabhängigem, High-Efficacy-Particulate-Air (HEPA)-gefilterten Gebläse mit angeschlossener Kopfhaube (sog. Barrier Nursing) [17, 22]. Wenngleich auch deutsche Zentren über diese PSA verfügten und verfügen, war zum damaligen Zeitpunkt eine deutliche Varianz bei den Herstellern unterschiedlicher Komponenten zu erkennen.

Technische Ausstattung

Gemäß den Konsensusleitlinien [1, 11]Footnote 2 wurde als essenzielle technische Ausstattung für den Betrieb eines Behandlungszentrums eingestuft: Unterdruck in den Behandlungszimmern; ein Schleusenraum; aerosoldichte Türen und Fenster; HEPA-filtrierte Abluft sowie eine Wand-, Boden- und Deckenbeschichtung, die gängigen Dekontaminationsmaßnahmen standhält [1]. Bis auf 5 (n=43/48, 89,6 %) wiesen alle Zentren Unterdruckräume auf und die Mehrzahl von ihnen erfüllte andere als essenziell eingestufte Anforderungen (n=34/48, 70,8 %). Waren nicht alle Anforderungen erfüllt, fehlte meist eine HEPA-Filtrierung der Abluft (n=14/48).

Zusätzlich zu den als essenziell eingestuften Anforderungen wurden optionale technische Ausstattungen benannt, die einen additiven Einfluss auf die Mitarbeitersicherheit oder Hygiene haben: selbstschließende Türen; akustische und/oder visuelle Unterdruckanzeigen; ein für die Mitarbeiter (MA) und isolierten Patienten exklusiv vorgesehener Flucht- und Rettungsweg sowie ein internes Kommunikationssystem (MA-zu-MA und MA-zu-Patient). Die Mehrzahl aller Zentren konnte mindestens 3 dieser optionalen Ausstattungen vorweisen (n=43/48, 70,8 %), nur knapp die Hälfte verfügte jedoch über einen exklusiven Flucht- und Rettungsweg (n=27/48, 56,3 %), um einen Kontakt mit anderen MA oder Patienten zu vermeiden. Fazit: Alle deutschen Behandlungszentren erfüllten als essenziell eingestufte Anforderungen und wiesen in der Mehrzahl optionale Ausstattungen aus: Alle Zentren wiesen visuelle und/oder akustische Unterdruckanzeigen sowie ein internes Kommunikationssystem auf. Allerdings fehlten in 2 Behandlungszentren exklusive Flucht- oder Rettungswege und in 3 Behandlungszentren selbstschließende Türen.

Abb. 1
figure 1

Technische Ausstattung der in die Studie eingeschlossenen Behandlungszentren. Die angegebenen Ziffern beziehen sich auf die Zahl an Zentren, die die jeweilige Anforderung erfüllten. (POC Point-of-Care)

Medizinische Versorgung

Eine intensivmedizinische Versorgung von HKLE-Patienten innerhalb des Isolationsbereiches war in n=33/48 (68,8 %) Zentren möglich, darunter fielen auch alle deutschen. Weitere 12 Zentren (25 %) sahen die Verlegung und Versorgung intensivpflichtiger HKLE-Patienten in speziell ausgestatteten Isolationszimmern der allgemeinen Intensivstationen vor, 3 Zentren (6,3 %) konnten keine intensivmedizinische Versorgung der Patienten gewährleisten (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Zahl der in die Studie eingeschlossenen Zentren mit einer intensivmedizinischen Versorgungskapazität. ITS im Isolierbereich: Eine intensivmedizinische Versorgung ist innerhalb des Unterdruckbereiches möglich; ITS außerhalb: Eine intensivmedizinische Versorgung ist nur außerhalb des Unterdruckbereiches möglich (z. B. Standardintensivstation); ITS nicht vorhanden: keine intensivmedizinische Versorgung gewährleistet. (ITS Intensivmedizinische Versorgung)

