Hintergrund und Fragestellung

Das Harnblasenkarzinom ist das fünft häufigste Karzinom in den Industriestaaten mit über 300.000 Neuerkrankungen pro Jahr und 132.000 jährlichen Todesfällen weltweit [16]. Dabei handelt es sich in mehr als 90% der Tumoren um konventionelle Urothelkarzinome (Transitionalzellkarzinome). Diese weisen zwei histopathologisch und auch molekularbiologisch unterschiedliche Wachstumsformen auf:

  • zum einen mit rund 70–80% papilläre, nichtinvasive Urothelkarzinome (pTa), häufig gut differenziert („low grade“), und

  • zum anderen mit etwa 20% meist schlecht differenzierte, invasiv wachsende „High-grade-Tumoren“ (pT1–4) mit aggressivem Verhalten [12, 17].

Während letztere aus flachen, hochgradig dysplatischen Läsionen (Carcinoma in situ, CIS) hervorgehen und in fortgeschrittenem, invasivem Tumorstadium mit einer schlechten 5-Jahres- (<50%) Überlebensprognose assoziiert sind [12], entstammen die papillären Tumoren hyperplastischen Vorläuferläsionen. Klinisch bedeutsam ist trotz des überwiegend guten Verlaufs der papillären Tumoren eine hohe Rezidivrate (50–70%), was vor allem auf multifokale Tumorherde zurückzuführen ist. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass 10–20% dieser Tumoren zu (Muskel-) invasiven Stadien rekurrieren können [3].

Nachdem bislang kein absoluter Indikator zur Verfügung steht, welche papillären Tumoren progredient werden, ist eine engmaschige Überwachung aller Blasentumorpatienten mittels periodischer Zystoskopien mit Biopsieentnahme erforderlich. Trotz einer adäquaten Sensitivität, stellt diese Behandlung eine für den Patienten invasive, unkomfortable und vor allem kostenaufwändige Untersuchungsmethode dar [1].

Damit ist die Entwicklung verlässlicher, nichtinvasiver diagnostischer Mittel zur Früherkennung immer noch ein Hauptziel der Harnblasenkarzinomforschung. Insbesondere mit Urin steht ein Medium zur Verfügung, das für eine Früherkennung dieser Tumorentität prädestiniert ist. Derzeit stellt die urinzytologische Methode die nichtinvasive Standarduntersuchung dar, deren Spezifität (94%) zwar hoch ist, der es jedoch an Sensitivität (35%), insbesondere für Tumoren mit „Low-grade-Differenzierung“ mangelt [9]. Dagegen zeichnen sich die potenziell diagnostischen Proteinmarker NMP22 (nukleäres Matrixprotein 22; ImmunoCyt™) sowie das Blasentumorantigen (BTA-TRAK™ und BTA-stat™) durch eine höhere Sensitivität (NMP22: etwa 50%, BTA: etwa 70%) aus, zeigen sich in der Anwendung jedoch viel weniger spezifisch mit der Folge einer hohen falsch-positiven Diagnoserate [20, 22].

Auch genetische Veränderungen, wie die TP53-Genmutation oder der Verlust der Heterozygotie („loss of heterozygosity“, LOH), lange Zeit Hauptfelder der Tumorforschung des Harnblasenkarzinoms, sind im Urin-Zellsediment für mögliche diagnostische Zwecke nachgewiesen worden [18]. Trotz aller Bemühungen mangelt es aber immer noch an robusten Biomarkern, die ein breites Spektrum an Tumorstadien mit hoher Sensitivität abdecken.

In den letzten Jahren kristallisierte sich heraus, dass neben den genetischen Mutationen die epigenetische DNA-Methylierung einen evidenten Einfluss auf die Tumorentstehung hat und überdies ein hohes Potenzial als Biomarker aufweist. Insbesondere die aberrante Promotor-Hypermethylierung von Typ-II-Tumorsuppressorgenen führt zur transkriptionellen Inaktivierung dieser und treibt die Tumorprogression voran [4, 10]. Auch beim Harnblasenkarzinom konnte der Mechanismus der epigenetischen Inaktivierung für zentrale Gene der Zellwachstumsregulation beschrieben werden [2]. Dabei erfolgt die Methylierung der Cytosinreste in CpG- (Cystosin-phosphatidyl-Guanin-) Dinukleotiden in hoher Frequenz und oftmals früh in der Tumorgenese. Von besonderer Bedeutung für den Einsatz als Biomarker ist zusätzlich, dass die Detektion dieser abnormalen DNA-Methylierung mittels hoch-sensitiver Methoden (methylierungsspezifische Polymerase-Ketten-Reaktion, MSP-PCR) auch in Köperflüssigkeiten wie Urin und Blutserum möglich ist [24].

