Auszug
Analytische Perspektiven, die sich auf das Konzept der ‘Intersektionalität’ beziehen, versprechen eine reflektierte Betrachtungsweise des Ineinandergreifens und der gegenseitigen Bedingtheit verschiedener Machtverhältnisse. Der Begriff wird allerdings heute in der deutschsprachigen Debatte auf eine Art verwendet, die versucht, sehr unterschiedliche Diskussionen unter einer Bezeichnung zu fassen. Darin realisieren sich jedoch auch Strategien der Hegemonisierung und Bedeutungsverschiebung. Dieser Umgang riskiert (a) die im deutschen Feminismus von minorisierten Frauen angeführten Debatten der 1980er und 1990er Jahre zu verschweigen; (b) diese Interventionen als politische Auseinandersetzung ohne theoretischen Wert zu klassifizieren; (c) die im englischsprachigen Raum in den 1970er und 1980er Jahren von Women und Queers of Color geführten Kämpfe zu „ent-theoretisieren“ und schließlich (d) eine theoretische Kontinuität nur über in institutionalisierten akademischen Netzwerken1 geführte Debatten zu erzielen. Gleichzeitig führt diese Herangehensweise zu einer unkritischen Betrachtung der Wirkungsweise verschiedener — aus unterschiedlichen historischen Genealogien und gesellschaftlichen Konstellationen hervorgebrachten — Macht- und Herrschaftsmechanismen. In Abgrenzung zu dieser Tendenz geht es uns in diesem Text darum, uns für eine analytische Betrachtungsweise stark zu machen, die Herrschaftsverhältnisse wie zum Beispiel Rassismus und Heterosexismus als kontextspezifische, geo-politisch verortete und durch die internationale und lokale kapitalistische Produktionsweise, der Institutionalisierung und Vermarktung von Wissensproduktionen sowie durch lokal und international eingebundene hegemoniale kulturelle Praktiken vermittelte Verhältnisse zu begreifen.
Die institutionalisierten akamischen Netzwerke werden zumeist von Mitgliedern aus der Mehrheitsgesellschaft besetzt. Der Zugang in diese Zirkel ist für minorisierte Frauen und Queers sehr beschränkt, so dass ihr theoretischer Input, obwohl er wahrgenommen wird, zumeist ohne Bezug auf ihre Autorenschaft in verarbeiteter Form veröffentlicht wird (Gutiérrez Rodrígu 2000, 2005).
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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Erel, U., Haritaworn, J., Rodríguez, E.G., Klesse, C. (2007). Intersektionalität oder Simultaneität?! — Zur Verschränkung und Gleichzeitigkeit mehrfacher Machtverhältnisse — Eine Einführung. In: Hartmann, J., Klesse, C., Wagenknecht, P., Fritzsche, B., Hackmann, K. (eds) Heteronormativität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90274-6_16
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