Medizinisches Gerät zur Überwachung der Vitalfunktionen war in allen befragten Zentren verfügbar (z. B. Monitore und Defibrillatoren). Im Gegensatz dazu fanden sich jedoch nur in 12 Zentren (25 %) auf den Isolierstationen eingelagerte und sofort verfügbare Beatmungsgeräte. In 32 anderen Einrichtungen (66,7 %) mussten die Geräte von anderen Stationen bereitgestellt werden, 4 (8,3 %) konnten keinen Zugriff auf eine maschinelle Beatmung sicherstellen. 42 Zentren hatten einen permanenten Zugriff auf ein Blutgasanalysegerät oder konnten kurzfristig darauf zugreifen, 6 Zentren waren jedoch beide Optionen versperrt. Demnach ist davon auszugehen, dass von insgesamt 45 Zentren, die eine intensivmedizinische Versorgung von HKLE-Patienten als gesichert angaben, eines keinen Zugriff auf ein Beatmungsgerät und 3 keine gesicherte Möglichkeit zum Monitoring der Beatmungstherapie sicherstellen konnten. Eine über die benannten technischen Geräte hinaus bestehende bettplatznahe Diagnostik (Point-of-Care) zur Analyse von Parametern der Hämatologie oder klinischen Chemie konnten neben je einem Zentrum in Bulgarien, Dänemark, Frankreich und Großbritannien alle deutschen Behandlungszentren vorweisen. Eine Basisdiagnostik mikrobiologischer Parameter wie die Bebrütung von Bakterienkulturen wurde außer in Großbritannien nur in Deutschland durchgeführt (Abb. 1). Fazit: Für die deutschen Behandlungszentren konnten keine Einschränkungen der intensivmedizinischen Versorgungsmöglichkeit formuliert werden. Alle gaben eine sofortige oder kurzfristige Verfügbarkeit von Beatmungsgeräten, Blutgasanalysegeräten sowie weiterer Point-of-Care-Diagnostik an.

Personal

Nahezu alle befragten Einrichtungen (n=45/47, 95,7 %) gaben an, einen 24-stündigen Zugriff auf spezifisch geschultes Personal zu haben. Im Gegensatz dazu, konnten aber nur n=35/48 Zentren (72,9 %) Protokolle oder Dienstanweisungen vorlegen, die den Prozess einer Kontaktaufnahme zu für den Betrieb des Zentrums notwendigen MA darlegte. Eine Schichtplanung zur Reduktion der Zahl an gegenüber Patienten exponierten MA und zur Einhaltung von Ruhepausen bei Arbeiten mit PSA war in 34/48 Zentren (70,8 %) verfügbar.

Auch wenn nicht alle Einrichtungen eigenständige Kliniken oder Abteilungen für Infektiologie waren, so hatten dennoch nahezu alle einen dauerhaften Zugriff auf spezifisch für HKLE-Fälle geschulte klinische Infektiologen (93,6 %, n=44/47) und Krankenpflegekräfte (n=41/48, 85,4 %). Im Gegensatz dazu konnten von 45 Zentren, die eine intensivmedizinische Patientenversorgung als gesichert angaben, nur 34 (75,5 %) einen dauerhaften Bereitschaftsdienst spezifisch geschulter Intensivmediziner oder von Intensivpflegepersonal (n = 32/45, 71,1 %) vorweisen (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Zahl der in die Studie eingeschlossenen Zentren, die über (nicht)ärztliches Intensivfachpersonal verfügen. Gesichert: Intensivfachpersonal ist fester Bestandteil des im Unterdruckbereich tätigen Personals oder steht kurzfristig zur Verfügung (Rufbereitschaft); Nicht gesichert: Intensivfachpersonal ist nicht Bestandteil des im Unterdruckbereich tätigen Personals, eine Rufbereitschaft besteht nicht

Darüber hinaus hatten von 34 Zentren, die sich in der Lage sahen auch pädiatrische Patienten zu versorgen, nur 11 (32,4 %) Zugriff auf spezifisch geschulte Pädiater. Fazit: Alle deutschen Behandlungszentren konnten Protokolle vorweisen, die einen 24-stündigen Zugriff auf spezifisch geschultes infektiologisches, intensivmedizinisches und – wenn vorgesehen – auch pädiatrisches Personal möglich machten; nur ein Behandlungszentrum konnte keine Schichtplanung ausweisen.

Fazit

Entsprechend der Arbeitshypothese konnte eine deutliche Varianz bei der Erfüllung der überprüften Anforderungen festgestellt werden. Aus diesem Grund postuliert EuroNHID zur Harmonisierung der Terminologie innerhalb der EU eine Klassifizierung der Einrichtungen nach dem Erfüllungsgrad in 3 Versorgungsstufen ([18]; Abb. 4):

Abb. 4
figure 4

Zuordnung und Zahl der in die Studie eingeschlossener Zentren in die 3 postulierten Versorgungsstufen. Details siehe Fließtext

  1. (i)

    Die High Level Isolation Units (HLIU) als vollkommen unabhängig von anderen Funktionsbereichen des Krankenhauses arbeitende und über eine spezifische technische Ausstattung verfügende Zentren. Über ein Drittel aller Zentren (n=18/48, 37,5 %) erfüllten diese Kriterien vollständig. Von diesen finden sich 6 in Deutschland, 5 in Frankreich, 2 in Italien und je eine in Großbritannien, Finnland, Griechenland, Irland und Norwegen. Der Begriff „HLIU“ ist als Synonym für den in Deutschland geltenden Begriff „Sonderisolierstation“ zu werten.