Inzwischen beschreiben mehrere Studien die Möglichkeit, mittels eines Panels verschiedener methylierter Genloci Harnblasenkarzinome aus Urin-Zellsedimenten von Harnblasenkarzinompatienten zu detektieren [3, 7, 9, 20]. Trotz hoher Spezifität offenbaren aber auch diese Studien Schwächen, z. B. beim Nachweis des papillären nichtinvasiven Subtyps [11]; die Sensitivität ist für einen frühdiagnostischen Test zu gering. Es fehlt immer noch an sensitiven Markern auf der Basis von Schlüsselsignalwegen der jeweiligen Subtypen des Urothelkarzinoms. Deren Identifizierung und Charakterisierung ist ein wichtiges Ziel dieses Projektes. Das zweite Ziel ist die Validierung eines DNA-Methylierung-Multi-Genmarker-Panels zum frühen Nachweis eines weiten Spektrums von Harnblasenkarzinomen aus Urin.

Material und Methoden

Urothelzelllinien

Die humane nichtmaligne Urothelzelllinie UROtsa, die papillären Blasenkarzinomzelllinien RT4, RT112 sowie die invasive Blasenkarzinomzelllinie J82 wurden von ATTC („American Type Tissue Collection“) bezogen und nach den Herstellerangaben kultiviert. Die humane Urothelzelllinie HCV29 hat Dr. Buchner (Urologische Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität, Klinikum Großhadern, München) zur Verfügung gestellt.

Patientenmaterial

Für Methylierungs- und mRNA-Expressionsanalysen wurde ein Kollektiv bestehend aus 55 Urothelkarzinomproben [28 invasiv (pT1–4), 27 nichtinvasiv (pTa)] sowie 10 Urothelnormalgeweben (eingebettet in Paraffin) aus der Klinik für Urologie im Universitätsklinikum Aachen erstellt. Die Studie wurde von der lokalen Ethikkommission unter dem Aktenzeichen 122/04 genehmigt. Um Kontaminationen mit nicht gewünschten histologischen Subtypen zu vermeiden, wurden die entparaffinierten Schnitte (2–10 5-µm-Schnitte) von Normalurothel, papillären und invasiven Urothelkarzinomen nach einer 0,1%-Methylenblau-Färbung manuell unter einem Stereomikroskop mikrodisseziiert.

Nukleinsäureextraktionen

Die DNA aus Harnblasenzelllinien und humanem Gewebe wurde unter Verwendung des QiAmp-DNA-Kit (Fa. Qiagen, Hilden) und den vom Hersteller empfohlenen Bedingungen extrahiert. Die RNA-Präparationen wurden entsprechend dem TRIzol-Verfahren nach Herstellerangaben durchgeführt (Fa. Invitrogen, Carlsbad/CA).

Urin-Zellsediment-Patientenproben

Genomische DNA aus Urinsedimenten wurde nach der Zentrifugation mithilfe des ZR Urine DNA Isolation Kit™ (Fa. Zymo Research, Orange/CA) aufgereinigt. Insgesamt wurden Urinproben von 20 Patienten mit Harnblasenkarzinom und 5 gesunden Probanden gewonnen.

Reverse Transkription und PCR (RT-PCR)

Es wurde 1 μg Gesamt-RNA mit dem Promega-Reverse-Transcription-System (Fa. Promega, Madison/WI) nach Herstellerangaben in cDNA umgeschrieben. Um die cDNA-Ausbeute zu erhöhen, wurden Oligo-dT und Hexamer-Zufallsprimer [pdN(6)] im Verhältnis 1:2 gemischt. 1 μl cDNA (20 ng) wurden in die PCR-Reaktion eingesetzt.

