Zusammenfassung
Untersuchungen an den arteriell injizierten Bauchspeicheldrüsen von Pferd, Schwein, Hund, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte und Maus über den feineren Gefäßverlauf innerhalb der einzelnen Drüsenläppchen haben folgendes ergeben:
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1.
In der Regel werden kleinere und mittelgroße Läppchen von nur einer Arterie versorgt. Große Läppchen und die Parenchymbalken des Pferdepankreas erhalten mehrere Arterien, die aus verschiedenen interlobulären Gefäßen stammen können.
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2.
Die Läppchenarterien geben Äste sowohl an das Kapillarnetz des exokrinen Parenchyms als auch an die Kapillarknäuel der Langerhansschen Inseln ab. Die zuführenden Inselgefäße sind meistens Arteriolen und werden als Vasa afferentia bezeichnet.
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3.
Ein Teil der Vasa afferentia zieht astlos von der Läppchenarterie zum Inselglomerulum, wogegen ein anderer Teil während seines Verlaufes kleine Zweige zum intertubulären Kapillarnetz abgibt. Die Inseln erhalten in der Regel nur ein Vas afferens, nur zu den besonders großen Inseln — vor allem beim Meerschweinchen, aber auch bei der Ratte — ziehen mitunter 2–3 Arteriolen.
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4.
Nach Erreichen der Inselperipherie zerfällt das Vas afferens schlagartig in mehrere Kapillaren. Regulationseinrichtungen konnten an dieser Stelle morphologisch niemals beobachtet werden. Die Kapillaren, die die Gefäßknäuel der Inseln bilden, sind vielfältig gewunden, anastomosieren miteinander und erscheinen auf den arteriell injizierten Präparaten sehr weit. Wurde die Injektion von der Vena portae aus vorgenommen, besteht kein Unterschied zwischen dem Durchmesser der Kapillaren des exokrinen und endokrinen Parenchyms.
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5.
Die Form der Kapillarknäuel ist für einzelne Spezies charakteristisch (z. B. Pferd — sternförmig, Kaninchen — korbartig) und hat häufig deutliche Beziehungen zur Topik der A-Zellen, da diese immer an den Kapillaren liegen.
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6.
Das hormonangereicherte Blut aus den Glomerula wird durch mehrere Vasa efferentia dem Kapillarnetz des exokrinen Gewebes zugeleitet. Nur bei der Maus und bei der Ratte gibt es außer diesen efferenten Kapillaren noch kleine Venen, die den Inseln an der Oberfläche wie die Reifen einem Faß anliegen und direkt zu benachbarten größeren Venen ziehen („Faßreifenvenen“ der Inseln).
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7.
Das Kapillarnetz des exkretorischen Parenchyms umgibt mit regelmäßigen Maschen die Drüsenendstücke und ist nur in unmittelbarer Umgebung der Inselglomerula weitmaschiger („periinsulare, relativ kapillararme Zone“).
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8.
Die Venen innerhalb der Pankreasläppchen zeigen keine Besonderheiten. Ihre topischen Beziehungen zu den Arterien und zu den Ausführungsgängen sind wechselnd. Bei allen Spezies kann man in der Wand der Ausführungsgänge sowohl intra- als auch interlobulär ausgedehnte venöse Plexus beobachten.
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9.
Am Ursprung der Läppchenarterien aus den interlobulären Arterien kann man relativ häufig bei allen untersuchten Säugern und auch beim Menschen Sperrwülste beobachten. Innerhalb der Läppchen sind solche Begulationseinrichtungen am Abgang der Äste von der Läppchenarterie seltener. Dabei sind die Arterienwülste öfter am Ursprung der Äste anzutreffen, die mit ihren Zweigen sowohl endokrines als auch exokrines Gewebe versorgen.
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Arbeit unter Leitung von Prof. Dr. H. Ferner.
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Thiel, A. Untersuchungen über das Gefäss-system des Pankreasläppchens bei verschiedenen Säugern mit besonderer Berücksichtigung der Kapillarknäuel der Langerhansschen Inseln. Zeitschrift für Zellforschung 39, 339–372 (1954). https://doi.org/10.1007/BF00343887
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