  2. (ii)

    Die Isolation Rooms (oder: Wards), als über eine spezifische technische Ausstattung verfügende Zentren, die funktionell (teil-)abhängig von anderen Krankenhausbereichen sind (z. B. zur intensivmedizinischen Versorgung). Die Mehrzahl aller in die Studie eingeschlossenen Zentren fiel in diese Gruppe, da sie entweder infrastrukturelle Komponenten oder Fragen der Personalplanung nicht erfüllten (n=25/48, 37,5 %). Die entsprechenden Einrichtungen werden dabei als essenziell für die Evaluation von Verdachtsfällen sowie deren kurz- bis mittelfristige Versorgung angesehen, bevor eine Verlegung in eine HLIU erfolgen kann. Von diesen Isolation Rooms finden sich 5 in Frankreich, Griechenland und Spanien, 2 in Deutschland und je 1 in Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg, Malta, Polen und Slowenien. Im deutschen Sprachgebrauch findet sich hierfür kein Begriff; es kann von „Isolierstationen“ gesprochen werden.

  3. (iii)

    Die Referral Centers, die weder spezifisch ausgestattet sind noch funktionell unabhängig arbeiten können und die daher nur zur initialen Sichtung und Evaluation von Verdachtsfällen zur Verfügung stehen sollten. In diesen Einrichtungen kann nur eine kurzfristige Versorgung von HKLE-Patienten mit einem erhöhten Infektionsrisiko erfolgen, eine mittelfristige Versorgung wird als nicht empfehlenswert erachtet. Zwei dieser Einrichtungen finden sich jeweils in Frankreich und Bulgarien und in Österreich. Im deutschen Sprachgebrauch findet sich hierfür kein Synonym; funktionell spiegeln „Referral Centers“ Sichtungsräume in Notaufnahmen wider, wenn das betroffene Krankenhaus über eine infektiologische Expertise verfügt.

Diskussion

Neben den aktuellen Fällen infolge der Ebolafieber-Epidemie in Westafrika mussten das europäische und deutsche Gesundheitssystem bereits in den vergangenen Jahrzehnten die Versorgung von Patienten mit autochthonen oder importierten hochkontagiösen Erkrankungen bewerkstelligen. Die Mehrzahl der europäischen Länder verfügt über nationale Krisenreaktionspläne, die spezialisierte Behandlungszentren als integralen Bestandteil der klinischen Versorgung potenziell hochansteckender Patienten ausweisen [2, 49, 2325]. Die bis 2010 durch EuroNHID erhobenen Daten stellen nun die erste standardisierte Erhebung zur technischen Ausstattung, Personalverfügbarkeit und dem Betrieb dieser Zentren dar.

Eine deutliche Einschränkung erfährt die aktuelle Interpretation dieser Daten aufgrund des Erhebungszeitraumes sowie der Teilnahme von nur 16 europäischen Ländern. Darüber hinaus basiert die hier dargestellte Gruppierung von Behandlungseinrichtungen nach technischer Ausstattung und funktioneller Unabhängigkeit auf Arbeiten, an denen die in die Studie eingeschlossenen Zentren beteiligt waren. Dieser Umstand kann die Datenbewertung beeinflusst haben und sie sollte einer unabhängigen Überprüfung unterzogen werden. Die von EuroNHID erhobenen Daten können nationalen Gesundheitsoberbehörden aber dennoch helfen, den eigenen Vorbereitungsstand im europäischen Vergleich zu analysieren. Er muss aber weitgehend an die vorliegenden Krisenreaktionspläne, geografischen Besonderheiten oder zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel angepasst werden. Mittel- bis langfristig sollte dabei das – bereits in den internationalen Gesundheitsvorschriften [26] der Weltgesundheitsorganisation formulierte – Ziel verfolgt werden, eine über nationale Grenzen hinweg geltende Terminologie zu etablieren, die unter anderem einen allgemein geltenden und akzeptierten Mindeststandard für Behandlungszentren definiert [27].