Semiquantitative Echtzeit-PCR

Die Echtzeit-PCR wurde mit dem iCycler-System iQ5 (Fa. Bio-Rad Laboratories, München) unter Verwendung Intron-überspannender Primer nach Herstellerangaben wie beschrieben durchgeführt [23]. Das Haushaltsgen GAPDH diente dabei als Referenzgen. Die verwendeten Primer waren wie folgt: GAPDH 5’-sense: 5’-GAA GGT GAA GGT CGG AGT CA-3’; 3’-antisense: 5’-AAT GAA GGG CTC ATT GAT GG-3‘ mit einer Produktgröße von 108 bp. OASIS 5’-sense: 5’-TGT CTA GAA AAG AAG GTG GAG ACA T-3’; 3’-antisense: 5’-AGG GTC CTG TTG GCA TTC TC-3‘ mit einer Produktgröße von 89 bp.

Die Hybridisierungstemperatur für beide Primersets betrug 60°C. Die relative mRNA-Quantifizierung erfolgte mittels komparativer Ct-Methode im Vergleich zur GAPDH-Expression.

Bisulfitmodifikation und methylierungsspezifische PCR

1 μg genomischer Zelllinien-, Tumor- und Harnblasennormalgewebe-DNA wurden mittels des EZ-DNA-Methylation-Kit bisulfitmodifiziert (Fa. Zymo Research, Orange/CA). Das DNA-Präzipitat wurde in 20 μl TE-Puffer eluiert. Im Folgenden wurde für die MSP-PCR 1 μl bisulfitumgewandelte DNA eingesetzt und unter Verwendung eines optimierten PCR-Puffers [9] amplifiziert. MSP-Primer, die spezifisch die unmethylierte SFRP5-Promotorsequenz erkennen, waren 5’-GTA AGA TTT GGT GTT GGG TGG GAT GTT T-3‘ (sense) und 5’-AAA ACT CCA ACC CAA ACC TCA CCA TAC A-3’(antisense) mit einem 141-bp-Produkt. Spezifische Primer für die methylierte SFRP5-Promotorsequenz waren 5’-AAG ATT TGG CGT TGG GCG GGA CGT TC-3‘ (sense) und 5’-ACT CCA ACC CGA ACC TCG CCG TAC G-3‘ (antisense) und ergeben ein 136-bp-Produkt [21]. Die Reaktion enthielt jeweils 400 nM des spezifischen Primerpaars und 1,25 mM der einzelnen dNTPs. Die PCR wurde als Hotstart-PCR durchgeführt und bei 80°C bis zur Zugabe von 1,25 Einheiten Taq-DNA-Polymerase (Fa. Roche Diagnostics, Mannheim) gehalten. Die PCR-Bedingungen waren: 95°C für 5 min, 35 Zyklen von 95°C für 30 s, 56°C für 30 s, 72°C für 30 s und 72°C für 5 min. PCR-Amplifikate wurden auf 3%-Low-range-ultra-Agarose (Fa. Bio-Rad Laboratories, Hercules/CA) mit Ethidiumbromid unter UV-Licht visualisiert.

In-vitro-Demethylierung genomischer DNA

Harnblasenzelllinien wurden in einer Konzentration von 3-mal 104 Zellen/cm2 in einer 6-Well-Schale ausgesät. Das demethylierende Agens 5-Aza-2’-deoxycytidin (Aza, Fa. Sigma-Aldrich, Deisenheim) wurde anschließend in einer finalen Konzentration von 1 μM am Tag 1, 2 und 3 dem Medium zugegeben. Zusätzlich wurde das Medium mit 300 nM des Histon-Deacetylase-Inhibitors Trichostatin A (TSA) an Tag 3 versetzt. Die Zellen wurden nach jeder Behandlung mit frischem Medium kultiviert und am Tag 4 für die RNA-Extraktion geerntet.

Statistische Methoden

Für die statistischen Analysen wurde die Software SPSS 17.0 verwendet (SPSS Software GmbH, München). Statistische Signifikanz war ab einem p-Wert <0,05 gegeben. Alle statistischen Tests wurden 2-seitig durchgeführt. Assoziationen zwischen klinikopathologischen Faktoren und molekularen Parametern wurden mittels des deskriptiven Fisher-Exakt-Tests untersucht.