Die deutschen Behandlungszentren stehen dabei im europäischen Vergleich sehr gut da. Sie entsprechen nur mit geringen Einschränkungen den Anforderungen der Expertenleitlinien, obwohl nur ein deutsches Zentrum an deren Formulierung als Partner im EUNID-Netzwerk beteiligt war. Zudem findet sich in keinem anderen Land eine derart ausgeprägte Kombination von infektiologischer und intensivmedizinischer Kompetenz. Gemessen an der Bevölkerungsdichte und an den zur Verfügung stehenden Isolationsbetten kann daher ein sehr positives Resümee gezogen werden, das Einfluss auf die aktuelle Verlegung von Ebolafieber-Patienten aus anderen Nationen gehabt haben könnte. Die im europäischen Vergleich hohe Zahl an Behandlungszentren resultiert aus der föderalen Struktur Deutschlands sowie dem rein bodengestützten Transportkonzept für entsprechende Verdachtsfälle [28]. Andere EU-Mitgliedsstaaten wie Großbritannien, Italien oder Schweden verfolgen – auch aufgrund der jeweiligen Geografie – ein luftgestütztes Transportkonzept, das eine deutlich geringere Zahl an Behandlungszentren und damit verbundener Fokussierung der Expertise mit sich bringt [29]. Eine Besonderheit der deutschen Einrichtungen im europäischen Vergleich stellt auch die Verfügbarkeit einer bettplatznahen Labordiagnostik dar, die in einem vergleichbaren Umfang nur in Großbritannien zu finden war [30].

In Deutschland sind die Sonderisolierstationen im STAKOB vertreten und organisiert [16]. Aufgrund unterschiedlicher Ursachen – wie Neu- oder Umbaumaßnahmen sowie Ausweitung oder Einschränkung der Bettenkapazitäten – spiegeln die hier dargestellten Ergebnisse die aktuelle Versorgungslage für potenziell hochansteckende Patienten nur teilweise wider. Folgende Veränderungen sind dabei explizit zu beachten: i) Die Universitätsklinik Hamburg verfügte 2010 nur über ein provisorisches Behandlungszentrum im Sinne eines Isolationszeltes mit 2 Bettplätzen. Auch in Bezug auf die Ergebnisse zur technischen Ausstattung (wie etwa zu den internen Kommunikationssystemen oder den selbstschließenden Türen) repräsentiert die Zeltform nicht den heutigen Stand. ii) Die Universitätsklinik Düsseldorf verfügte 2010 über keine Behandlungskapazitäten. iii) Die Kliniken des Saarlandes, die sich mittlerweile aus dem STAKOB zurückgezogen haben, verfügten zum Zeitpunkt der Datenerhebung über 2 Bettplätze.

Diese Entwicklungen und andere – etwa durch Veränderungen in der Qualifikation und in der quantitativen Verfügbarkeit von Personal – auftretende Schwankungen der realen Versorgungskapazität sind weitere Argumente für eine kontinuierliche, wenn möglich, zentrale Erfassung der Betriebsbereitschaft aller Behandlungszentren. Darüber hinaus sollte eine zentrale Erfassung auch eine bundeslandübergreifende Koordination von z. B. personellen Ressourcen und Transportkapazitäten im Bedarfsfall ermöglichen. Ein wichtiger Schritt vorab ist eine Harmonisierung der Ausstattung sowie der fachlichen und betriebsärztlichen Mindestqualifikation der eingesetzten Mitarbeiter, die in Deutschland bereits durch die im Sommer 2012 entsprechend überarbeitete TRBA 250 erreicht wurde. Wie sich auch bei den aktuell in Deutschland behandelten Ebolafieber-Fällen gezeigt hat, sind die nominellen Bettenkapazitäten in den Behandlungszentren primär nicht durch infrastrukturelle oder technische Aspekte, sondern vielmehr durch die Verfügbarkeit von spezifisch geschultem Personal begrenzt. Die (intensiv)medizinische Versorgung nur eines Patienten bindet im 8- bis 12-Stunden-Schichtmodell mehr ärztliches und nicht ärztliches Personal ein, als die meisten Abteilungen ohne Einschränkungen der Regelversorgung zur Verfügung stellen können. Aufgrund der hohen körperlichen und psychologischen Belastung einer Tätigkeit unter hohem Infektionsrisiko ist die Einhaltung von Ruhezeiten ebenso integraler Bestandteil eines infektionsvermeidenden Betriebskonzeptes, wie das kontinuierliche, dauerhafte Training von Mitarbeitern im sicheren An- und Ablegen der PSA (siehe Beiträge von Schmiedel und Kreuels sowie von Grünewald in diesem Heft). Die Folgen einer nur kurzfristigen Aufstockung von Personal im Bedarfsfall unter Vernachlässigung regelmäßiger praktischer Schulungen sind möglicherweise betriebswirtschaftlich vertretbar, können aber auch den Fällen von nosokomialen Ebolavirus-Infektionen in Spanien oder Amerika zugrunde liegen [10, 31, 32].