Ergebnisse

Identifizierung von fünf neuen putativen DNA-Methylierungsmarkern

In Vorarbeiten konnten durch DNA-Array-basierte Expressionsanalysen insgesamt 24 in Urothelkarzinomen herabregulierte Gene identifiziert werden (unpublizierte Daten und [23]), welche ausgedehnte CpG-Inseln in ihrer Promotorregion besitzen. Einige dieser Gene sind präferenziell in invasiv wachsenden Tumoren, andere präferenziell in papillär wachsenden Tumoren abgeschaltet, so dass spezifische Biomarker für die zwei Entstehungswege des Harnblasenkarzinoms definierbar sein sollten.

Im Anschluss haben wir diese 24 Gene auf Methylierung mittels MSP-PCR an papillären (RT4 und RT112) und einer invasiven Harnblasenkarzinomzelllinie (J82) getestet und konnten bereits 5 putative Kandidatengene ermitteln, die mindestens ein spezifisches Methylierungssignal (M-Bande) in einem papillären und/oder invasiven Zelllinientyp aufwiesen (Abb. 1 a, b). Als Referenz-Zelllinie fungierte eine Normalurothelzelllinie (UROtsa oder HCV29), die unmethyliert vorliegen musste (Abb. 1 b).

Abb. 1
figure 1

MSP-PCR-Ergebnisse: a SFRP5-MSP-PCR-Analysen an Harnblasenzelllinien. Die malignen Urothelzelllinien (RT112 und J82) weisen eine Methylierung im SFRP5-Promotor auf (M-Bande, M Methylierung), während die Normal-Urothelzelllinie UROtsa eine unmethylierte Promotorsequenz trägt (U-Bande, U Unmethylierung). b Status der Promotormethylierung 5 putativer Kandidatengene (Kand 1–3, OASIS und SFRP5) in Harnblasenzelllinien. Weißes Feld: unmethylierter Promotor, dunkelgraues Feld: methylierter Promotor, hellgraues Feld: kein Ergebnis vorhanden

Korrelation der mRNA-Expression und der Promotormethylierung

Eine weitere Voraussetzung für die Auswahl der Kandidatengene war der Nachweis eines direkten Zusammenhangs zwischen der mRNA-Expression und der jeweiligen Promotorhypermethylierung auf Basis von Harnblasen(karzinom)-Zelllinien. Hierzu wurden 3 Zelllinien einer In-vitro-Demethylierungsbehandlung mit AZA/TSA unterzogen, um im Anschluss die jeweilige mRNA-Expression in Korrelation zum Methylierungsstatus zu detektieren. In Abb. 2 a ist repräsentativ das Expressionsergebnis für OASIS an 2 Zelllinien gezeigt. Während UROtsa keine Expressionsänderung aufweist, ist deutlich zu erkennen, dass es nach der Demethylierung in der papillären Zelllinie RT112 zu einer deutlichen Reexpression der OASIS-mRNA kommt. Für alle weiteren Gene wurde entsprechend verfahren (Daten nicht gezeigt).

Abb. 2
figure 2

a Repräsentative In-vitro-Demethylierungsanalysen: Nach Zugabe der demethylierenden Agenzien (+ AZA, TSA) kommt es zur starken Reexpression (graue Balken) von OASIS-mRNA in der Harnblasenkarzinomzelllinien RT112. Die HCV29-Normal-Urothelzellinien mit einem unmethlyierten OASIS-Promotor dienen als Referenz und zeigen keine Expressionsänderung (AZA 5-Aza-2’-Deoxycytidin, TSA Trichostatin A). b Repräsentative SFRP5-MSP-PCR-Ergebnisse von Urothelkarzinomen sowie Urothelnormalgewebe (N). c Während Normalgewebe ausschließlich einen umethlyierten SFRP5-Promotor aufweisen, zeigen Tumoren (T) zumeist einen methylierten SFRP5-Promotor [M-K Methylierungskontrolle (Qiagen), U-K Unmethylierungskontrolle (Qiagen), Neg Wasserkontrolle). d Repräsentative MSP-Ergebnisse von Urinproben (CIS Carcinoma in situ, pTaG1 papillärer „Low-grade-Tumor“, pT2G3 invasiver „High-grade-Tumor“), N Normal-Kontrollurine). e Assoziation der SFRP5-Promotormethylierung mit dem histologischen Differenzierungsgrad von 55 primären Harnblasenkarzinomen (Fisher-Exakt-Tests)

Methylierung des SFRP5-Promotors in papillären und invasiven Harnblasenkarzinomen

Das bestehende Patiententumorkollektiv aus 27 papillären und 28 invasiven Subtypen des Urothelkarzinoms diente der Identifizierung von putativen Biomarkern für die jeweils spezifischen Entstehungswege. Hierzu wurde bereits das ausgewählte Kandidatengen SFRP5 auf aberrante Promotormethylierung hin untersucht. In Abb. 2 c ist für SFRP5 repräsentativ die Promotormethylierung (M-Bande) einer papillären und einer invasiven Tumorprobe dargestellt. Diese Bande ist spezifisch für Methylierung und zeigt methylierte SFRP5-Allele in einer Frequenz von insgesamt 51%, d. h. bei den 55 untersuchten Tumoren fanden wir in 28 Fällen einen methylierten SFRP5-Promotor (Tab. 1). Davon wiesen 8 papilläre und 20 invasive Tumorproben einen methylierten SFRP5-Promotor auf. Dies lässt eine adäquate Sensitivität gegenüber beiden Urothelkarzinomsubtypen erkennen. 15 Patienten zeigten keinen methylierten SFRP5-Promotor. Alle 10 untersuchten Urothelnormalgewebe wiesen einen unmethylierten SFRP5-Promotor auf (Abb. 2 b). Methylierungsanalysen weiterer Kandidatengene am Tumorkollektiv werden folgen.

Tab. 1 Klinikopathologische Faktoren des Tumorkollektivs (n=55)

Methylierung des SFRP5-Promotors in Urinproben

Um die Frage zu klären, ob das aberrante Methylierungssignal der Kandidatengene auch für frühdiagnostische Methoden verwendbar ist, wurden 20 Urinsedimentproben von Harnblasenkarzinompatienten auf SFRP5-Methylierung getestet. Bei insgesamt 14 der 20 (70%) untersuchten Urinproben fanden wir einen methylierten SFRP5-Promotor (Tab. 2). Von besonderer Bedeutung ist, dass zwei CIS sowie 6 Tumoren des papillären Subtyps ein Methylierungssignal aufwiesen (Abb. 2 d). Lediglich 6 Patienten wiesen einen unmethylierten SFRP5-Promotor auf. In allen 5 Normalurinen lag der SFRP5-Promotor unmethlyiert vor (Abb. 2 d). Zur Steigerung der Gesamtsensitivität folgen Methylierungsuntersuchungen weiterer Kandidatengene am Urinkollektiv, das zugleich noch erweitert werden soll.

Tab. 2 Klinikopathologische Faktoren des Urinkollektivs (n=20)

Korrelation mit klinikopathologischen Faktoren

Die SFRP5-Promotormethylierung wurde auf klinisch relevante Korrelationen hin untersucht. Dabei war ein methylierter SFRP5-Promotor signifikant mit dem histologischen Differenzierungsgrad (p=0,001) assoziiert (Abb. 2 e). Insbesondere „High-grade-Tumoren“ wiesen eine deutlich höhere Methylierungsfrequenz auf. Dagegen zeigte sich keine Assoziation mit der Tumorgröße.

Diskussion

Neben chromosomalen Deletionen und Mutationen kann auch die Promotorhypermethylierung nach Knudsons „Two-hit-Hypothese“ (1971) zur Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen beitragen und die Tumorprogression vorantreiben [10, 13]. Aus klinischer Sicht sind epigentisch inaktivierte Tumorsuppressorgene, wie RASSF1A [14], von besonderem Interesse, da die genspezifische Methylierung ein hohes diagnostisches Potenzial aufweist: Die in der Tumorgenese früh eintretende Veränderung des DNA-Methylierungsmusters stellt ein Zugewinn an Signal dar („gain-of-signal“) und betrifft Gene fundamentaler zellulärer Prozesse [8]. Dabei beeinflussen epigenetische Disruptionen meist eine Vielzahl unterschiedlicher Signalwege (Zellzykluskontrolle, Apoptose, Zelladhäsion); dennoch kann trotz der redundanten Inaktivierung von Signalwegen in verschiedenen Tumorentitäten das Methylierungsprofil stark differieren [6].