In diesem Zusammenhang muss daher bedacht werden, dass Sonderisolierstationen nur für die Versorgung von Einzelfällen oder kleinen Fallkohorten konzipiert und ausgestattet sind. Ihre Existenz und Verfügbarkeit stellen keinesfalls eine Alternative zu einer adäquaten Krankenhauseinsatzplanung dar, die die Versorgung von zumindest zweistelligen Patientenzahlen gewährleisten sollte [1]. Zudem werden außerhalb von Ballungszentren auftretende Fälle hochansteckender Infektionserkrankungen so lange in den sie initial aufnehmenden Einrichtungen versorgt, bis die für einen begründeten Verdachtsfall geltenden Kriterien erhoben und erfüllt sind. Hier ist für Häuser der Basisversorgung eine ressourcenschonende und an Krankheitsstadien adaptierte Vorgehensweise zu fordern, die neben dem Angebot an qualifizierten Schulungen auch eine PSA definiert, die den Bedürfnissen nicht spezifisch ausgebildeter Mitarbeiter entspricht ([15, 3335], siehe Beitrag von Gottschalk in diesem Heft).

Um eine qualitativ hochwertige, zukunftsorientierte und ressourcengerechte Versorgungskapazität für hochansteckende Patienten in Deutschland langfristig aufrechtzuerhalten, sind im Konsens zwischen den politischen und ärztlichen Vertretern, aber auch mit den Kostenträgern weitere Fragen zu diskutieren: Ist die allein bodengestützte inländische Verlegung von Patienten zeitgerecht oder erfordern die aktuellen Erfahrungen ein Umdenken? Ist es weiterhin den einzelnen Behandlungszentren zu überlassen, ihre Finanzierung mit dem zuständigen Bundesland und den Krankenkassen auszuhandeln oder kann eine bundeseinheitliche Mindestfinanzierung festgelegt werden? Die Diskussion sollte aber nicht nur mit dem Blick auf die Lage in Deutschland, sondern auch im Hinblick auf eine verbesserte Kooperation zwischen den EU-Mitgliedsstaaten geführt werden und organisatorische, infrastrukturelle sowie juristische Rahmenbedingungen für eine grenzübergreifende Nutzung von Ressourcen umreißen.

Nach den Milzbrandanschlägen 2001 in den USA und der weltweiten Verbreitung des SARS-Coronavirus 2003 wuchs aufgrund der Befürchtungen vor terroristischen Anschlägen mit biologischen Agenzien das öffentliche und politische Interesse am Ausbau der Kapazitäten zur Versorgung von potenziell hochansteckenden Patienten, das zu einer mittelfristigen Freisetzung finanzieller Mittel zum Neubau oder zur Renovierung deutscher Behandlungszentren führte. In den Folgejahren oblag es den Leitern der Behandlungszentren bei sinkendem Interesse der Öffentlichkeit – zum Teil gegen nicht geringe Widerstände – ihr Personal im klinischen Routinebetrieb in praktischer Übung und die hochkomplexen technischen Anlagen instand zu halten. Sowohl für die betroffenen Menschen als auch für das aktuell eingesetzte Personal ist zu hoffen, dass die Ebolafieber-Epidemie in Westafrika bald eingedämmt ist – das öffentliche Interesse an einer gesicherten Versorgungskapazität aber erhalten bleibt.

Netzwerkpartner

Das „European Network for Highly Infectious Diseases“ wurde von der Europäischen Kommission/Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucher gemäß Vertragsnummer 2006205 finanziert. Neben den Autoren dieses Artikels waren folgende Personen an der Datenerhebung und -auswertung beteiligt (in alphabetischer Reihenfolge des Landes): Mira Kojouharova und Kremena Parmakova (Bulgarien); Peter Skinhoej (Dänemark); Rene Gottschalk sowie alle Mitglieder der „Ständigen Arbeitsgemeinschaft der Kompetenz- und Behandlungszentren – STAKOB“ (Deutschland); Heli Siikamaki (Finnland); Philippe Brouqui und Christian Perronne (Frankreich); Helena C. Maltezou und Olga Adrami (Griechenland); Barbara Bannister und Gail Carson (Großbritannien); John Lambert (Irland); Giuseppe Ippolito (Projektleiter), Vincenzo Puro (Wissenschaftliche Projektleitung), Francesco Maria Fusco, Giuseppina De Iaco und Simone Lanini (Italien); Robert Hemmer (Luxembourg); Michael Borg (Malta); Arne Broch Brantsæter und Anne Lise Fjellet (Norwegen); Norbert Vetter (Österreich); Andrzej Horban (Polen); Franc Strle (Slowenien); Antoni Trilla (Spanien).