Nach neuesten Kenntnissen wird die Gesamtzahl tumorspezifisch methylierter Gene auf 100 bis 400 geschätzt, je nach Tumorentität und Entwicklungsstadium der Tumoren [5]. Eine Anzahl, die für das Urothelkarzinom derzeitig nach der Datenbank http://www.pubmeth.org (48 hypermethylierte Gene) noch nicht erreicht wurde und die Notwendigkeit weiterer Identifizierungen zwingend verdeutlicht.

In vorangegangen Arbeiten konnten wir 24 Gene identifizieren, die vorrangig in papillären oder invasiven Tumoren herabreguliert sind. Überdies verfügen diese Gene über definierte CpG-Inseln unmittelbar vor dem Transkriptionsstart und sind entsprechend epigenetischen Einflüssen während der Tumorentstehung zugänglich. Diese 24 Gene haben wir auf der Basis von Harnblasenkarzinomzelllinien auf ihren Methylierungsstatus hin untersucht und konnten bereits 5 Kandidatengene identifizieren, die einen jeweils methylierten Promotor in einer papillären und/oder invasiven Urothelkarzinomzelllinie aufwiesen und deren Promotormethylierung deutlich mit der jeweiligen Expression der Gene korrelierte. Darunter befinden sich sowohl epigenetisch noch nicht charakterisierte Gene (OASIS) als auch bereits gut beschriebene methylierte Gene wie das SFRP5, einen Inhibitor des tumorrelevanten Wnt-Signalwegs [21].

Die Aktivierung einer der gegenwärtig beschriebenen Wnt-Signalwege mündet in der Expression von Zielgenen wie z. B. MYC (c-myc) und CCND1 (Cyclin D1) – beides zellproliferationsfördernde Proteine [15]. Ein Verlust der sezernierten Wnt-Anatgonisten (SFRP1–5) führt zur ungehemmten Proliferation und damit zur Progression bereits früher Tumorstufen verschiedener Entitäten [19]. Diese möglicherweise bedeutende Rolle von SFRP5 spiegelt sich auch in unseren Untersuchungen für das Harnblasenkarzinom wider.

Erste Analysen an Tumorgewebe von Harnblasenkarzinompatienten bestätigen für SFRP5 eine frequente Methylierung des SFRP5-Promotors im Urothelkarzinom [20]. Die SFRP5-Promotormethylierungsfrequenz beträgt bereits im Subtyp der papillären Tumoren 30%. Invasive Tumoren zeigen dagegen eine erhöhte SFRP5-Methylierungsfrequenz von 71%, welche signifikant mit dem histologischen Differenzierungsgrad, den „High-grade-Tumoren“, assoziiert war und auf eine Korrelation mit der malignen Progression des Tumors hindeutet. Zugleich ist die Sensitivität gegenüber beiden Subtypen gegeben. Insbesondere mittels Urin ist der Nachweis früher Tumorvorstufen (CIS) und nichtinvasiver papillärer Tumorstadien möglich. Insgesamt konnten wir über den Urin allein mittels Methylierungsanalysen (MSP-PCR) am Promotor des SFRP5-Genlocus 70% aller Urothelarzinome detektieren; bei einer Spezifität von 100%. Die frühe und häufige Promotorhypermethylierung – unabhängig in beiden Urothelkarzinomsubtypen – macht SFRP5 damit zu einem viel versprechendem putativen Biomarker-Kandidaten.

Zugleich sollen weitere putative Biomarker getestet werden. Insbesondere die Charakterisierung von Genloci, deren Methylierungsprofil für einen der beiden Entstehungswege des Harnblasenkarzinoms spezifisch ist, bleibt ein Hauptziel dieses Projekts, dessen Endziel in der Entwicklung eines Gen-Multi-Panels zur Identifizierung eines breiten Spektrums an Harnblasenkarzinomen resultieren soll.

Fazit für die Praxis

Zusammenfassend zeigen unsere ersten Ergebnisse, dass die DNA-Methylierung als frühdiagnostisches Werkzeug ein großes Potenzial aufweist, um Harnblasentumoren u. a. aus Urin sowohl mit hoher Sensitivität als auch mit hoher Spezifität nachzuweisen. Damit würde eine günstigere und sensitive Methode ermöglicht, die im Rahmen eines minimal-invasiven Screening-Verfahrens eingesetzt werden könnte, um zystoskopische Untersuchungen diagnostisch zu ergänzen.